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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition)
Autoren: Zsuzsa Bánk
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sagten wir nicht ein Wort. Ich saß hinter Éva und sah, wie sich kurz vor Hatvan ihr Nacken rot färbte, rot wie das Tuch, mit dem Éva ihr Haar hochgebunden hatte. Éva wischte sich kleine Schweißperlen von der Stirn, zupfte an ihrem Blusenkragen und fächerte sich mit einer Hand Luft zu, wenn wir anhielten, damit Éva ihre Schuhe ausziehen konnte. Auf irgendeine Weise bereitete es mir Freude, sie so zu sehen.

    Als es Nacht wurde, kamen Tiere auf die Straße. Füchse liefen uns entgegen, blieben im Licht des Scheinwerfers stehen, Éva bremste und fluchte. Isti wachte auf und griff nach meiner Hand. Mein Vater schrie und winkte, Éva hupte. Später waren es Hasen, Unmengen von Hasen, die wir im Lichtkegel gefangen hielten. Am Morgen kreisten Schafe den Wagen ein, hüllten uns in eine Wolke aus Staub, und Isti und ich fingen an, hinter vorgehaltener Hand zu lachen. Éva herrschte meinen Vater an, er solle etwas tun. Auf einem Feld entdeckte Isti den Schäfer, ein Hund jagte bellend hinter der Herde her. Als die Schafe uns freigegeben hatten, stieg Éva aus und prüfte den Wagen. Sie schimpfte über den Schäfer, sie schimpfte über die Straße, die keine sei, über die Tiere, über den ganzen gottverdammten, verlassenen Osten.

    Wir fuhren Richtung Szerencs, was soviel heißt wie Glück. Mein Vater hatte uns in der Gegend eine Bleibe bei seiner Kusine Zsófi besorgt. Éva setzte uns vor einem Gartentor ab, durch dessen grüne Farbe sich der Rost gefressen hatte. Ein paar Jungen mit nackten Füßen waren uns seit der Abzweigung vor dem Dorfschild gefolgt und starrten jetzt auf Évas Auto. Éva fuhr uns an, schaut nicht hin, es sind Zigeuner, und den Fremden rief sie zu, macht, daß ihr weiterkommt. Dabei zischte sie durch die Zähne, tsch-tsch-tsch, als würde sie eine Katze vertreiben.

    Zsófi eilte uns entgegen, sagte, mein Gott, wie ist er blaß, und strich Isti über den Kopf. Gebt ihr ihm nichts zu essen? Sie legte ihre Hände um mein Gesicht, das ist also Kata, was ist sie gewachsen. In der Küche schrie ein Kind in seinem Gitterbett und trommelte gegen den bemalten Putz. Auf dem Herd kochte etwas in einem großen Topf, der Deckel tanzte. Jenő, Zsófis Sohn, trat auf uns zu und verschwand wieder hinter einem Vorhang aus Plastikstreifen, der in der Tür flatterte, um die Fliegen fernzuhalten. Jenő trug Gummistiefel, mit denen er kniehoch im Schlamm gestanden hatte. Eine blasse Narbe verband seinen Mund mit seiner Nase. Seine Haut war weiß und übersät mit kleinen schwarzen Kratern. Im Hof bellte ein Hund, der sich beißend und schnappend drehte und dabei seine Kette um sich wickelte.
    Geht nicht in seine Nähe, warnte Zsófi und goß meinem Vater aus der Flasche mit dem Selbstgebrannten in ein kleines Glas. Mein Vater sagte, auf unsere Gesundheit, und leerte es in einem Zug. Zsófi hatte nur wenige Zähne. Es fiel mir schwer, sie zu verstehen. Auf ihrem Hals wackelte ein dicker Kropf, den man später wegschnitt, rechtzeitig vor Évas Hochzeit. Zurück blieb ein dicker roter Strich.

    Zsófi überließ uns ein Zimmer. Von dem Bett aus, das ich mit Isti teilte, sah ich auf ein Fenster, in dem sich die Blätter eines Nußbaums spiegelten. Ich lag oft da und sah, wie sie im Wind zitterten. Nebenan spielte Jenő Klavier. Weggehen wolle er, sagte er mir, wenn wir allein waren und uns niemand hörte, vielleicht nach Pest, vielleicht weiter in Richtung Westen. Klavier spielen wolle er, sonst nichts. Was kümmere ihn der Hof, ausgerechnet ihn. Wenn Isti und ich unsere nackten Füße in den Hühnerkot stellten und dabei zusahen, wie sich unsere Zehen braun färbten, schnappte Jenő ein Huhn und steckte es in einen Eimer. Eine Weile schleuderte er den Eimer an seinem ausgestreckten Arm, zog das Huhn heraus und hielt sich den Bauch vor Lachen, wenn es vor unseren Augen versuchte weiterzulaufen. Besoffen ist es, schrie Jenő und es klang so, als wolle er uns sagen, nur er dürfe auf diesem Hof Hühner in Eimer stekken, und nur er.

    Wir wohnten außerhalb des Dorfes. Schickte man uns zum Brotholen, dauerte es, bis wir die ersten Häuser erreichten. Ein kurzes Stück der Dorfstraße war aus Asphalt, an heißen Tagen tat es weh, darauf zu gehen. Im Dorf gab es einen Hund, der Vögel jagte. Isti und ich verbrachten Tage damit, ihm dabei zuzuschauen, wie er nach Tauben schnappte und nicht eine von ihnen erwischte. Wir saßen auf dem Kirchplatz, im Schatten, den der Turm warf, sprangen hin und wieder auf und rannten dem
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