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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler
Autoren: Robert Hueltner
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krächzte Wallerschenk. »Dann schauen Sie nach draußen! Da ist alles närrisch geworden!«
    Schikaneder wandte sich wieder dem Spiegel zu und prüfte den Sitz seiner Perücke.
    »Jetzt beruhigen Sie sich, Herr Wallerschenk. Die Leut sind halt begeistert. Kanns ein schöneres Kompliment geben für uns, als wenn die Illusion so echt gerät?«
    »Sie müssen abbrechen! Herr Direkteur! Da... da draußen regiert der Wahnsinn!«
    Schikaneder fuhr herum.
    »Sind Sie noch ganz bei Sinnen, Wallerschenk? Jetzt, vor dem Finale?«
    »Was hör ich?«, ließ sich Demoisell Bichler vernehmen. »Er möcht mir wohl meine Szen’ ruinieren, oder was?«
    »Ha!«, schrie Wallerschenk. »Herr Direkteur! Nichts tät ich lieber, als die zu ersäufen! Gefesselt! Dass sie nie mehr auftauchen kann, und mich sekkieren! Aber, Herr Direkteur – stoß ich in der nächsten Szene die Bernauerin in den Fluss, dann wird man mich ermorden !«
    Demoisell Bichler stampfte empört auf.
    »Seien Sie nicht so empfindlich!«Wallerschenk riss sich die Perücke vom Kopf, schleuderte sie zur Seite und zerrte an den Knöpfen seines Rocks.
    »Ich spiele nicht mehr weiter!«
    »Wallerschenk!«, wetterte Schikaneder. »Das untersage ich! Das gibt ein Chaos!«
    »Das ist es bereits!«, keuchte Wallerschenk. »Aber bevor es mich verschlingt, sage ich: Adieu!«
    Er warf den Rock auf den Boden und rannte mit weiten Schritten fort.
    »Halt!«, brüllte Schikaneder. »Sie bleiben da! Und zwar sofort! Das ist eine ordre du –«
    Wallerschenk hörte es nicht mehr. Demoisell Bichler schluchzte auf.
    »Meine Szen’ ist ruiniert...«, wimmerte sie.
    Millner schlug den Vorhang zurück.
    »Was gehts denn nicht weiter? Die Leut werden immer närrischer.«
    Schikaneder atmete erleichtert aus.
    »Sie schickt der Himmel! Sie haben doch den Vicedom gelernt? Millner! – Herr Millner! So bleiben Sie doch –!«
    Der Prinzipal ließ die Schultern hängen. »Desertion!«, flüsterte er. »Mitten in der Schlacht... Was tu ich bloß, was tu ich bloß... Wenn ich das Stück jetzt abbrech, dann gibts einen Sturm, gegen den der Böhmische Wind ein stehendes Lüfterl ist...«
    »Das überleb ich nicht...«, schluchzte Demoisell Bichler.

39
    H err Richter...!«
    Der Wirt bahnte sich schwitzend eine Schneise durch die aufgebrachte Menge. Panik glitzerte in seinen Augen.
    »Euer Gnaden! Die –«
    »Ah, Kolber? Sie sind ja ganz außer sich? Was – ?«
    »Die Welt geht unter!«, keuchte der Wirt. »Von den Kogelgruben sind lauter grimmige Welsche gekommen, und unter ihre Umhäng blitzen die Messer! Euer Gnaden! Sie müssen was tun!«
    »Werd Er nicht hysterisch«, gab Ratold unwillig zurück. »Ein Messer hat doch hier jeder.« Er hob den Finger. »Obwohl ich immer wieder darauf gewirkt habe, diese Unsitte abzulegen!«
    Der Wirt winkte verzweifelt ab. »Euer Gnaden! Wenn du denen ins Aug schaust, dann meinst, du müsstest brennen! Und den Gidi-Hund hab ich auch gesehen!«
    »Aber Er wird doch nicht von mir verlangen, dass ich seinen Knecht in dieser aufgehetzten Atmosphäre festnehmen lasse?! Ich habe Ihm doch immer gesagt: Die Entlaufenen kehren von selbst zurück.«
    »Nein... Aber... Die haben was vor, Euer Gnaden!« Paccoli neigte sich an die Seite des Richters.
    »Der Herr Kolber hat Recht. Es wird prekär.«
    »Mischen Sie sich da bitte nicht hinein.«
    »Euer Gnaden!« Kolber rang flehend die Hände. »Die Komödi-Bagasch muss fort! Ich verzicht auf meine Zech, Euer Gnaden! Wenn die bloß abhauen!«»Genau, Herr Richter«, drängte nun auch Paccoli. Seine Blicke flogen beunruhigt über die Menge. »Dieser gefährliche Unsinn muss sofort beendet werden!«
    »Ich sagte: Mischen Sie sich da nicht ein, Monsieur Paccoli!«, gab Ratold gereizt zurück. »Noch treffe ich hier die Entscheidungen! «
    »Ich werde mit seiner Exzellenz sprechen!«, zischte Paccoli. »Sie sind Ihrer Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen!«
    »Ach ja!?«, gab der Richter wutentbrannt zurück. »Und Sie?! « Er senkte sofort seine Stimme und fuhr drohend fort. »Sie Windbeutel-Kapitalist, Sie? Stecken bis über beide Ohren in Schulden, behandeln Ihre Pächter wie Sklaven? Und jetzt wäre ich dafür verantwortlich, wenn es Unruhe gibt?!«
    »Äußerst aufschlussreich, Herr Richter!«, fauchte Paccoli feindselig. »Zu den Parolen des Spartakus ist es nicht mehr sehr weit!«
    »Ich rate Ihnen: Hüten Sie Ihre Zunge!«
    »Missjöh! Euer Gnaden! Grad jetzt sich bekriegen!«, jammerte Kolber. Er klammerte sich an
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