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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes
Autoren: Arto Paasilinna
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fürchtet er sich bei Gewittern.
    Im Himmel der Finnen herrscht neben Ukko Obergott dessen Frau Rauni, die auch Erdenmutter genannt wird. Einst verlieh sie den urfinnischen Menschen Kraft im Kampf gegen die Bergkobolde. Die Bergkobolde sind langschwänzige Kerlchen, die sich nicht die Zähne putzen und auch sonst schlechte Manieren haben. Wäre Rauni nicht gewesen, hätten die Kobolde Himmel und Erde erobert.
    Von Zeit zu Zeit ist das Verhältnis zwischen Ukko und Rauni ein wenig durch Zänkereien getrübt. Rauni hat gelegentlich die schlechte Angewohnheit, zu schnauben und zu fauchen. Dann wird sogar auf der Erde das Klima drückend, und die Menschen sagen, es liegt ein Gewitter in der Luft.
    Außer Ukko und Rauni haben die Finnen eine ganze Reihe weiterer einflußreicher Götter. Der bedeutendste von ihnen ist Ilmarinen, der Gott des Friedens und der Sonne. Ihm darf man für schönes Wetter und goldene Tage danken. Er freut sich über Werke des Friedens und ist traurig bei Kriegen. Im Jahr 1956 war es Ilmarinen, der am Ufer des Totenflusses bereitstand, um den Präsidenten der Republik Finnland, Juho Kusti Paasikivi, nach dessen Tod in Empfang zu nehmen. Ilmarinen sorgte dafür, daß Paasikivi nicht in die Hexenküche mußte, sondern direkt in den Himmel gelangte, der extra für ihn mit Nord- und Irrlichtern beleuchtet war. Paasikivi, der kräftig fluchen konnte, stellte fest, das sei ja nun wirklich von einer verdammt höllischen Pracht. Als erstes erkundigte er sich, ob es möglich sei, den sowjetischen Generaloberst Zdanov zu treffen, der nach dem Krieg als Vorsitzender der Kontrollkommission der Alliierten in Helsinki fungiert hatte. Zdanov war 1948 gestorben, erläuterte Paasikivi, und es sei nun interessant zu wissen, wie es dem alten Verhandlungskumpan anschließend ergangen war.
    Ilmarinen kümmerte sich um die Angelegenheit. Es stellte sich heraus, daß Zdanov nicht anzutreffen war, denn er verbrachte seine Zeit bei minus 70° C hinter der Hexenküche, in der sogenannten russischen Hölle.
    »Warum kann der alte Teufel mich nicht empfangen?« murrte Paasikivi, nahm aber Abstand von dem Besuch, als er erfuhr, daß Zdanov weder ihn noch die Finnen im allgemeinen geringschätzte, sondern allein aus persönlichen Gründen verhindert war.
    Als die Zeit für den späteren finnischen Präsident Kekkonen gekommen war, holte Ilmarinen auch ihn am Totenfluß ab. Wäre Kekkonen alleine und ohne Empfang dort angekommen, hätte Lempo ihn auf der Stelle in die Hexenküche gezerrt, und eine solche Behandlung war nach Ilmarinens Ansicht für einen Mann des Friedens keinesfalls angemessen.
    Für Landwirtschaft und Viehzucht ist der langmähnige Gott Sampsa Pellervoinen zuständig. Zu seinem Tätigkeitsbereich gehört es auch, gegen die Macht des Winters anzukämpfen, keine leichte Aufgabe in Finnland, wo die Schneewehen zwei Meter hoch werden und die Seen einen Meter tief zufrieren können. Und erst die eisigen Moore und Sümpfe! Da einen Frühling zu organisieren ist Schwerstarbeit. Sampsa erledigt sie, indem er den Himmelsnabel mit aller Kraft so weit zu drehen versucht, daß die Sonne auf das vereiste Finnland scheinen kann und dadurch die Macht des Winters gebrochen wird, der Schnee schmilzt und das Land zu grünen beginnt. Die finnische Agrarpolitik verfolgt Sampsa Pellervoinen mit Besorgnis. Er kann nicht begreifen, daß landwirtschaftliche Überproduktion etwas Schlechtes sein soll, wie es die Finnen behaupten. Sampsa findet, die Menschen sollten um so glücklicher sein, je mehr Getreide und Fleisch sie produzierten. Falls es die Finnen tatsächlich nicht schaffen, alles selbst aufzuessen, müssen sie das, was übrigbleibt, eben in Länder schicken, wo Nahrungsmittelmangel herrscht.
    Im Himmel der Finnen halten sich noch viele andere bedeutende Götter auf.
    Der Gott des Bieres, Pelto-Pekka, ist der Schutzgeist der Trunkenheit und Zügellosigkeit. Seiner Meinung nach kommt es nicht darauf an, welche Marke man trinkt, Hauptsache man ist fröhlich und die Trinksitten sind einigermaßen anständig. Pelto-Pekka mag Gesang und Spiel, Sprücheklopfen und Armdrücken, und es versetzt ihn immer wieder in Erstaunen, daß man heutzutage in finnischen Wirtshäusern nicht mehr singen darf. Er kann auch nicht verstehen, warum man so ein Aufheben um das sogenannte Mittelbier macht. Seiner Ansicht nach ist das Mittelbier derart leicht, daß es am ehesten für Frauen und Kinder taugt. Man könnte es für wenig Geld in
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