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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken
Autoren: Gary Jennings
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von uns befinde sich an einem Kreuzweg eine ähnliche spanische Handelsstation wie die, welche wir früher überfallen hatten, entschloß ich mich zu einem Überfall. Ich stellte einen mittelgroßen Trupp Krieger der Sobáipuri zusammen. Sie hatten noch nicht das Vergnügen gehabt, an einer unserer Schlachten teilzunehmen, aber sie waren inzwischen sehr geschickte Reiter und Arkebusen-Schützen. Zusammen mit Ritter Pixqui ritten wir nach Westen.
    Ich hatte keinen wirklichen Überfall im Sinn, sondern nur einen Scheinangriff. Wir galoppierten unter Geschrei und Gebrüll aus dem Wald und über das offene Gelände vor den mit Palisaden befestigten Ort und feuerten unsere Arkebusen ab. Wie zuvor spien Donnerrohre aus den Öffnungen in der Palisade einen Schauer tödlicher Splitter und Scherben, doch ich achtete darauf, daß wir uns außerhalb ihrer Reichweite hielten. Deshalb wurde nur einer unserer Männer leicht an der Schulter verletzt. Wir ritten in gebührendem Abstand hin und her, stießen unser markerschütterndes Kriegsgeschrei aus und gestikulierten wild, bis sich das Tor öffnete, und ein Trupp berittener Soldaten auftauchte. Wir verhielten uns, als bekämen wir es mit der Angst zu tun, wendeten und galoppierten auf dem Weg zurück, den wir gekommen waren. Die Soldaten verfolgten uns. Ich stellte sicher, daß wir in ausreichender Entfernung vor ihnen, aber immer in Sichtweite blieben. Auf diese Weise brachten wir sie dazu, uns bis zu der Schlucht zu folgen, durch die wir unser Tal verlassen hatten. Ich achtete darauf, daß uns die Soldaten auch in dem Felslabyrinth nicht aus den Augen verloren. So lockten wir sie durch die enge Stelle, wo auf meinen Befehl bereits Männer mit Arkebusen auf den Felsen warteten. Wie Ritter Pixqui vorausgesagt hatte, fielen unter der ersten Salve genug Soldaten und Pferde, um den Nachfolgenden den Durchgang zu versperren. Sie ritten in ihrer Aufregung ziellos hin und her und starben sehr bald im Hagel der Speere, Pfeile und Steine anderer Krieger, die auf beiden Seiten der Schlucht postiert waren. Meine Sobáipuri nahmen natürlich mit Freuden die Waffen und die überlebenden Pferde der Spanier an sich. Ich freute mich hauptsächlich über den erbrachten Beweis, daß unser Versteck uneinnehmbar war. Notfalls konnten wir uns bis in alle Ewigkeit gegen jede Streitmacht behaupten, die versuchen sollte, uns hier in den Bergen anzugreifen.
    Eines Tages berichteten mir mehrere Späher glücklich, sie hätten ein neues und lohnendes Angriffsziel entdeckt.
    »Etwa drei Tage im Osten von hier, Tenamáxtzin, liegt eine Stadt. Es ist beinahe eine Großstadt. Wir hätten nie etwas davon gemerkt, wenn wir nicht einem berittenen spanischen Soldaten gefolgt wären. Einer von uns, der ein wenig Spanisch spricht, hat sich in die Stadt geschlichen und festgestellt, daß sie schön gebaut und reich ist. Die Weißen nennen sie Aguascalientes.«
    »Heiße Quellen …«, sagte ich und nickte. »Ja, Herr. Es ist offenbar ein Ort, an den die spanischen Männer und Frauen kommen, um Heilbäder zu nehmen und sich zu erholen. Reiche Spanier, meine ich. Ihr könnt Euch vorstellen, welche Beute wir machen werden, ganz abgesehen davon, daß die weißen Frauen dort zur Abwechslung einmal sauber sind. Ich muß allerdings melden, daß die Stadt stark befestigt, bemannt und schwer bewaffnet ist. Wir können sie unmöglich einnehmen, ohne alle unsere Krieger einzusetzen.« Ich ließ Nochéztli rufen und wiederholte den Bericht. »Bereite alles vor. Wir werden in zwei Tagen losmarschieren. Ich will, daß diesmal alle dabei sind. Auch die Ticiltin, Wickler und Garausmacher sollen mitkommen. Wir werden sie bestimmt brauchen. Das wird der ehrgeizigste, tollkühnste Angriff, den wir bislang unternommen haben. Er ist die ideale Vorbereitung für den späteren Sturm auf die Stadt Mexico.«
    Glücklicherweise kehrten lyac Pozonáli und Verónica schon am nächsten Tag gesund und wohlbehalten wieder zurück. Obwohl sie von dem langen, beschwerlichen Ritt sehr erschöpft waren, kamen sie sofort, um Bericht zu erstatten.
    Sie waren so aufgeregt, daß sie gleichzeitig in ihren verschiedenen Sprachen – Náhuatl und Spanisch – zu reden anfingen.
    »Der Goldschmied bedankt sich für Eure Warnung, Tenamáxtzin, und läßt Euch herzlich grüßen …«
    »Ihr seid in der Stadt Mexico bereits berühmt, Herr. Ich sollte sagen berühmt und berüchtigt …«
    »Wartet, wartet«, unterbrach ich sie lachend. »Verónica, du
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