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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken
Autoren: Gary Jennings
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ließen, hatten wir behalten.
    Nach einiger Zeit, einer qualvoll langen Zeit, erreichten wir die Berge ›Wo die Berglöwen lauern‹. Das Land war genau so, wie Ritter Pixqui es beschrieben hatte. Mit ihm als Führer wanderten wir durch ein Labyrinth enger Schluchten, von denen manche gerade breit genug waren, um einem Reiter – oder einem Rind – das Durchkommen zu ermöglichen. Schließlich gelangten wir in ein nicht breites, aber ziemlich langgestrecktes Tal. Es bot genug Platz, damit wir alle bequem lagern konnten. Es gab reichlich Wasser und Weidegras für unsere Tiere. Nachdem wir uns niedergelassen und zwei oder drei Tage ausgeruht hatten, ließ ich den lyac Pozonáli und meine reizende Schreiberin Verónica zu mir rufen und sagte zu ihnen: »Ich habe einen Auftrag für euch beide. Ich glaube nicht, daß er gefährlich ist, aber er verlangt eine mühsame Reise. Allerdings habe ich das Gefühl«, ich lächelte, »daß ihr nichts gegen eine lange gemeinsame Reise einzuwenden habt.«
    Du bist rot geworden, Verónica, und Pozónali ebenfalls. Ich fuhr fort: »Es besteht kein Zweifel daran, daß in der Stadt Mexico, vom Vizekönig Mendoza bis hinunter zum niedrigsten Marktsklaven, jeder von unserer Rebellion und unseren Überfällen weiß. Aber ich möchte in Erfahrung bringen, wieviel die Spanier über uns wissen, welche Maßnahmen sie möglicherweise ergreifen, um die Stadt gegen uns zu verteidigen, oder ob sie ausziehen, uns aufspüren und in einer offenen Schlacht gegen uns kämpfen wollen. Ihr sollt folgendes tun: Reitet so schnell und so weit ihr könnt in Richtung Südosten. Haltet erst an, wenn ihr feststellt, daß ihr euch in gefährlicher Nähe spanischer Vorposten befindet. Meines Wissens wird das vermutlich irgendwo im Osten von Michihuácan sein, wo es an das Land der Mexica grenzt. Dort laßt ihr die Pferde bei einem gastfreundlichen Mann zurück, der sie versorgen kann. Ihr zieht einfache und unauffällige Bauernkleider an und setzt euren Weg zu Fuß fort. Nehmt Säcke mit irgendwelchen verkäuflichen Dingen mit – Früchte, Gemüse, was immer ihr auftreiben könnt. Ihr werdet vielleicht feststellen, daß die Stadt von einem Ring stählerner Waffen umgeben ist, aber man muß Lebensmittel und Waren hinein- und herauslassen. Und ich glaube, die Wachposten werden bei einem jungen Bauern und seiner …«, ich lächelte wieder, »sollen wir sagen seiner kleinen Cousine …?« Da hast du bezaubernd und verschämt die Augen niedergeschlagen, liebste Verónica. »Also, bei einem jungen Bauern und seiner Cousine, die auf dem Weg zum Markt sind, kaum Verdacht schöpfen.«
    Ihr seid beide sehr verlegen geworden, aber ich tat, als bemerke ich es nicht, und fuhr fort: »Du darfst auf keinen Fall Spanisch sprechen, Verónica. Sprich überhaupt nicht. Pozonáli, ich bin sicher, dir gelingt es mit Náhuatl, mit den wenigen spanischen Worten, die du kennst, und mit unbeholfenen Gesten, wie sie ein Bauer machen würde, an allen Wachposten und jedem, der euch anruft, vorbeizukommen.«
    »Wir kommen in die Stadt hinein, Tenamáxtzin. Darauf küsse ich die Erde«, erwiderte er. »Habt Ihr bestimmte Befehle für uns, wenn wir dort sind?«
    »Ihr sollt beide vor allem Augen und Ohren offenhalten, lyac, du hast dich als fähiger Soldat erwiesen. Es dürfte dir nicht schwerfallen zu erkennen, welche Verteidigungsmaßnahmen die Stadt trifft oder welche Vorbereitungen für einen Angriff auf uns getroffen werden. Geht durch die Straßen und über die Märkte und verwickelt die einfachen Leute in Gespräche. Ich will mehr über ihre Stimmung, ihre Gefühle und ihre Meinung von unserer Rebellion erfahren, denn ich weiß aus Erfahrung, daß manche, vielleicht sogar viele mit den Spaniern gemeinsame Sache machen werden, von denen sie inzwischen abhängig sind.«
    Ihr wolltet es beide nicht glauben, aber später seid ihr eines Besseren belehrt worden. Es gab unter den Menschen unseres Volkes viele Verräter. Ich gab euch noch einen Auftrag. »Hört zu«, sagte ich ernst. »Es gibt einen Aztécatl, einen älteren Mann, den ihr besuchen sollt. Er ist Goldschmied.« Ich erklärte dem lyac, wo Pochotl zu finden sein würde. »Er war mein erster Verbündeter auf diesem Feldzug, deshalb möchte ich ihn wissen lassen, daß wir kommen. Er wird vielleicht sein Gold verstecken oder sogar die Stadt damit verlassen wollen. Richte ihm viele liebe Grüße von mir aus.«
    »Es wird alles geschehen, wie Ihr es wollt, Tenamáxtzin«, antwortete
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