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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers
Autoren: Stephen R. Lawhead
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noch früh genug begrüßen können.«
    Sie schritten über den Hof, eine weite, flache Fläche aus festgetretener Erde, die zu drei Seiten von der Scheune und Lagerhäusern eingerahmt wurde und auf der vierten von dem grauen, steinernen Gutshaus. Hrafnbu konnte sich mit jedem anderen Herrensitz auf den Orkneys messen; der Bu - oder das Gut - befand sich nun schon seit fünf Generationen im Besitz von Murdos Familie, und er war der schönste Ort, den Murdo kannte.
    Sieben Pferde warteten auf dem Hof: die vier der Kirchenmänner und jene von Torf, Skuli und Paul, die den Bu zwar lange vor Mur-do, doch kurz nach dem Abt erreicht hatten. Ranulf stand in der Mitte des Hofs, flankiert von seinen Söhnen und seinem Neffen, und war in ein Gespräch mit dem Abt und dessen Mönchen vertieft.
    Murdo ignorierte die Kirchenmänner und blickte statt dessen zu seinem Vater. Der Herr von Hrafnbu überragte alle um ihn herum. Er war ein großer Mann mit riesigen, starken Händen - die linke stützte den Ellbogen des rechten Armes, während die rechte über den dichten braunen Bart strich. Er besaß ein offenes Gesicht, was ihm eine natürliche Freundlichkeit verlieh. Nun jedoch runzelte er die Stirn, und seine ansonsten sanften Augen hatte er auf eine Art und Weise zusammengekniffen, von der Murdo wußte, daß sie Ärger bedeutete.
    Der Gesichtsausdruck des Herrn änderte sich jedoch sofort, als er Murdo und dessen Mutter sah. »Abt Gerardus, meine Gemahlin und mein letztgeborener Sohn.« Ranulf streckte die Hand aus, woraufhin seine Gemahlin sich knapp verneigte.
    »Frau Niamh«, sagte der Abt und senkte respektvoll den Kopf. »Gott segne Euch, Herrin. Ich grüße Euch im Namen unseres Erlösers. Ich hoffe, es geht Euch gut.«
    Ein gurrender Sachse, dachte Murdo finster und erstarrte, als er den Akzent des Abtes erkannte. Sie halten sich für überlegen und können noch nicht einmal richtig sprechen.
    Der Blick des jungen Abtes wanderte zu Murdo, doch da ihn dieser nicht sonderlich interessierte, wandte er sich rasch wieder ab. Mur-do schwor, sich für diese Ignoranz zu rächen.
    »Guter Abt«, sagte Frau Niamh, »mein Gemahl würde sicherlich den ganzen Tag hier mit Euch im Hof verbringen, um sich mit Euch zu unterhalten, wenn man ihn denn ließe. Ich bin jedoch sicher, daß Ihr genausogut bei einem Willkommenstrunk weiterreden könnt. Kommt. Ihr seid schon weit geritten, obwohl der Tag noch jung ist.«
    Murdo wand sich voller Unbehagen, weil seine Mutter so rasch die Ausdrucksweise und das Benehmen des verhaßten Fremden angenommen hatte. Warum nur mußte sie das immer wieder tun?
    »Ihr seid äußerst freundlich, Herrin«, erwiderte der Abt in befehlsgewohntem Tonfall. »Sowohl ich als auch meine Brüder sind hocherfreut, Euch unsere Aufwartung machen zu dürfen.«
    »Hier entlang bitte, meine Freunde«, sagte der Herr von Hrafnbu und deutete auf das Gutshaus. »Wir werden unser Gespräch bei ein paar Bechern Bier fortsetzen.«
    Herr Ranulf und der Abt machten sich auf den Weg, und Torf, Skuli und Paul schickten sich an, ihnen zu folgen. »Ihr drei kümmert euch um die Pferde«, befahl Herr Ranulf über die Schulter hinweg, so daß die drei Jünglinge mitten im Laufen innehielten. »Und seht zu, daß die Tiere unserer Freunde eine ordentliche Portion Hafer bekommen.«
    Verärgert, daß sie plötzlich außen vor gelassen wurden, starrten die drei jungen Männer dem Herrn von Hrafnbu hinterher. Mur-do gestattete sich ein schadenfrohes Lächeln. Torf sah dies, ballte die Fäuste und trat einen Schritt auf Murdo zu, doch Paul ergriff den Arm des Älteren und zog ihn mit den Worten zurück: »Wenn wir uns beeilen, können wir uns immer noch zu ihnen gesellen, bevor die Becher trocken sind.«
    Torf knurrte, machte auf dem Absatz kehrt und eilte Skuli hinterher, der schon vorausgegangen war. Während die Pferde fortgeführt wurden, reihte sich Murdo hinter den Mönchen ein, und die Prozession überquerte den Hof in Richtung Haus.
    Im Gegensatz zu Jarl Erlends Palast in Orphir glich Ranulfs Herrensitz mehr dem Haus eines Großbauern, dessen Ländereien zwar ausgedehnt waren, doch steter Pflege bedurften, um den bescheidenen Wohlstand des Herrn und seiner Pächter zu sichern. Hier gab es keine goldenen Schüsseln, kein silbernes liturgisches Gerät und kein Geld für vorbeikommende Kirchenleute, und in der Halle standen keine Krieger mit glänzenden Halsringen und Armreifen, die auf den nächsten Überfall, die nächste Schlacht
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