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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher
Autoren: Sebastian Fitzek
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Caspaarrr.« Caspaarrr.
Mit dem langgezogenen A und dem rollenden R erinnerte Gretas Stimme an die Filmdiven der Nachkriegszeit. Seit ihr Mann vor sieben Jahren nach einem Schlaganfall auf dem Golfplatz gestorben war, verbrachte sie jedes Weihnachtsfest in der Privatklinik. Hier war sie nicht allein, wenn die Feiertagsdepression über sie hereinbrach. Und deshalb war es auch eine mittlere Katastrophe, wenn ihr Fernseher nicht mehr funktionierte. Sie ließ den »Quatschkasten« ununterbrochen laufen, um sich nicht zu einsam zu fühlen.
»Also, wenn ich noch jünger wäre, würde ich mich auch mal mit Ihnen zum Tanztee verabreden«, kicherte sie. »Herzlichen Dank«, lachte er.
»Ich meine es ernst. Als mein Mann in Ihrem Alter war, also irgendwas Anfang vierzig, schätze ich jetzt mal, fielen ihm seine dunklen Haare auch so neckisch in die Stirn. Zudem hatte er genauso ebenmäßige Hände wie Sie, Caspar. Und …«, Greta musste schon wieder kichern, »und er teilte meine Rätselleidenschaft!« Sie klatschte zweimal in die Hände, als wäre sie eine Klassenlehrerin, die die Pause beendet.
»So, und deshalb versuchen wir es jetzt noch einmal …« Caspar stöhnte belustigt auf, während Greta ihr Rätsel wiederholte.
»Vater und Sohn haben einen Autounfall. Der Vater ist tot, der Sohn überlebt.«
Trotz des gekippten Fensters begann Caspar zu schwitzen.
Der Vormittag war im Schneeregen versunken, und gegen Mittag war die Temperatur unter den Gefrierpunkt gefallen. Hier draußen, mitten im Grunewald, musste es sogar noch zwei Grad kälter sein als in der Innenstadt. Doch davon spürte er im Moment nichts.
Ha! Sein Zeigefinger strich über einen runden Metallring im Plastikgehäuse. Jetzt muss ich hier nur noch das Kabel einstöpseln und …
»Der schwerverletzte Sohn wird in die chirurgische Notaufnahme eingeliefert. Doch der Chirurg will ihn nicht operieren, weil der Junge sein Sohn ist.«
Caspar kroch hinter der klobigen Mattscheibe hervor, stand auf und griff sich die Fernbedienung.
»Wie geht das?«, fragte Greta spitzbübisch.
»So geht das«, sagte Caspar und schaltete den Fernseher ein.
Zuerst flimmerte es, dann erfüllte die sonore Stimme eines Nachrichtensprechers das Zimmer. Als sich schließlich auch das dazu passende Bild aufbaute, klatschte Greta quietschvergnügt in die Hände.
»Er funktioniert wieder. Wunderbar, Sie sind genial.« Ich weiß nicht, was ich bin , dachte Caspar und klopfte den Staub von seiner Jeans.
»Ich geh dann mal wieder auf mein Zimmer, bevor die Schwester sauer wird …«, wollte er ansetzen, doch Greta hob ihre Hand und gebot ihm zu schweigen. … gibt es wieder erschütternde Neuigkeiten von dem sogenannten Seelenbrecher, der jetzt schon seit mehreren Wochen die weibliche Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt …
Greta stellte mit der Fernbedienung die Nachrichten lauter.
     

17.56 Uhr
    Soeben erreicht uns die Meldung, dass sein erstes Opfer, die 26-jährige Schauspielschülerin Vanessa Strassmann, heute Nachmittag auf der Intensivstation des WestendKrankenhauses verstorben ist. Sie war vor zweieinhalb Monaten spurlos nach dem Unterricht verschwunden und wurde exakt eine Woche später in einem heruntergekommenen Autobahnmotel aufgegriffen. Nackt, verwahrlost und paralysiert.
Das Bild einer strahlenden Schönheit wurde eingeblendet, so als reichten die dramatischen Worte des Nachrichtensprechers nicht aus, um das gesamte Ausmaß der Tragödie zu verdeutlichen. Ihr Foto wich zwei weiteren Aufnahmen. Auch hier hatte sich jemand die Mühe gemacht, besonders attraktive Bilder aus dem Familienalbum zu organisieren.
Wie die beiden späteren Opfer, Doreen Brandt, eine erfolgreiche Anwältin, und die Grundschullehrerin Katja Adesi, war auch Vanessa Strassmann äußerlich nahezu unversehrt. Nach Aussagen der behandelnden Ärzte wurde sie weder vergewaltigt noch geschlagen oder gefoltert. Dennoch war sie innerlich zerstört und seelisch gebrochen. Bis zu ihrem heutigen Todestag reagierte sie ausschließlich auf extreme Licht-und Schallreflexe und blieb ansonsten in einem wachkomaähnlichen Zustand. Die Fotos verschwanden und wurden durch die Außenansicht eines modernen Krankenhauskomplexes ersetzt.
Die Todesursache gibt den Medizinern ein zusätzliches Rätsel auf, weiterhin kann man sich nicht erklären, was mit den jungen Frauen in der Gewalt des Täters geschieht. Einen Hinweis könnten die kleinen Zettel geben, die man in den Händen aller drei Opfer fand, über deren Inhalt
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