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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes
Autoren: Kate Pepper
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di Nettuno
, einer berühmten Höhle und Touristenattraktion, führt, die aufgrund des schwierigen Terrains nur selten besucht wird.
    «Halt!», ruft Mac.
    Hinter ihm brüllt Karin: «Mary, Dathi, Free, wartet!»
    Wie ein in die Enge getriebenes Tier macht Enzio Greco kehrt und rennt nach unten.
    Doch ehe er sich’s versieht, holt Mary ihn ein.
    Zu Macs Verblüffung springt sie den alten Mann von hinten an und bringt ihn zu Fall. Eine unverständliche, italienische Schimpftirade hallt von den Felswänden wider.
    Greco klammert sich am Geländer fest und schafft es, sich aufzurichten, obwohl Mary sich noch an ihn klammert. Ihre Finger bohren sich in seinen Hals, Nasenlöcher, Mund, Augen. Wieder ruft der alte Mann etwas auf Italienisch, woraufhin ihm Guy zweimal mit Nachdruck Paroli bietet.
    Zu spät.
    Greco drückt den Rücken durch, bäumt sich auf und dreht sich blitzschnell um die eigene Achse, um Mary abzuschütteln, die immer noch versucht, ihm die Augen auszukratzen.
    «Mom, lass das!», fleht Fremont seine Mutter an, die ihn nicht zu hören scheint und unbeirrt weiterkämpft, als würde sie von einem Motor angetrieben, der sich nicht abstellen lässt.
    «Mary, nicht!», ruft Dathi.
    «Hör auf, Mary», appelliert Karin.
    Marys linke Hand löst sich und nur einen Sekundenbruchteil später rutscht ihr linker Fuß weg. Mit einem harten Ruck gelingt es Enzio Greco, sie über die Balustrade zu schleudern. In hohen Bogen fliegt sie durch die Luft und fällt in die Tiefe.
    «Nein!», schreit Fremont wie von Sinnen und beugt sich voller Entsetzen über das Geländer. «Mommy, Mommy, nein!»
    Mac bleibt wie angewurzelt stehen. Karin, die nur ein paar Meter hinter ihm ist, hält mitten im Schritt inne. Dathi schnellt an ihnen vorbei. Als sie Fremont erreicht, strecken die beiden Teenager verzweifelt die Hände aus und greifen ins Leere.
    Oben beim Leuchtturm trifft endlich die Polizei ein. Wagentüren werden geöffnet, Schritte ertönten, uniformierte Beamte preschen die Stufen hinunter.
    Mit vereinter Kraft ziehen Mac und Karin Fremont vom Geländer weg und drücken ihn gegen die Felswand, wo er am ganzen Leib zitternd zusammenbricht. Wutschnaubend stürmt Guy mit gezückter Waffe an ihnen vorbei und zielt mit ruhiger Hand auf Greco. In dem Moment gelangt Mac zu der Überzeugung, dass der Agent tatsächlich in der Lage ist, im Laufschritt sein Ziel zu treffen, und hofft inständig, dass Guy auch abdrückt. Niemals zuvor hat es Mac so nach Rache gedürstet. Enzio Greco, der ihnen bei ihrem ersten Besuch Espresso servierte, ihnen seine Hilfe zusicherte, ihnen mit einem freundlichen Lächeln riet, sich keine Sorgen zu machen, muss sterben. Mac überlegt, wie viel Grecos Kooperation Millerhausen wohl gekostet hat, und wünscht sich in dem Moment nichts mehr als dessen Tod.
     
    Dathi drückt mich, bis es weh tut, aber ich lasse sie gewähren. Mac stützt Fremont, diesen großen, schweren Jungen, während wir uns alle um ihn scharen und die Arme um ihn legen. Keiner von uns glaubt, dass Mary den Sturz überlebt hat. Das ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Und noch bevor die grauenvolle Erkenntnis, dass Fremont nun Waise ist, bei mir ankommt, habe ich eine Eingebung: Er ist jetzt unser Sohn.
    Er gehört zu uns, und wir werden für ihn sorgen.
    Während die Polizisten die Stufen hinunterlaufen, setzt bei mir Panik ein. Auf wessen Seite stehen diese Beamten? Halten sie sich an das Gesetz oder nicht? Entscheiden sie sich für Guy de Luca oder für Enzio Greco? Auf die Antworten muss ich nicht lange warten. Greco stoppt, senkt verschämt den Blick, als sich die Polizisten ihm nähern, und ahnt, dass ihm hier keiner helfen wird.
    Er hebt ein Bein über die Balustrade und späht nach unten.
    Er springt, denke ich.
    Aber was sollen wir machen, wenn nur er weiß, wo Ben ist? Was, wenn mein Sohn nicht in der Grotte ist, wenn er seinem Leben ein Ende macht und uns vorher nicht verrät, wo er meinen kleinen Sohn versteckt hat?
    «Wo ist Ben?», rufe ich, reiße mich von meiner Familie los, nehme zwei Stufen auf einmal und renne hinter Guy her. «Wo ist er? Reden Sie!»
    Kurz bevor Guy ihn erreicht, schwingt Greco das andere Bein übers Geländer, stößt einen anklagenden Schrei aus, als würde man ihn zwingen, sich zwischen Geständnis und Tod zu entscheiden, und springt.

Kapitel 24
    A uf der Suche nach Mary und Greco fliegt der Hubschrauber die Küste ab. Guy, Mac und ich steigen die Stufen zur Grotte hinunter. Schaumgekrönte
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