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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Howells
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nicht kannte, und Orte, an denen ich nie gewesen war, nicht den Sommer hier verbrachte, um sie zu beeindrucken. Der Strand gehörte nicht ihnen. Und ich gehörte ihnen genauso wenig.

    »Wenn du dich zurückziehst, findest du natürlich keinen Anschluss, Schatz«, ermahnte mich meine Mutter am nächsten Tag, als ich in einem Adirondack-Chair, den typischen weißen Strandstühlen der Ostküste, auf der Veranda saß, den Sonnenuntergang beobachtete und in mein Tagebuch schrieb.
    »Mama!«, erwiderte ich und verdrehte die Augen. »Ich ziehe mich nicht zurück, ich bin einfach so. Ich brauche Zeit für mich.«
    Tatsächlich hatte ich am Abend zuvor versucht, mich mit meinen Cousinen und Gen zu unterhalten. Doch es war immer dasselbe: Niemand fragte mich, wie es bei mir zu Hause in Georgia war, oder wollte sonst etwas über mich wissen. Abgesehen von einer kurzen Unterhaltung mit Corinne über Jake, hatte ich noch gar nichts von mir erzählt, seit ich in den Hamptons eingetroffen war. Ich war es, die ständig Fragen stellte und versuchte, Insider-Witze zu verstehen.
    Irgendwann wird es einfach zu peinlich, wenn man danebensteht, nickt und lächelt und vorgibt, einer Unterhaltung zu folgen, bei der sich niemand die Mühe macht, einen einzubeziehen oder in die Hintergründe einzuweihen. Kaum je unterbrachen sie ihr Getratsche, um mich beiläufig aufzuklären, über wen genau sie sich unterhielten oder warum das, was derjenige gesagt hatte, so lustig, verrückt, brillant oder sonstwas gewesen war. Daher war ich nach einer Weile – als es sich langsam so anfühlte, als würde mein Gesicht Risse bekommen, wenn ich noch einmal gezwungen lächelte – einfach aus dem Zimmer gegangen. Ein letzter Funken Stolz war mir noch geblieben.
    »Verlass dich drauf, die vermissen mich nicht«, fügte ich hinzu, als meine Mutter mich weiterhin drängte, mich dem Schwarm anzuschließen. Sofort bereute ich den verbitterten Unterton in meiner Stimme. Daran würde sich meine Mutter sofort festbeißen.
    »Mia«, sagte sie streng, »sei nicht so überempfindlich.« Dann fügte sie etwas sanfter hinzu. »Ich kann dich ja verstehen. Du hast eine schlimme Zeit hinter dir. Bestimmt trauerst du immer noch.«
    »Ich will nicht darüber reden«, fauchte ich. Vor allem nicht mit dir. Seitdem Jake mit mir Schluss gemacht hatte, versuchte meine Mutter, mich dazu zu bewegen, mit ihr über ihn zu reden, aber ich hatte sie immer abgewimmelt. Ich wollte nicht über ihn sprechen. Selbst wenn ich nachgegeben hätte: Meine Mutter hätte sowieso nicht verstanden, wie es mir wirklich ging. Sie hatte mich bisher nie verstanden. Außerdem hatte sie Jake nicht einmal gemocht. Den Schmerz über den betrügerischen Loser mit ihr zu teilen, in den ich mich aufgrund einer Geschmacksverirrung verliebt hatte, war das Letzte, was ich wollte.
    Mom ließ sich vorsichtig auf der Armlehne meines Stuhls nieder. »Wenn du ihnen eine Chance gibst, können dir die Mädchen dabei helfen, einen wunderbaren Sommer zu verleben, da bin ich mir ganz sicher«, sagte sie sanft. »Manchmal dauert es ein bisschen, bis man sich wieder aneinander gewöhnt hat«, fuhr sie fort und tätschelte mein Knie. »Bald seid ihr wieder auf einer Wellenlänge, Corinne und du. Und Gen macht doch einen sehr netten Eindruck!«
    Ich biss mir auf die Lippe. Gen war genauso, wie Mama sich mich gewünscht hätte: beliebt, von Natur aus dünn und anziehend in jeder Art und Weise. Außerdem war sie eine professionelle Schauspielerin, und, soweit ich es einschätzen konnte, sehr begabt – so leicht, wie sie Erwachsene um den Finger wickelte und einen guten Eindruck auf sie machte. Doch hinter der Maske … steckte da etwas Tieferes? Ich bezweifelte es. Vielleicht war ich aber auch nur auf eine dumme, oberflächliche Weise eifersüchtig.
    Man konnte das gleiche T-Shirt, den gleichen Lippenstift und die gleichen Schuhe wie Gen kaufen, aber nicht ihre absolut perfekte Coolness. Sie war unter einem glücklichen Stern geboren, und das nicht nur, weil ihr Vater »Stanley Chu, der Internet-Trillionär« war. Gen besaß die Gabe, selbst Langeweile interessant zu machen. Es ist, als gehöre ihr sogar die Luft in ihrer Umgebung , hatte ich in mein Tagebuch geschrieben. Wie sollte ich da nicht eifersüchtig sein?
    »Ich habe nichts mit Genevieve gemeinsam«, sagte ich zu meiner Mutter, und genauso war es. Gen war eines dieser Mädchen, die alles schon mal ausprobiert hatten, lange bevor ein Mädchen wie ich überhaupt
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