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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit
Autoren: S.B. Sasori
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Hand zurück auf ihren Bauch und streichelte über die eingefallene Wange. „Höre nicht auf das böse Weib“, flüsterte er ihrer Seele zu. „Sie weiß nicht, dass es ihr Sohn mit Ziegen treibt.“ Josias hatte es mehr als einmal beobachtet.
    „In der Hölle wird sie schmoren“, zischte die Alte und wich zurück. „Und du mit ihr.“
    Wer lächelte wie Anna, schmorte nirgends. Der schönste Engel würde kommen, um sie abzuholen. Darum würde er heute Nacht beten und wehe, Gott hielt ihm vor, vom Teufel gezeugt worden zu sein. Das hatte nur mit Annas Körper zu tun, aber nicht mit ihrer Seele. Der musste es gut gehen. Dafür würde er sorgen.
    „Die Pestilenz“, faselte es hinter ihm. „Tod und Verderben für uns alle. Und du bist schuld!“
    Josias wandte sich ab. Die verzerrte Miene konnte er nicht mehr ertragen.
    „Hexenbalg!“
    „Eben war Anna noch eine Hure.“
    „Sie war beides“, zischte die Alte und ihr gichtkrummer Finger fuchtelte in der Luft. „Es heißt: An den Früchten werdet ihr sie erkennen!“
    Warum ging sie nicht einfach? Mit ihrem Gekeife störte sie Annas jungen Tod.
    „Sieh dich an, Josias. Dann weißt du, welche Art Baum deine Mutter war.“ Ein letzter Hassblick und die Alte schlurfte zur Tür. Sie würde ihrem Sohn erzählen, Anna sei an der Pest gestorben. Ob es stimmte oder nicht, was spielte es für eine Rolle? Sie war tot und er war noch da.
    Allein.
     
    *
     
    Zwischen den fettigen Haaren von Tamás kroch eine Filzlaus. Sie verschwand in den Tiefen seines grauschwarzen Bartes und wurde einen Atemzug später von einer zweiten verfolgt. „Nun denn, werter Herr Kollege …“ Er nickte zu Bence, mit dem zusammen er in Prag studiert hatte, was beide bei jeder noch so kläglichen Gelegenheit erwähnten.
    „… und teurer Freund.“ Nun bedachte er Mihály mit einem Blick zwischen Hochmut und Mitgefühl. Mihály verzichtete darauf, sich gekränkt zu fühlen. Zwar war er nur ein Wundarzt, dafür aber ein verdammt guter. Das wusste jedermann in Visegrád, in Pest, in Buda und in der Walachei war sein Name auch ein Begriff. Nicht umsonst praktizierte er am selben Ort, an dem der König residierte. Dorf oder nicht. Visegráds Palast konnte sich an jedem anderen dahergelaufenen Prunkbau messen.
    Dass er sich mit zwei Studierten herumschlagen musste, lag an der unglücklichen Situation, dass sich Matthias Corvinus mit dem frischgebackenen Papst Paul II zum Ziel gesetzt hatte, dem ungarischen Königreich eine Universität zu verpassen. Tamás und Bence waren gebeten worden, einen Teil des Lehrkörpers zu stellen.
    Einen bejammernswerten Teil. Die beiden besaßen im Umgang mit Verletzungen keinerlei Praxis. So viel hatte Mihály bis jetzt in Erfahrung bringen können. Als Tamás ihm beim Richten eines Unterschenkels helfen sollte, aus dem der Knochen herausstand, war er in Ohnmacht gesunken.
    Dafür kannte er sich mit Diäten gegen Blutarmut und üblen Schweißgeruch aus.
    „Die Pestilenz beginnt in unserem geliebten Königreich zu wuchern.“ Tamás’ Stimme nahm von Silbe zu Silbe einen unheilvolleren Ton an. „Die Gerüchte sind eindeutig.“
    Dann wären es Tatsachen. Gerüchte gab es reichlich zu sämtlichen Geißeln der Menschheit. Ob sich Tamás die Mühe gemacht hatte, ihnen nachzugehen?
    Mihály zwang sich, Tamás in die Augen zu sehen und sich nicht vor Ekel zu schütteln, als eine dritte Laus Richtung Kinn wuselte.
    „Sie wird unsägliches Leid mit sich bringen, denn ungeachtet neuester Überlegungen ist und bleibt sie Gottes Strafe für unseren Sittenverfall und unsere Abkehr vom einzig wahren Glauben.“ Laut und zitternd sog er die Luft ein. Seine Augen weiteten sich dabei dramatisch. „Wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein.“
    Erstaunlich, dass er als Gegenmaßnahme keine öffentlichen Geißelungen vorschlug.
    Doch halt! Die waren verboten worden und die wenigen Flagellaten, die im Verborgenen wirkten, galten längst selbst als Ketzer. Eine richtige Entscheidung aus den falschen Gründen, aber nun denn.
    Mihály versteckte seine Gedanken hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit. Sein Vater hatte ausführliche Berichte zu dieser Krankheit und ihren gesellschaftlichen und moralischen Folgen besessen. Sie waren in einer Chronik zusammengefasst, die sein Ururgroßvater begonnen hatte. Lesen und Schreiben war in der Familie Szábo stets eine gängige Kunst gewesen. Leider auch das Denken. Es brachte ihnen nichts als Ärger ein.
    Mihály erinnerte sich an die
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