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Der schwarze Schattenjaeger

Der schwarze Schattenjaeger

Titel: Der schwarze Schattenjaeger
Autoren: Laura Sommer
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nicht losweinen zu müssen. Ellen hat ja recht. Natürlich war und ist es schwer. Es ist eine verdammt schwere Aufgabe, sich um eine todkranke Frau zu kümmern und ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Aber ich kann und will es nicht wahrhaben. Ich kann es einfach nicht! Jedes Mal, wenn dieser Gedanke in mir aufzukeimen droht, verdränge ich ihn wieder und begrabe ihn ganz tief in mir drin. Ich brauche einen Moment, bevor ich meine Augen erneut öffne und in mir der Wunsch aufkommt, mich bei ihr zu entschuldigen. Es war nicht in Ordnung von mir, diese fremde Frau so anzugehen, das weiß ich. Und doch schossen diese Worte aus mir heraus wie Giftpfeile.
„Es tut mir leid …“ Ich schließe meine Augen und atme tief durch, gehe einen Schritt beiseite und lasse beide ins Haus hinein.
„Schon gut. Wie wäre es, wenn du Ellen das Haus zeigst?“ Sophie schafft es mit ihrer herzlichen Art, die Situation zu entschärfen. Ich nicke und schließe die Tür, atme noch ein paar Mal tief ein und aus, bevor ich mir Ellen genauer ansehe. Sie ist etwas kleiner als Sophie und normal gebaut. Ihre blonden Locken hat sie zu einem Zopf gebändigt und die vielen Sommersprossen in ihrem Gesicht erinnern mich an den Sommer. Eigentlich macht sie einen freundlichen Eindruck und ich fahre sie einfach so an. Sophie nickt mir freundlich zu und geht direkt in das Zimmer meiner Mutter, während ich Ellen die Hand entgegenstrecke. Sie lächelt zurück und ergreift meine Hand. Sie fühlt sich warm an und kräftig. Ich bekomme ein gutes Gefühl, wenn ich sie berühre und bereue mein forsches Auftreten umso mehr.
„Es tut mir leid, ich wollte Sie nicht so angehen“, sage ich und schaffe es, meine Tränen zurückzuhalten. Ehe Ellen mir antworten kann, führe ich sie in die Küche.
    „Ja, also, das hier ist die Küche. Rustikal, wie meine Mutter es nennt, altbacken, aber mit dem gewissen Charme, wie ich es nenne.“ Ich lächele kurz und merke, wie Ellen mir aufmerksam an den Lippen klebt. Ist es so ungewöhnlich, dass ich auch einmal lächle? Was Sophie ihr wohl erzählt hat? Sicher, dass ich ein armes Mädchen bin, das immer nur traurig schaut. Na, kein Wunder also, dass Ellen mich so genau mustert. Ich sammle mich und zeige ihr die Kaffeemaschine, den Kühlschrank und wo Zucker, Kaffee und Tee stehen.
„Natürlich dürft ihr euch hier auch bedienen. Meine Mutter sagt immer, dass ihr Haus offen für jede gute Seele ist.“ Ich spüre eine innere Unruhe. So überrascht zu werden von einem Fremden ist mir nicht geheuer. Zugleich frage ich mich auch, was Sophie wohl gerade bei meiner Mutter macht. Worüber reden sie? Hat sie Neuigkeiten vom Arzt? Mom verheimlicht mir neuere Ergebnisse ja zu gern, aber ich finde es immer heraus, wenn sich ihre Werte verbessert oder verschlechtert haben.
Bei meiner Rundführung zeige ich Ellen noch die Abstellkammer, das Wohnzimmer und das große Badezimmer.
„Früher war es nur ein Gäste-WC, aber kurz nach dem Befund meiner Mutter haben wir es ausbauen lassen und das Wohnzimmer wurde aufgeteilt. Wir haben eine Wand hier durchgezogen, sodass Mom unten ein Schlafzimmer hat“, erkläre ich so emotionslos wie ich nur kann. Es sind Fakten, mehr nicht. Mehr darf es nicht sein.
Gemeinsam gehen wir ins Schlafzimmer meiner Mom zurück. Sophie sitzt bereits auf der Bettkante und erzählt aufgeregt vom gestrigen Abend, den sie zusammen mit Freunden verbracht hat. Es gefällt mir nicht wirklich, wenn Sophie von ihrem normalen, wunderschönen Leben erzählt. Würde ich dort liegen, könnte nicht aufstehen und wäre mir bewusst, dass ich so ein Leben nie wieder führen könnte, wie Sophie es tut, es würde mich deprimieren. Aber meine Mutter lächelt. Sie liegt da, mit geschlossenen Augen, und genießt die abenteuerlichen Schilderungen von Sophie, über Filme, reichlich Alkohol und den neuesten Klatsch aus Pemberton.
„Oh, da seid ihr ja schon wieder. Hast du Ellen alles gezeigt?“, fragt Sophie mich. Sie wischt sich eine Träne von der Wange, da sie so laut lachen musste, bis ihr die Tränen kamen. Oder gab es neue Ergebnisse? Waren sie so schlecht, dass Sophie deswegen weinte? Ich muss schlucken, versuche aber, mir nichts weiter anmerken zu lassen, da ich keine Szene machen möchte. Ich presse meine Zähne aufeinander und spüre, wie mein ganzer Körper sich verkrampft.
Ellen nickt nervös und gesellt sich zu Sophie. Mom öffnet ihre Augen und versucht, ihre Hand zu heben, doch sie zittert. Ellen legt ihre
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