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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit
Autoren: S.B. Sasori
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bloß mit dieser Beule an der Kehle aus? So wie das Ding aussah, musste es schmerzen. Schon fuhr Bence mit den Fingernägeln darüber und verzog das Gesicht. „In zwei Dörfern im Umkreis von drei Tagesmärschen sind Bauern am Fieber krepiert. Die einen sagen, sie wären Beulen übersät gewesen, die anderen sprechen von einem üblen Husten.“
    Beide Berichte passten zu dieser Plage, aber nicht die Tatsache, dass sie zuerst in Dörfern Fuß gefasst hatte.
    In den überfüllten Städten fühlte sich die Pestilenz wohler und gedieh schneller. Außerdem gab es zahllose böse Fieber mit bösen Husten und bösen Toden. Mihály raufte sich die kurzen Haare. Vor wenigen Wochen vermachte ihm einer seiner Patienten eine Handvoll Läuse.
    Bevor er auch die Heimstatt von Tamás Filzfreunden wurde, hatte er sich geschoren. Überall, wo Haare wuchsen. Die Tierchen war er losgeworden, doch seine Haarpracht stand noch weit hinter dem Modediktat zurück.
    „Gestern starb in Dömös eine Frau.“ Tamás senkte die Lider. Auf jedem wurde ein schmaler Dreckstreifen sichtbar. Farblich passte er zum Ausschnitt seines ehemals weißen Hemdes. „Die Lunge soll sie sich aus dem Hals gehustet haben. Ich sage euch, es ist die Pest.“
    Das Dorf war nur knappe zwei Stunden von Visegrád entfernt. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als hinzureiten und nach dem Rechten zu sehen.
    „Der König will, dass wir der Sache auf den Grund gehen“, maulte Tamás. „Der verschanzt sich hinter seinen Burgen im Palast, genießt alle Pracht und Herrlichkeit, die ihm die italienischen Farbkleckser an die Wände pinseln und unsereins muss sich Eiterbeulen stellen. Dazu sind wir nicht hergerufen worden. Wir sollen unterrichten. Was können wir dazu, dass sich die Fertigstellung des Universitätsgebäudes wegen des schlechten Wetters verzögert?“
    Wochenlange Regenfälle machten die Straßen unpassierbar. Mit einem Gespann war nicht mehr durchzukommen. Daher saßen die beiden in Visegrád fest. Da sie der König aber hin und wieder zu Banketten einlud, gab es für sie keinen Grund zur Klage. Bis auf die Pestilenz und den damit wahrscheinlichen Tod.
    Das Bedenken des Königs war begründet. Sein eigener Vater starb an der Pest. Verständlich, dass er sie nicht in Visegráds Nähe sehen wollte.
    „Der König hält doch so große Stücke auf dich.“ Bence warf ihm einen hochmütigen Blick zu. „Warum schickt er dich nicht nach Dömös?“
    „Weil er auf zwei Doktoren verzichten kann, nicht aber auf seinen besten Wundarzt.“
    Bence schnaubte empört, griff unter den Tisch und klatschte einen Beutel auf die Platte. „Die hier habe ich von Herrn Barti, dem Apotheker.“ Er schleuderte Ledermasken und Schwämmchen aus dem Leinensack. „Er schwor mir, mit dieser Erfindung sei er der Geschichte der Medizin um mindestens zweihundert Jahre voraus. Er sah sie in einer Vision und ein Mann mit weißem Bart und italienischem Dialekt hätte ihm die Funktionsweise erklärt.“ Er griff in sein Wams und zog eine Flasche und eine Dose heraus. „Essig.“ Er schob das Glasgefäß in die Mitte des Tisches. „Und Kräuter.“ Die Dose landete daneben. „Das hilft gegen den Pesthauch der Kranken.“
    Mit den unheimlichen Dingern ersparten sie der Seuche die Arbeit. Jeder Kranke musste sich zu Tode erschrecken, wenn sie mit den Masken über den Köpfen vor ihm erschienen.
    „Was schaust du so pikiert?“ Tamás tränkte einen Schwamm mit Essig und stopfte ihn hektisch in den gekrümmten Lederschnabel. „Herr Barti klang sehr überzeugend.“
    Herr Barti war nicht nur ein guter Apotheker, er war ganz offensichtlich auch ein guter Krämer. „Wie viel hat er euch dafür abgenommen?“
    Tamás lief rot an. „Viel. Aber das sollte uns unser Überleben wert sein. Also tu nicht so hochnäsig, Feldscher, wenn du keinen besseren Vorschlag hast.“
    „In der Walachei gibt es keine Seuchen“, murmelte Bence mit spitzem Unterton. „Dein früherer Herr hat sie weggehext. Stimmt ’ s?“
    Nicht diese alten Geschichten.
    „Vielleicht pfählt er die Kranken.“ Bence kicherte albern. „Und kauft sich mit ihren Seelen von dem Teufel frei.“
    Um Vlad III. kreisten haarsträubende Gerüchte. Der Woiwode war grausam, daran bestand kein Zweifel. Aber Mihály verdankte ihm, dass er noch seine Manneswürde besaß.
    Ohne sein Eingreifen hätten ihn die Soldaten kastriert. Einer hatte das Messer bereits gezückt.
    Sodomit.
    Das angewiderte Zischen des Scheißkerls klang Mihály
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