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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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Mutter an. »Hapsefa hat viel Koriander in die Linsen getan«, erklärte er. »Davon läuft meine Nase. Feigen mag ich lieber.«
    Sein Vater seufzte. »Itu, du verwöhnst ihn zu sehr«, sagte er, als seine Frau die Feigen zu Huy hinüberschob. »Und die Sache mit dem Geschenk ist der Gipfel. Huy, wir haben beschlossen, dich in die Schule zu schicken.«
    »Das ist doch keine Art, ihm das zu sagen, Hapu!«, ereiferte sich Itu. »Wir wollten doch bis nach seinem Namensgebungstag warten.«
    Hapu beugte sich vor. »Ich hätte ja gewartet, aber Huy verdient diese Rücksichtnahme nicht. Welches Geschenk hat unser Sohn als Dankopfer für sein Leben ausgewählt?« Er richtete sich auf. »Und für Gesundheit, eine rasche Auffassungsgabe, Menschen, die ihn lieben, ein Leben ohne Not. Etwas, das ihm nicht wichtig ist. Alle lieben ihn«, fuhr er sanft fort, als er sah, wie seine Frau blass wurde. »Ptah hat in deinem Leib ein Wunder geschaffen, Itu. Morgen wird mein Bruder Ker kommen, und auch Heruben, und sie werden einen ganzen Berg Geschenke für ihn mitbringen, nicht bloß, weil er vier wird, sondern auch, weil ihre Liebe zu ihm keine Grenzen kennt. Und ist er dankbar? Er ist selbstsüchtig und gierig geworden. Er nimmt alles als gegeben hin. Diese böse Saat darf nicht weiterwachsen.«
    »Du und deine Pflanzen!«, fauchte Itu. »Es ist normal, dass ein kleines Kind die Dinge behalten will, die ihm Freude machen. Wir haben ihm die Bedeutung des Opfers, das er bringen soll, nicht klargemacht. Erklär es ihm, und er wird in sein Zimmer rennen und bereit sein, dem Gott stattdessen seine Farben oder den großen Ball zu geben. Er hat ein großmütiges Herz, mein Gemahl! Wirklich!«
    »Nein, das glaube ich nicht«, entgegnete Hapu langsam.
    »Muss ich wirklich zur Schule gehen, Vater?« Plötzlich brannte der Wein in seiner Kehle. »Vater? Ich will nicht in die Schule gehen! Die Söhne des obersten Gärtners sind in der Schule, und sie werden immer geschlagen! Die Schule ist etwas für dumme Kinder! Ich bin nicht dumm! Wenn ihr meint, dass der Gott meine Kegel nicht haben will, dann kann er meinen Hund aus Holz bekommen«, erklärte er hoffnungsvoll. Seine Eltern ignorierten ihn.
    Er begann zu weinen, kroch über den Boden und kletterte auf Itus Schoß. »Mutter, schick mich nicht weg!«, schluchzte er und warf die Arme um ihren Hals. »Ich werde brav sein, das verspreche ich! Ich werde Hapsefa nie mehr ärgern und nie mehr weglaufen, wenn du mich rufst, und nie um Wasser betteln, weil ich nicht schlafen will!«
    »Siehst du jetzt, was du angerichtet hast, Hapu?«, sagte sie vorwurfsvoll.
    Ihr Mann stand auf, ging um den Tisch herum und hockte sich neben die beiden. Er legte die Hand auf den Kopf seines Sohnes und küsste die kleine heiße Wange. »Viele Jungen aus armen Familien können nicht in die Schule gehen, Huy, und dann bleiben sie ihr Leben lang arm, müssen Steine schleppen und Ziegel herstellen. Das verkürzt ihr Leben, zerstört ihren Körper. Und das alles nur, weil sie nicht lesen und schreiben können. Dein Onkel Ker hat deine Fähigkeiten erkannt und will alle Kosten für die Tempelschule in Iunu übernehmen. Das ist eine ungeheure Möglichkeit für dich. Die Priester sind berühmt für ihren Unterricht. Dort wohnst du mit vielen Jungen deines Alters zusammen. Du wirst Freunde finden, und es wird dir gut gehen.«
    »Aber ich will keine Freunde finden«, schluchzte Huy. »Ich habe doch schon eine Freundin! Ich brauche nicht noch mehr Freunde!« Sein Vater hielt seinen eigenen Becher an Huys Mund, und er trank trotz des Brennens in seiner Kehle in großen Schlucken.
    »Du bezeichnest Ischat als deine Freundin, aber du bist garstig zu ihr«, fuhr Hapu fort. »Du ärgerst sie. Du versteckst dich, wenn sie kommt und mit dir spielen will. Du bewirfst sie mit Spinnen.«
    »Sie versucht, über mich zu bestimmen«, protestierte Huy. Der starke, unverdünnte Wein hatte ihn augenblicklich ruhiger gemacht. Er verspürte eine angenehme und völlig neue Taubheit, die sich in seinen Gliedmaßen ausbreitete. »Aber sie ist nur die Tochter einer Dienerin. Sie müsste tun, was ich sage.«
    Hapu sah seinen Sohn ernst an. »Ich liebe dich, Huy. Aber es gibt Dinge, die ein Mann frühzeitig lernen muss. Wenn du das nicht tust, wird nie jemand mit dir spielen wollen. Du verdienst Ischat nicht.« Er stand auf. »Itu, bring ihn zu Bett. Und ich will nicht sehen, Huy, dass du die Kegel durch etwas anderes ersetzt hast, wenn du morgen im
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