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Der siebte Kristall

Der siebte Kristall

Titel: Der siebte Kristall
Autoren: Horst Hoffmann
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Plötzlich ging alles ganz schnell. Gerrek fühlte, wie sich der Stahl dicht neben seinem rechten Ohr in den Holzboden bohrte. Er merkte, daß er rutschte. Carlumen schien sich wieder zu neigen. Die Rohnen schrien auf, und jener, der auf ihm kniete, geriet für einen Moment aus dem Gleichgewicht.
    Das reichte Gerrek. Zwar war sein Körper noch schwach, doch sein Verstand sagte ihm, daß er eine zweite Chance nicht mehr bekam. Als der Rohne schwankte, zog er die Knie an und schleuderte den Gegner ohne große Kraftanstrengung von sich. Dann war er auch schon auf den Beinen, machte einen Satz zurück und riß das Kurzschwert aus der Schneide.
    »Nun kommt!« krächzte er. »Aber ich sage euch, Mythor hat eure Freunde nicht umgebracht! Es gibt einen zweiten, der wie er aussieht, aber nur sein Schattenbild ist! Er will uns gegeneinander aufhetzen, und wenn ihm das gelingt, sind wir alle verloren!«
    »Hört ihr ihn jammern, um seine schäbige Haut zu retten?« knurrte derjenige, der mit dem Dolch so schnell bei der Hand war. Schon bückte er sich und zog die Klinge aus dem Boden. Geduckt kam er näher. Gerrek riß das Schwert in die Höhe. Er konnte es kaum halten, so schwer schien es ihm.
    Da aber schrie eine der Frauen vom Eingang her:
    »Bei Goolux, dem Gott des Lichtes, Carlumen versinkt! Ich kann jetzt bis zu den Wehren sehen! Wir stecken in einem Sumpfmeer und gehen unter!«
    Unsicher blickte der Messerstecher sich um.
    »Was redest du da!«
    »Es ist wahr, Gobul!«
    Sie rannte aus dem Raum, von allen anderen gefolgt. Nur Gobul zögerte noch. Gerrek stemmte sich mit dem Rücken gegen die Wand, und als der Rohne ihm endlich die Kehrseite zuwandte, holte er mit dem Fuß aus und legte alle vorhandene Kraft in den Tritt.
    Gobul fiel vornüber, versuchte, den Sturz dadurch aufzuhalten, daß er ein Stück auf allen vieren lief, und stand erst wieder, als er den Ausgang erreicht hatte. Er blickte die Gasse hinab, stieß einen Entsetzenslaut aus und verlor alles Interesse an Gerrek. So schnell ihn die Beine trugen, lief er seinen Stammesgefährten hinterher das Gelände hinauf.
    Gerrek atmete tief. Allmählich fühlte er sich besser, obgleich er nicht wußte, ob er über diese Wendung glücklich oder noch verzweifelter sein sollte.
    Er trat ins Freie und sah Carlumen zur Seite geneigt im Sumpf liegen. In der Nähe des Wurzelstocks schwappte eine zähe, braune Masse über die Schutzmauern. Rohnen, die dort gegen die Krieger gekämpft hatten, flohen in hellem Entsetzen vor dem kriechenden Tod.
    Ich muß auf die Brücke! dachte Gerrek. Bei allen mächtigen Drachen, wo sind wir gelandet!
    Er rannte los. Die kalte Luft wirkte auf ihn wie ein belebendes Elixier. Er wich Rohnen aus, bis er entdeckte, daß sie nun andere Sorgen hatten, als sich mit ihm einzulassen. Gerrek nahm den direkten Weg durch die Außenbezirke der Wohnstadt auf die Gärten zu. In der Düsternis stolperte er mehr als einmal über Steine und Wurzeln. Vor ihm ragte bereits der mächtige Geschützturm mit dem Wurfbock darauf in die Höhe. Er mußte noch eines der kleinen Salzbecken umgehen, dann…
    Der Schatten löste sich vom Stamm des bizarren Baumes, der wie alle anderen Gewächse in den Gärten der Fliegenden Stadt noch auf seine Blüte wartete. Er schien aus ihm herauszuwachsen und aus fließender Schwärze zu bestehen. Er verstellte Gerrek den Weg, und als der Beuteldrache ihn noch mit aufgerissenen Augen anstarrte, verfestigte sich die Gestalt. Das Licht, das sie durchfloß, strahlte an einigen Stellen zunächst heller, um sich dann sogleich über den ganzen Körper zu verteilen. Die Linien eines Gesichts bildeten sich. Dann schien Mythor leibhaftig vor Gerrek zu stehen. In seiner Hand lag Alton, doch die Klinge war stumpf und ohne Glanz.
    »Einmal hast du noch Glück gehabt«, sagte der Schatten mit Mythors Stimme. »Ich überschätzte den Mut der Rohnen. Jetzt muß ich es selbst vollenden.«
    »Verschwinde!« kreischte Gerrek.
    Die Klinge stieß vor. Gerrek machte geistesgegenwärtig einen Satz zur Seite, sah den Baum und versuchte, sich hinter dem Stamm in Sicherheit zu bringen. Der Schatten folgte ihm. Er war schneller. Gerrek rannte um den Stamm herum, den Gegner dicht auf den Fersen. Seine Knitterohren flatterten im Wind. Ihm wurde schwindlig. Und dann fühlte er sich am Schwanz gepackt und roh zurückgerissen.
    Er stürzte schwer. Der falsche Mythor stand über ihm und holte zum Todesstoß aus.
    Da griff Gerrek zum allerletzten Mittel. Es war, als
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