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Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt

Titel: Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
Autoren: Garth Nix
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auf einem Laufsteg oder bei einem Haus ankommen. Die Gefahr, gesehen zu werden, war zu groß. Lokar hatte Recht: Der Kraterrand war am besten. Aber wo auf dem Kraterrand?
    Tal erinnerte sich, dass er als kleiner Junge mit seinen Eltern einmal hinaufgestiegen war, noch bevor Gref auf der Welt gewesen war. Er erinnerte sich daran, dass er genörgelt und sich über den steilen Weg beschwert hatte, bis sein Vater ihn auf die Schultern genommen und den Rest des Weges hochgetragen hatte.
    Doch seine deutlichste Erinnerung stammte aus dem Jahr zuvor. Er war mit einigen anderen Jungen zum Hängenden Felsen geklettert, um ein paar älteren Erwählten beim Lichttauchen zuzusehen.
    Der Hängende Fels war eine Felszunge, die vom Kraterrand über den See hinaus ragte. Sie war mindestens fünfzig Spannen lang und bildete eine eigenartige, anscheinend frei hängende Plattform, die ideal zum Lichttauchen war – wenn es überhaupt einen perfekten Ort dafür gab. Es war ein gefährlicher Sport, den die älteren Erwählten mit Argwohn betrachteten. Jedes Kind, das sich darin versuchte, bekam sofort vier Deluminanten… wenn es überlebte. Vier Deluminanten waren mehr als die Hälfte des Weges zur Degradierung, dem Beginn eines Abstiegs, der in den roten oder gar den weißen Roben des Untervolks enden konnte.
    Eigentlich war Lichttauchen mehr als einfach. Die Taucher webten ein Lichtseil, banden sich ein Ende davon um die Knöchel und das andere durch das ,Ankerloch‘ im Hängenden Felsen. Dann sprangen sie mit einem Kopfsprung in den See hinunter. Wenn das Lichtseil richtig angefertigt war, fielen sie vielleicht ein Drittel des Weges hinunter, wurden plötzlich von dem Seil gehalten, schnellten zurück und noch ein paar Mal auf und nieder. Wenn das Seil sich dann nicht mehr bewegte, war es einfach, es wieder zu kürzen und sich hochzuziehen.
    Wenn das Seil allerdings nicht richtig angefertigt war, fiel der Taucher in den Aschesee, wo er ertrinken oder von seltsamen Kreaturen gefressen werden konnte. Manchmal geschah etwas, was zwar weniger fatal aber dafür umso peinlicher war: Das Seil ließ sich nicht mehr kürzen und der Taucher baumelte so lange über dem See, bis er von Freunden gerettet wurde.
    Der Hängende Felsen war ideal, dachte Tal. Er würde es so planen, dass sie bei Sonnenuntergang ankamen. Dann konnte er bei Nacht den Pfad hinunter und auf das Netzwerk aus Brücken und Laufstegen schleichen. Auf dem See gab es ein paar Boote. Eines davon würde er sich nehmen, um auf die Insel der Imperatorin zu kommen.
    Tal fixierte in seinen Gedanken das Bild des Hängenden Felsens und des dahinter beginnenden Sonnenuntergangs. Er sah den Felsen und den See darunter, den Kraterrand, der sich in beide Richtungen erstreckte und halbrund in der Ferne verschwand. Alles war sehr klar vor seinen Augen.
    Tal hob seinen Sonnenstein und rief die erste Farbe, die den Übertritt einleiten würde. Gleichzeitig begann er den Weg nach Aenir zu rezitieren. Die Worte und die Farben aus dem Stein vermischten sich. Er spürte, wie sich die Farben über seiner Haut ausbreiteten, fühlte die Veränderungen, als das Rot erst Orange und dann Gelb Platz machte.
    Die Innenseite des Sarkophags verblasste und machte wirbelnden Farben Platz. Gleißende Regenbogen überströmten Tal und überstrahlten sich gegenseitig, als immer wieder neue erschienen.
    Tal behielt auf dem ganzen Weg das Bild des Hängenden Felsens vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangs vor Augen.
    Er war auf dem Weg nach Aenir. Ob er einen richtigen Entschluss gefasst hatte oder nicht: Die Karten waren ausgespielt. Jetzt musste er die Bestie setzen, die er geschaffen hatte.

 
KAPITEL VIER
     
     
     
    Ein schwerer Übermantel lag ein paar Schritte vom Eingang des Heiztunnels entfernt. Es war Tals Mantel und er lag dort, wo sie ihn zurückgelassen hatten, als Milla das Schloss betreten hatte. Sie hatte das Gefühl, als wäre das schon eine Ewigkeit her. Oder als wäre es ein Traum gewesen. Milla war eine andere Person gewesen – sie hatte sich geehrt gefühlt, auf einer Mission zu sein, auf der Suche nach einem neuen Sonnenstein für ihren Clan. Jetzt gehörte sie nicht mehr dem Clan der Far-Raider an und alles hatte sich verändert.
    „Beeil dich!“, flüsterte Odris. „Die Crone wird draußen aufgehalten.“
    Milla sprang los und lief schnell durch den Heiztunnel. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass sie tatsächlich angehalten und Tals Mantel berührt hatte. So verhielt sich keine
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