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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken
Autoren: Gary Jennings
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Miztóapan-Bergen liegen, hätte ich es nicht aus diesem Tal herausgeführt.
    So, wie wir vorher die Soldaten der spanischen Handelsniederlassung in den Hinterhalt gelockt hatten, so wurden wir dazu gebracht, unseren sicheren Zufluchtsort zu verlassen. Es war das Werk des Vizekönigs Mendoza. Er wußte, daß wir in den Bergen unbesiegbar, ja beinahe unangreifbar waren, und er dachte sich eine List aus, um uns herauszulocken, indem er uns Aguascalientes sozusagen als fette Beute anbot.
    Ich gebe meinen Kundschaftern, die diese Stadt entdeckt hatten, keine Schuld. Sie sind inzwischen tot wie so viele andere auch. Aber ich zweifle nicht daran, daß der spanische Reiter, dem sie in die Stadt folgten, eine Rolle in Mendozas Plan spielte.
    An jenem schicksalhaften Tag nahm ich mein ganzes Heer mit mir und ließ nur die Sklaven und Männer im Tal zurück, die zu alt oder zu jung waren, um zu kämpfen. Die Stadt lag drei Tagesmärsche entfernt. Aber bereits bevor wir sie zu Gesicht bekamen, hatte ich den Verdacht, daß etwas ungewöhnlich war. Wir kamen an militärischen Vorposten vorüber, doch sie waren nicht besetzt. Als wir uns der Stadt näherten, wurden wir nicht vom Dröhnen der Donnerrohre begrüßt. Ich schickte meine Späher aus, die sich vorsichtig in der Stadt umsahen, aber sie hörten keine Soldaten, keine klappernden Pferdehufe, nichts. Sie kamen zurück, zuckten ratlos die Schultern und meldeten, es befinde sich offenbar kein Mensch in der Stadt. Es war eine Falle!
    Ich drehte mich im Sattel um und rief: »Zurück!« Doch es war zu spät. Jetzt hörten wir die Arkebusen überall um uns herum. Wir waren bereits von Mendozas Soldaten und ihren Verbündeten, den Indios, eingekreist. Natürlich schlugen wir zurück und ergaben uns nicht einfach. Die Schlacht tobte den ganzen Tag, und auf beiden Seiten starben viele Hunderte. Ich habe an anderer Stelle gesagt, daß jede Schlacht ein gewaltiger Aufruhr, ein Blutrausch und ein Durcheinander ist. So kann es nicht verwundern, daß manche Krieger auf eigenartige Weise starben.
    Meine Ritter Nochéztli und Pixqui wurden von Kugeln unserer eigenen Arkebusen-Schützen getroffen, die ihre Waffen zu sorglos gebrauchten. Auf der anderen Seite verlor Pedro de Alvarado, einer der ersten Eroberer der EINEN WELT und der einzige, der immer noch an Kämpfen teilnahm, das Leben, als er vom Pferd stürzte und das Schlachtroß eines anderen Spaniers ihn zertrampelte.
    Mendozas Streitmacht und mein Heer waren in Hinblick auf Männer und Bewaffnung ziemlich gleich stark. Deshalb hätte es eigentlich zu einer regelrechten Feldschlacht kommen müssen, aus der die Tapfersten, die Stärksten und Geschicktesten als Sieger hervorgingen.
    Doch wir verloren aus einem bestimmten Grund. Meine Männer griffen mutig jeden weißen Soldaten an, der ihnen über den Weg lief. Aber mit Ausnahme der Yaki brachten sie es nicht über sich, Männer ihrer Rasse – die Mexíca, Texcaltéca und andere, die auf Mendozas Seite kämpften, zu erschlagen. Im Gegensatz dazu zögerten diese Verräter unserer Rasse, die sich natürlich um die Gunst ihrer spanischen Herren bemühten, keinen Augenblick, uns abzuschlachten.
    Mich traf ein Pfeil in die rechte Seite. Er stammte mit Sicherheit nicht von einem Spanier. Soweit ich weiß, kam er von einem meiner unbekannten Verwandten. Einer unserer Wundärzte riß den Pfeil heraus – das war schmerzhaft genug – und bestrich die offene Wunde mit ätzendem Xocóyatl. Das verursachte mir noch sehr viel stärkere Schmerzen, so daß ich tatsächlich nicht gerade heldenhaft laut aufschrie. Der Wundarzt konnte nicht mehr für mich tun, denn im nächsten Augenblick stürzte er, von der Kugel einer Arkebuse getroffen, tot zu Boden. Als es schließlich Nacht wurde, trennten sich unsere Heere oder was davon übriggeblieben war. Die Krieger unseres zersprengten Haufens, die Pferde hatten, zogen sich überstürzt in westlicher Richtung zurück.
    Ponzonáli, einer der wenigen Überlebenden, dessen Namen ich kannte, fand Verónica auf dem Hügel, von dem aus sie das brutale Gemetzel beobachtet hatte, und nahm sie mit, als wir uns eilig auf den Rückweg zu unserer Zuflucht in den Bergen machten. Die Schmerzen in meiner Seite waren so qualvoll, daß ich mich kaum im Sattel halten konnte. Deshalb hatte ich an diesem Abend nicht die Kraft, mir Sorgen darüber zu machen, ob wir verfolgt wurden oder nicht. Falls Verfolger hinter uns her waren, so holten sie uns nicht ein. Drei Tage später,
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