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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers
Autoren: Stephen R. Lawhead
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geschehen.
    Seltsamerweise ist es diese schreckliche Gewißheit, die mich am Ende überwältigt. Ich kann den wilden Ansturm nicht länger ertragen und weiche zurück. Wie ein Betrunkener nach dem Genuß eines geradezu unglaublich berauschenden Elixiers falle ich empfindungslos gegen die Wand. Den Metallstab lege ich quer auf meinen Schoß und presse die Handballen auf die blinden Augen. Im selben Augenblick, da ich den Stab loslasse, habe ich den Kontakt zur Quelle des Traums verloren und finde mich in der beruhigenden Dunkelheit der Höhle wieder.
    Oh, aber es ist eine Dunkelheit, die vom flackernden Licht einer fremden, herrlichen Magie erhellt wird. Der Traum lebt in mir weiter. Langsam, ganz langsam mit wankenden, unwissenden Schritten beginne ich meinen ersten zaghaften Versuch, so etwas wie Ordnung in das unauflösbare Chaos meiner Gedanken zu bringen, die noch immer vom Sturm der Bilder erfüllt sind.
    Großer Gott, ich bin verloren!
    Der Schrei ist kaum ausgestoßen, als die Antwort bereits enthüllt wird. Es gibt einen Faden ... einen Faden. Pack ihn, folge ihm, und er wird dich durch das verschlungene Labyrinth des Wahnsinns zur süßen Wahrheit führen.
    Vorsichtig, ganz vorsichtig nehme ich den Faden auf.

    urdo rannte den Hang hinab. Seine nackten Füße berührten nur weiches Gras, so daß lediglich das Zischen und Flattern der rauhen, grünen Farnblätter zu hören war, an denen seine Beine immer wieder vorbeistreiften. Weit hinter ihm erschien ein Reiter auf dem Hügelkamm, zu dem sich rasch zwei weitere gesellten. Murdo wußte, daß sie dort oben waren, und im selben Augenblick, da die Jäger erschienen, tauchte er kopfüber zwischen die zitternden Farnwedel, wo er seine Flucht auf allen vieren fortsetzte.
    Die Reiter trieben ihre Tiere an und galoppierten den Hang hinunter. Die Klingen ihrer Lanzen funkelten im Licht der Morgensonne. Alle drei schrien, während sie den Hang hinunterstürmten; sie schrien den alten Schlachtruf des Clans: »Dubh a dearg!«
    Murdo hörte die Schreie, erstarrte und preßte sich flach auf die feuchte Erde. Er spürte, wie der Tau sein Wams und seine Hose durchdrang, und er roch den scharfen Duft des Farns. Der Himmel schimmerte hellblau zwischen den Farnwedeln hindurch, und mit klopfendem Herzen hielt Murdo in der leeren Luft nach ersten Anzeichen seiner Entdeckung Ausschau.
    Die Pferde kamen rasch näher. Das Donnern ihrer Hufe war deutlich zu hören, während sie die weiche Sode aufrissen und Gras und Erde emporschleuderten. Murdo lag auf dem Boden zwischen den Farnen und lauschte aufmerksam auf das Geräusch der galoppierenden Pferde, um ihre Entfernung abzuschätzen. Auch hörte er das leise Plätschern eines verborgenen Flusses ein Stück weiter vorne den Hang hinunter.
    Als sie die Stelle erreichten, wo der Jüngling verschwunden war, hielten die Reiter an und begannen mit der stumpfen Seite ihrer Lanzen im dichten Farn herumzustochern. »Komm raus! Raus da!« riefen sie. »Wir haben dich! Zeig dich, und gib auf!«
    Murdo ignorierte die Rufe. Er lag vollkommen regungslos auf dem Boden und versuchte, den Schlag seines Herzens zu verlangsamen aus Furcht, die Jäger könnten ihn hören. Sie waren bereits sehr nahe. Murdo hielt den Atem an und beobachtete das Stück Himmel, das er durch die Farnwedel hindurch erkennen konnte, in der Erwartung, dort alsbald die Schatten seiner Verfolger zu sehen.
    Die Reiter wendeten ihre Pferde hierhin und dorthin und schlugen mit den Lanzenschäften auf den Farn ein. Mit jedem vergeblichen Versuch, den Jüngling zu finden, wurden ihre Rufe immer verärgerter. »Komm raus!« brüllte der größte der drei Reiter, ein knochiger, blonder junger Mann mit Namen Torf. »Du kannst uns nicht entkommen! Komm raus, verdammt noch mal!«
    »Gib auf!« rief einer der anderen. Murdo erkannte die Stimme: Sie gehörte dem breitschultrigen jungen Bullen mit Namen Skuli. »Gib auf, und stell dich deiner Strafe!«
    »Ergib dich, du verfluchtes kleines Wiesel!« schrie der letzte der drei. Es handelte sich um einen dunkelhaarigen Jüngling, der auf den Namen Paul hörte. »Wenn du dich jetzt ergibst, ersparst du dir vielleicht eine Tracht Prügel!«
    Murdo kannte seine Verfolger, und er kannte sie gut. Zwei von ihnen waren seine Brüder, und bei dem dritten handelte es sich um einen Vetter, den er erst vor zehn Tagen kennengelernt hatte. Aber wie auch immer: Murdo hatte nicht die Absicht aufzugeben. Auch wenn Paul ihm etwas anderes versprach, er wußte,
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