Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Titel: Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
Autoren: Ellen Heinzelmann
Vom Netzwerk:
Schülerin war. Dafür, dass Hannah ein bisschen ernster und nachdenklicher war, als früher, hatten sie volles Verständnis. Sie setzten auf die barmherzige Zeit, die bekanntlich Wunden allmählich heilen ließ.
    *
    “Was ist los, Hannah?”
    “Hm?”, schreckte sie aus ihren Gedanken hoch.
    “Ich sehe doch, dass dich seit Tagen etwas bedrückt. Willst du es mir nicht sagen? Es macht mich traurig, erstens dich so zu sehen und zweitens noch mehr, dass du zu mir kein Vertrauen hast.”
    “Nein, nein. Es ist nur …” Sie stockte. Wie sollte sie es ihm sagen? Sie war im dritten Monat schwanger und hatte keine Ahnung, wie eine ihr Leben so stark verändernde Nachricht bei Alexander ankommen würde. Würde er wütend sein? Würde er einfach nur niedergeschlagen sein? Würde er ihr Vorwürfe machen und sie womöglich zur Abreibung drängen? Dass er sich freuen könnte, wagte sie gar nicht zu hoffen. Sie wusste ja selbst nicht einmal, ob sie sich über das Tropi-Kind, so nannte man Kinder, die trotz Pille entstanden, freute. Ihr Studium würde sie für eine Weile oder gar für immer an den Nagel hängen müssen. Sie hatte im ersten Moment sogar erwogen, das winzige Etwas, das in ihr heranwuchs, wegmachen zu lassen. Das jedoch war nur ein kurzer Gedanke bei der Alternativensuche, wie es nun weitergehen sollte. Sie wusste schon in dem Moment, als sich dieser Gedanke einschlich, dass sie es niemals würde fertig bringen.
    “Es ist nur …?”, hakte Alexander ungeduldig nach.
    Hannah schaute ihm tief in die Augen, um jede kleine Regung in ihm aufzufangen, während sie sagte: “Wir beide bekommen ein Kind.”
    Er erstarre einen Moment. ‘Das war also das Geständnis, das so lange in der Luft hing und eine Bedrücktheit verbreitete’. Er war einfach nur sprachlos. Es fiel ihm schwer, das soeben Erfahrene zu kommentieren. Es war, als würde ihm jemand den Hals zuschnüren. Die Gedanken überschlugen sich. Er war 22, Hannah 21 … wie sollten sie das Leben bewältigen … mit einem Kind. Sie steckten beide mitten in der Ausbildung. Ihre erste Zwischenprüfung nach dem vierten Semester stand bevor. Sie hatten Pläne. Sie träumten von einer Gemeinschaftskanzlei. Hannah wollte sich auf Familien-, Erb- und Scheidungsrecht spezialisieren, während er, Alexander, die Gebiete Handels- und Gesellschafts- sowie Arbeitsrecht abdecken wollte. Sollte das alles jetzt plötzlich wie eine Luftblase zerplatzen? Alle ihre Pläne? Wie konnte es passieren? Hannah nahm doch die Pille.
    Ein bleiernes Schweigen hing zwischen ihnen beiden. Alexander blickte zu Hannah und sah, dass Tränen in ihren Augen standen.
    Tonlos fragte er: “Wann … wann ist es soweit?”
    Hannah stand auf, schnäuzte sich ihre Nase, ging zur Tür … sie war so aufgewühlt. Sie wollte am liebsten davon laufen. Einfach weg. Dann drehte sie sich wieder zu Alexander um, mit dem Rücken an den Türrahmen gelehnt, sagte sie mit fast erstickter Stimme: “Anfang August”.
    “Hannah, ich …”, stammelte Alexander, “ich … ich bin im Moment überfordert. Alles schlägt über mir zusammen. Es ist … es ist, als wäre ich in ein tiefes schwarzes Loch gefallen. Ich weiß nicht…”
    Verdammt noch mal. Warum konnte er nicht in Worte fassen, was er fühlte. Noch nie zuvor blieben ihm die Worte einfach weg, als steckten sie im Hals fest. Er stand auf und ging zu Hannah, nahm ihr Gesicht in beide Hände. Er spürte, dass sie zitterte. “Ich weiß einfach nicht, wie es nun weitergehen soll”, brachte er nur mühsam hervor. Sie senkte ihren Blick.
    “Wirst du mich verlassen?”, fragte sie ohne Umschweife.
    “Um Gottes Willen, nein! Nein …, das ist es nicht. Ich will dich doch nicht verlassen. Dafür liebe ich dich zu sehr. Nur … ich muss erst mal einen klaren Gedanken fassen.”
    Der traurige Blick, mit dem Hannah ihn anschaute, schmerzte ihn. “Komm mein Kleines”, sagte er, jetzt bedeutend ruhiger, und zog sie an sich. Sie ließ sich in seine Arme sinken und legte ihr Gesicht auf seine Schulter. Er spürte ihren zarten Körper und die Wärme, die von ihr ausging. Sie wirkte so zierlich, so verletzbar. Wie so oft, wurde sein Beschützerinstinkt wieder geweckt und mit warmer, ruhiger Stimme sagte er: “Wie könnte ich das tun? Es ist doch auch mein Kind.” Es war ihm, als würde er die Bedeutung der Aussage ‘Wir beidebekommen ein Kind’ erst jetzt richtig begriffen haben. Ein Geschöpf, dessen Existenz mit dem Tage der Verkündung für den Rest seines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher