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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Hochhaus, an dessen Planung Vater beteiligt gewesen war, das im Laufe von Sekunden abgerissen und dann wiederaufgebaut wurde, in anderer Form, im Laufe von Monaten und Jahren. So verhielt es sich auch mit dem Roman, ich schrieb ihn von Neuem, in einer anderen Sprache, in einem anderen Umfang sozusagen, und zum Schluss ähnelte er nicht mehr dem Roman, den ich verloren hatte. Diese Arbeit erfüllte mich mit einer großen Ruhe, einem Frieden, als solchen muss ich es bezeichnen, einen Frieden, ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals zuvor in der Nähe so eines Friedens gewesen war. Wie gesagt, ich war befreit von Zeiten und Zahlen. Ich paginierte meine Tage nicht länger. Ich hätte natürlich die Zeichen sehen müssen. Habe ich es nicht gesagt? So viel Optimismus verspricht nichts Gutes. Als der Weihnachtsbaum zwischen Der kleinen Meerjungfrau und H. C. Andersen angezündet wurde, checkte ich aus. Ich wollte nach Hause, um einen Schlussstrich zu ziehen. An der Kreuzung mit den Schildern sah ich den Wagen, der mit hoher Geschwindigkeit aus der anderen Richtung kam, erst, als es zu spät war. Ich war zu unaufmerksam und selbstsicher. Habe ich es nicht bereits gesagt, dass ich am gefährlichsten bin, wenn ich glücklich bin? Ich weiß nicht, wer von uns zuerst bremste. Ich weiß nur, dass es schiefgehen musste. Im Schwung eines unbezahlbaren Augenblicks konnte ich noch denken: Ich muss überleben, damit ich nach Hause kommen und all das erzählen kann. Dann hörte ich den Knall, ein schrilles, verzerrtes Geräusch, als die Autos seitlich aufeinandertrafen. Als Nächstes erinnere ich mich erst wieder daran, dass ich in einem Krankenhausbett aufwachte. An der Tür saß ein älterer Mann und sah mich an. Auf seinem Schoß lag eine große Fellmütze mit langen Ohrenklappen und einem Stern darauf. Ich versuchte mich aufzusetzen, schaffte es aber nicht. »Wo bin ich?« »Im St. Mary’s Hospital. Karmack.« »Wo ist das?« Der Mann zog seinen Stuhl näher heran. »Nahe bei der Unfallstelle.« Er streckte mir die Hand entgegen. »Patrick Oak. Sheriff hier im Ort.« Langsam dämmerte es mir, Metall, Glas, die Blätter, die Koffer, alles, was zitterte, dann die Stille. »Bin ich verletzt?«, fragte ich. »Ein paar Schrammen. Leicht benommen. Sie haben Glück gehabt. Aber Sie müssen darüber mit Doktor Tyler sprechen, wenn er kommt.« »Danke.« »In der Zwischenzeit haben wir da ein paar Probleme. Wir …« Ich unterbrach ihn. »Wie ist es mit dem anderen Auto gelaufen?« »Der Fahrer hat sein Leben verloren.« »Mein Gott.« »Das war nicht Ihre Schuld, Sir. Nehmen Sie es ganz mit der Ruhe. Er ist zu schnell gefahren. Außerdem war er auf der Flucht.« »Mein Gott«, wiederholte ich. »Tot?« Der Sheriff schüttelte nur den Kopf. »Er kann froh sein, dass er nicht noch andere mit sich gerissen hat. Dieser verdammte Idiot.« Das schienen mir sonderbare Äußerungen zu sein. Was mich noch mehr beunruhigte. Ich versuchte mich aufzusetzen, aber es gelang mir immer noch nicht. »Kannten Sie ihn? Den, der umgekommen ist?« »Alle kennen alle hier, Sir. Er war ein widerwärtiger Mensch. Glauben Sie mir, wir haben hier genug zu kämpfen, wir brauchen nicht auch noch Sie dazu.« »Was soll das heißen?« Der Sheriff legte meinen Pass und meine Brieftasche auf den Nachttisch. »Ich muss Sie wohl fragen, was Sie hier in der Gegend zu tun haben? Wir sind Besucher nicht gewohnt.« »Nichts. Ich bin nur aufs Geratewohl gefahren. Stecke ich in Schwierigkeiten?« »Das kommt darauf an.« »Worauf?« »Ich habe ein ganzes Lager an Pillen und Medikamenten in Ihrem Wagen gefunden, der übrigens gar nicht Ihrer ist, sondern ein Leihwagen aus Baltimore. Dem Autoverleiher schulden Sie ein Vermögen.« »Das ist für den Eigenbedarf. Die Medikamente, meine ich. Und ich hatte gar nicht vor, mit dem Wagen abzuhauen.« »Eigenbedarf, Sir?« »Ja.« »Das sind Drogen für eine ganze Armee. Wo sind die Rezepte?« »Die habe ich weggeworfen.« »Weggeworfen?« »Ich brauche sie nicht mehr.« »Und warum haben Sie die Pillen dann nicht gleichzeitig weggeworfen?« »Ist das ein Verhör?« »Ihnen ist ja wohl klar, dass Sie Rezepte brauchen, wenn Sie einen ganzen Medikamentenschrank auf vier Rädern mit sich herumschleppen?« »Brauche ich einen Anwalt?« Der Sheriff drehte seine Fellmütze zwischen den Händen und seufzte. »So schlimm ist es wohl nicht, Sir.« »Sie können bei Sheppard P anrufen.« »Das habe ich bereits getan.« »Und warum dann
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