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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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für ihn gesehen hatte, und war geheilt worden. Nun war Huy zu seinem Sohn gerufen worden, der sich den Fuß mit einer Sichel verletzt hatte. Der Fuß wie die Schneide waren schmutzig gewesen, Uchedu hatte sich eingenistet. Aber obwohl Huy die Hand des jungen Mannes nahm und um eine Erleuchtung betete, bekam er keine Vision, sodass er gezwungen war, dieselben Waschungen und Salben vorzuschlagen, die der Gott ihm für den Vater genannt hatte. Die Familie war enttäuscht, denn es erschien ihr, als wäre sie nicht berechtigt, mehr als eine Vision des Sehers zu erhalten, fügte sich aber. Huy stand noch zwei weitere Male vor diesem Dilemma. In einem Fall starb das Opfer des Fiebers, ein Kind, dessen Mutter aufgrund von Huys Vision vom Fieber geheilt worden war, kurz nachdem er den verängstigten Eltern eingestehen musste, dass die Götter nicht zu ihm gesprochen hatten. Huy musste wieder an seine Warnung für Nascha und den Tod ihrer Mutter unter denselben Umständen denken. Eine Weile grübelte er, ob er mit einem Gesetz des Schicksals in Konflikt geraten war, sodass sich seine Visionen verfälschten. Vielleicht sollten diese Menschen in Wirklichkeit sterben oder ihre Krankheit durchstehen müssen, ehe sie aus eigener Kraft genasen. Aber das würde bedeuten, dass Anubis ihn absichtlich täuschte oder, noch schlimmer, die Visionen das Produkt seines eigenen pervertierten Geistes waren. Keine dieser Erklärungen stellte ihn zufrieden, und beide erfüllten ihn mit Angst.
    Doch je häufiger Ischat und er durch die Stadt zogen, desto mehr Heilungen waren in ihrem Kielwasser zu verzeichnen, und Huy schob seine Ängste beiseite. Solche Zufälle waren selten, verglichen mit den Erfolgen waren sie bedeutungslos. Auf diese Weise beruhigte er sich, bis die Sorgen nur noch gelegentlich am Rand seines Bewusstseins auftauchten. Ganz daraus verschwanden sie, als die triumphale Rückkehr des Königs zwei Tage vor Beginn des Monats Thot anstand.
    Huy und Ischat wollten das Haus eine Stunde nach Tagesanbruch verlassen. Die Luft war schon unangenehm heiß, und obwohl die Tür offen stand, brachte die morgendliche Brise keine Abkühlung. Ischats dickes Kleid klebte schweißnass unter ihren Brüsten, und sie zerrte verärgert daran, als sie ihre Schreiberpalette holte. Huy saß mit feuchten Achselhöhlen und düsterer Laune noch am Tisch. Der vorherige Tag war anstrengender und schmerzhafter als gewöhnlich gewesen, die Nacht schwül und ungemütlich. Trotz des Mohns, den er vor dem Zubettgehen genommen hatte, zwickte sein Kopf. Plötzlich kam Unruhe in der Straße auf. Ischat lief hinaus in die Sonne, und Huy folgte ihr.
    Die Nachbarn eilten vorbei, auch der Besitzer des Bierhauses nebenan. Ischat grüßte ihn. »Rahotep, was ist los? Wohin rennen alle?«
    Der Mann drehte sich zu ihr um, wurde aber nicht langsamer. »Der König fährt heute Morgen an Hut-Herib vorbei!«, rief er. »Es heißt, dass sein Feldzug erfolgreich war und er viele Gefangene gemacht hat. Wenn ihr ihn sehen wollt, müsst ihr euch beeilen, sonst sind alle guten Plätze an der Uferstraße belegt!«
    Ischat drehte sich spöttisch zu Huy um. »Wollen wir an den Fluss rennen und herumgeschubst und angerempelt werden, nur um einen Blick auf Seine Majestät zu erhaschen? Oder sollten wir uns um unsere Arbeit kümmern? Es ist zu heiß, um in der Menge zu stehen«, gab sie sich selbst die Antwort. »Gehen wir zu dem ersten Haus auf meiner Liste. Die Stadt wird halbleer sein. Götter, ich bin jetzt schon durstig. Meinst du, Rahotep hat das Bierhaus abgeschlossen?«
    Fünfhundert Prinzen aus Retenu und sieben Fürsten aus Tachsi, dachte Huy. So hat Atum gesagt. Will ich sie selbst noch einmal sehen?
    »Lass uns an die Arbeit gehen«, entschied er. »Dann können wir in der schlimmsten Nachmittagshitze schlafen. Die Luft erscheint mir heute feuchter, Ischat. Vielleicht setzt die Nilschwemme früh ein.«
    »Fieber, Stechfliegen, Mückenschwärme und Ertrunkene«, kommentierte Ischat kurz und treffend. »Ich hätte mit Thutmosis fahren sollen, dann würde ein Diener mit einem großen Fliegenwedel und einem noch größeren Bierkrug hinter mir herlaufen.«
    Huy zwickte sie in die Nase. »Wenn ich dich nicht besser kennen würde, könnte ich glatt denken, dass du deine Entscheidung bereust, so oft sprichst du davon«, zog er sie auf. »Geh nach nebenan und gieß dir ein Bier ein. Niemand stiehlt Rahotep etwas, dafür sind seine Diener zu groß und niederträchtig. Du kannst es ihm
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