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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser
Autoren: Harper Paul
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Geräusche.
    Fane strengte sich an, herauszuhören, was die Frau sagte, und jede unentzifferbare Silbe, die sie murmelte, war wie eine Folter für ihn. Doch es war bald vorbei.
    Die Frau stand auf, zog eine Pistole aus ihrem Regenmantel, setzte den Lauf auf Krolls Stirn auf und drückte zweimal ab.
    Dann drehte sie sich um und ging aus dem Raum.
    Der Jogger mit der Kapuze drehte sich ruckartig in Richtung der Treppe um, als die beiden Schüsse fielen.
    Fanes und Romas Aufmerksamkeit waren ganz auf den Monitor gerichtet. Krolls Blut ergoss sich über das Bett und färbte das Bettlaken unter ihm dunkel.
    » Was ist denn da gerade passiert?« Roma war erschüttert.
    » Warte noch.« Fane verfolgte auf dem Monitor mit, wie die Frau durch den zweiten Quadranten des Monitors eilte, dann eine Minute später in den ersten Quadranten, wo der Jogger ihr bereits die Tür aufhielt.
    Und schon waren sie verschwunden.
    » Siehst du auch, was ich sehe…?« Roma fing an, eine Telefonnummer zu wählen.
    Fane legte seine Hand auf ihre. Er wusste, dass sie versuchen wollte, Elise anzurufen. Sie blickten einander an.
    » Das könnten auch Vectors Leute gewesen sein«, sagte er. » Wir wissen es nicht. Wir wollen es auch gar nicht wissen.«
    Er beugte sich vor und schaltete die Übertragung der Kameras aus. Es war vorbei.

Kapitel 46
    Eine Weile saßen sie da, ohne ein Wort zu sagen. Der Regen hatte wieder eingesetzt und trommelte mit einem dumpfen Stakkato auf das Dach des Mercedes. Das Wasser ergoss sich auf die Straßen und erzeugte tiefe Pfützen, die in ständigem Aufruhr waren.
    Fane wurde von dem absurden Gedanken beschäftigt, dass er nicht wusste, wie Kroll ausgesehen hatte. Sein Gesicht war bereits verunstaltet gewesen, als Fane ihn zum ersten Mal zu sehen bekommen hatte, und das war in dem Bruchteil einer Sekunde gewesen, bevor er den Lauf der Walther auf Krolls Gesicht geschlagen hatte. Nachdem Fane mit ihm fertig war, war Kroll nicht mehr zu erkennen gewesen. Kein Foto von ihm war jemals aufgetaucht, und wahrscheinlich würde auch nie eins auftauchen. Krolls Identität, sein Gesicht, war sein letztes Geheimnis.
    » Oh mein Gott«, sagte Roma wieder.
    Fane hätte es vorgezogen, noch eine Weile in der Stille nachzudenken, aber in Romas Kopf arbeitete es.
    » Eins beschäftigt mich schon die ganze Zeit: Diese Sache mit Kroll war doch nur ein kleiner Blick hinter den Vorhang. Was zum Teufel gibt es da noch? Was hätten wir zu sehen bekommen, wenn es uns gelungen wäre, den Vorhang für eine Weile aufzuziehen?«
    Fane teilte ihren Frust. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie verdammt knapp an etwas Schrecklichem vorbeigeschrammt waren, es aber verfehlt hatten, bevor sie begreifen konnten, was sie gesehen hatten.
    » Lass uns bei unserer Anonymität anfangen«, sagte sie und blickte starr durch die Windschutzscheibe in den Regen. » Wir sind über Elise und Lore nicht angreifbar. Du hast immer › Townsend‹ verwendet, oder?«
    » Stimmt.«
    » Anders sieht es bei Vera aus, hier sind wir in gewissem Maße verwundbar.«
    » Das sind wir immer bei unseren Klienten.«
    » Aber diesmal spielt Vector mit.«
    » Sie wissen nichts von Vera. Sie wissen nur, dass jemand nach Kroll gesucht hat. Sie wissen nicht, warum. Dieser Jemand hat ihn gefunden und möchte ihnen den Kerl übergeben. Mehr wissen sie nicht. Sie haben immer noch keine Ahnung, wer wir sind.«
    » Aber Krolls Tod wird sie nicht daran hindern, herausfinden zu wollen, wer ihnen Kroll angeboten hat. Sie müssen annehmen, dass er auf seinen Rechnern Informationen hatte, die ihnen schaden könnten, und wer ihnen Kroll überlassen hat, ist jetzt im Besitz dieser Rechner.«
    » Auch richtig.«
    » Also ist die Sache doch noch nicht vorbei.«
    Der Regen trommelte einen Augenblick etwas lauter, fiel dann aber wieder in seinen gleichförmigen Rhythmus zurück.
    Roma schwieg. Obwohl der Fall wie in einem Schlachthaus geendet hatte, war die Identität von Fane und seinen Leuten unbekannt geblieben. Die einzige Ausnahme war Vera List, und sie würde das Geheimnis wahrscheinlich noch dringender bewahren wollen als jeder andere.
    Doch Vector, dieser Gigant in Sachen schmutziger Arbeit, lauerte immer noch irgendwo da draußen. Durch Krolls Wahnsinn waren Vectors dunkle Angelegenheiten auch in Fanes und Romas Welt eingesickert und hatten schleimige Spuren hinterlassen. Fane wusste, dass es nicht einfach für ihn werden würde, sich davon wieder reinzuwaschen.
    Er schaute zu
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