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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher
Autoren: Sebastian Fitzek
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Test heute Abend nicht von Relevanz.«
»Und worum geht es dann?«, wollte Patrick wissen. Er schlug die Beine unter dem Tisch zusammen. Die Schnürsenkel seiner Lederstiefel waren nicht zugebunden, damit die professionell zer rissene Jeans nicht einfach so über die umgeklappte Lasche fallen konnte. Sonst würde ja niemand das Designer label am Knöchel sehen.
Der Professor muss te lächeln. Offene Schuhe, zerrissene Hosen, blasphemische Sweat shirts. Irgendjemand in der Modeindustrie musste es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Alpträume seiner konservativen Eltern zu Geld zu machen.
»Nun, Sie müssen wissen …« Er setzte sich wieder an seinen Platz am Kopfende der Tafel und öffnete eine zerschlissene Ledertasche, die so aussah, als würde sie von einem Haustier als Kratzbaum benutzt.
»Das, was Sie gerade gelesen haben, ist wirklich geschehen. Die Handakten, die ich Ihnen ausgeteilt habe, sind nur einfache Kopien eines wahren Tatsachenberichts.« Der Professor zog ein altes Taschenbuch hervor. » Das hier ist das Original.« Er stellte den dünnen Band auf den Tisch.
Der Seelenbrecher stand in roten Lettern auf dem grünlichen Einband. Darüber zog das schemenhafte Bild eines Mannes die Aufmerksamkeit auf sich, der durch einen nebelartigen Schneesturm in ein dunkles Gebäude zu flüchten schien.
»Lassen Sie sich von der äußeren Form nicht täuschen. Es wirkt auf den ersten Blick wie ein herkömm licher Roman. Aber es steckt sehr viel mehr dahinter.« Er ließ die etwa dreihundert Seiten des Buches von hinten nach vorne durch seine Finger fächern. »Viele glauben, dieses Protokoll stamme aus der Feder eines seiner Patienten. Larenz hat früher viele Künstler behandelt, darunter auch Schriftsteller.« Der Professor blinzelte. Dann fügte er leise hinzu: »Es gibt aber auch eine andere Theorie.«
Alle Studenten sahen ihn aufmerksam an.
»Eine Minderheit ist der Meinung, Viktor Larenz selbst habe das hier zu Papier gebracht.«
»Aber wieso?«
Diesmal hatte sich Lydia zu Wort gemeldet. Das Mädchen mit den dunkelblonden Haaren und dem mausgrauen Rollkragenpulli war seine beste Studentin. Was sie an dem unrasierten Langzeitstudenten neben sich anziehend fand, konnte er sich nicht erklären. Ebenso wenig begriff er, warum man ihr trotz Einserabitur ein Stipendium verwehrt hatte.
»Dieser Larenz hat seine Aufzeichnungen zu einem Thriller umgedichtet? Warum sollte er sich diese unglaubliche Mühe machen?«
»Das gilt es heute Abend herauszufinden. Das ist das Ziel des Experiments.«
Der Professor machte sich eine Notiz auf dem Schreibblock neben der Teilnehmerliste und sprach dann die Frauengruppe zu seiner Rechten an, die noch kein einziges Wort gesagt hatte.
»Wenn Sie zweifeln, dann habe ich dafür volles Verständnis, meine Damen.«
Eine Rothaarige hob den Kopf, die anderen beiden starrten weiter auf die Akte vor ihnen.
»Sie alle hier können es sich gerne noch einmal überlegen. Der eigentliche Versuch hat noch nicht begonnen. Sie können abbrechen und jetzt nach Hause gehen. Noch ist Zeit.«
Die Frauen nickten unschlüssig.
Florian beugte sich nach vorne, dann fuhr er sich nervös mit dem Zeigefinger über die Haarnarbe seines Seitenscheitels.
»Aber was ist dann mit den zweihundert Euro?«, fragte er.
»Die gibt es nur bei aktiver Teilnahme. Und auch nur dann, wenn Sie sich an den vorgeschriebenen Ablauf halten, wie er im Aushang beschrieben war. Sie müssen die gesamte Akte lesen und dürfen dabei nur wenige kurze Pausen machen.«
»Und danach? Was passiert, wenn wir durch sind?« »Auch das ist Teil des Versuchs.«
Der Psychiater bückte sich erneut und tauchte dann mit einem kleinen Stapel Formulare wieder auf, die das Wappen der Privatuniversität schmückte. »Alle, die bleiben, bitte ich, das hier zu unterschreiben.«
Er teilte die Einverständniserklärungen aus, mit denen die Probanden die Universität von jeder Haftung für etwaige psychosomatische Schäden freisprachen, die in dem Zusammenhang mit der freiwilligen Teilnahme an dem Versuch entstehen könnten.
Florian Wessel nahm das Blatt entgegen, hielt es gegen das Licht und schüttelte beim Anblick des Wasserzeichens der Medizinischen Fakultät energisch den Kopf. »Das ist mir zu heikel.«
Er zog seinen Bleistift wieder aus der Akte, griff sich seinen Rucksack und stand auf.
»Ich glaube, ich weiß, worauf das hier hinausläuft. Und wenn es das ist, was ich vermute, dann habe ich davor viel zu große Angst.«
»Ihre Offenheit ehrt Sie.« Der
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