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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman
Autoren: Craig Lancaster
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schicken.«
    »Was hat Dad gesagt?«
    »Vermutlich hat er ihr nicht geglaubt, aber er ist gekommen. Mir wollte er auch nicht glauben. Ich hatte mich schon seit Tagen bei ihm über Brad beschwert. Ja, zum Teufel, eines Abends hab ich sogar in der Bar angefangen zu meckern, und ...«
    »Und Dad hat dich geschlagen.«
    »Ja, genau. Woher weißt du das?«
    »Ich habs gesehen.«
    Toby schüttelte den Kopf.
    »Mitch, ich mochte den Kerl einfach nicht. Ich hatte keine Ahnung, dass der so drauf war. Eins sag ich dir, Mann, hätte ich das nur im Geringsten geahnt, hätte ich dich nie mit ihm allein gelassen. Tut mir leid. Tut mir echt verdammt leid, Mann.«
    Ich winkte ab.
    »Erzähl mir nur, was mit Dad passiert ist.«
    »Jim kam ins Schlafzimmer und sah Brad gefesselt da liegen. Ich hatte ihm ein Halstuch in den Mund gestopft, damit er still bleibt. Jim hockte sich vor ihn hin. Brad hatte einen irren Blick. Der hatte Schiss, Mann! Jim verbot ihm zu schreien und nahm ihm das Halstuch aus dem Mund.«
    »Und?«
    »Brad hatte vielleicht Schiss, Mann! Er meinte zu Jim, egal, was man ihm erzählt hätte, das wär alles gelogen. Er hätte dich überhauptnicht angefasst. Das war verdammt dämlich, denn da wusste Jim Bescheid.«
    Wieder lief es mir eiskalt über den Rücken.
    »Was hat er getan?«
    Toby blickte zum Himmel, und er fummelte in seinem tränenverschmierten Gesicht herum.
    »Er stopfte Brad das Halstuch wieder in den Mund«, sagte er. Tobys Stimme schwankte. »Dann hat er Brad die Nase zugehalten. Brad schlug um sich und wehrte Jim ab. Jim drückte ihn runter und setzte sich auf ihn. Er legte wieder seine Hand auf Brads Nase. Es hat nicht lange gedauert.«
    Ich saß da neben meinem eigenen Erbrochenen. Toby kniete neben mir.
    »Es ist viele Jahre her, aber ich sehe immer das Gesicht, Mitch. Manchmal schließe ich die Augen und sehe die von Brad. Er wusste, was mit ihm geschehen würde.«
    Mir fiel die Kinnlade herunter.
    »Ich hatte vorher noch nie jemanden sterben sehen«, sagte Toby.
    Ich fand wieder auf die Füße, und Toby redete weiter, während ich auf die Senke starrte, die einen Taleinschnitt ebenso wie einen Einschnitt in unserem Leben darstellte.
    »Jim und ich haben Brad ausgezogen und alle seine Kleider und Sachen in einen Müllbeutel gestopft. Es war unheimlich. Es war, als ob Jim genau gewusst hätte, was zu tun war. Er sagte, wir sollten da bei Brad sitzen und auf den Anbruch der Nacht warten.«
    Mir schauderte.
    »Dein Dad, er wollte nicht zulassen, dass ich mich rührte. ›Sitz still,‹ sagte er, und ich gehorchte. Er fragte mich immer wieder, ob Teresa was verraten würde, und ich sagte immer wieder: ›Nein, sie verrät nichts.‹ Aber Scheiße, ich wusste es nicht. Ich konnte nicht klar denken.«
    »Hat sie jemals was gesagt?«
    »Nein.«
    »Was, wenn sie es eines Tages tut?«
    »Ich habe sie geheiratet, Mitch. Ich glaube, wir haben das ziemlich gut weggepackt.«
    »Als es Nacht wurde, luden wir Brad in den Pick-up und fuhren hier heraus. Parkten da, wo du und ich heute geparkt haben. Wir trugen Brad und einen Spaten. Der Regen prasselte herunter. Gott, es war schwer! Wir stapften hier durch das schwierige Gelände und schleppten einen erwachsenen Mann, um uns herum Donner und Blitze, und wir konnten gar nichts sehen. Wir brauchten lange, um die Stelle zu finden. Dein Dad wollte ihn nicht im Talboden begraben, darum sind wir die Senke hoch, wo Wind und Wasser ihm nichts anhaben konnten.
    Als wir zu graben anfingen, traf mich das Ganze mit voller Wucht, und mir wurde speiübel. Aber dein Dad machte immer weiter. Wie besessen. Er grub das Loch fast allein. Er packte Brad hinein. Und er deckte den Kerl gut ab und versuchte es so aussehen zu lassen, als ob wir nicht dagewesen wären. Ich war nutzlos. Ich saß da im Matsch.
    Als er fertig war, gingen wir zum Truck zurück. Jim hatte eine Dreiviertelliterflasche Whiskey dabei. Wir haben sie geleert. Half aber nichts.«
    »Was ist denn mit Brads Kleidern und der Brieftasche und dem ganzen Zeug passiert?«, fragte ich.
    »Das ist ein paar Tage später alles einen Schacht hinuntergegangen. Die Idee von deinem Dad. Er hatte es alles genau geplant.«
    Ich zog den Behälter mit Dads Asche aus der Jackentasche. Ich fühlte mich endlich stabil genug, das zu tun, wozu ich gekommen war.
    »Warum er wohl diese Stelle ausgesucht hat?«, fragte Toby.
    Ich wusste die Antwort. Dad hatte die letzten Tage seines Lebens damit verbracht, Frieden mit seiner Vergangenheit zu
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