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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz
Autoren: Netty
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Klettereisen, erklomm er die rissige Ziegelmauer ... schnell wie eine flüchtende Ratte, dabei immer wieder versuchend, nach hinten zu beißen; doch Svenyas Griff im Nacken der Bestie war unnachgiebig und hielt seine tödlichen Reißzähne von ihren Schenkeln und der Hüfte fern.
    »Ist das alles, was du drauf hast, Wolfie?« Svenya rutschte die Kapuze vom Kopf, und der inzwischen zunehmende Regen peitschte von oben in ihr strahlend lachendes Gesicht. Obwohl sie den Effekt inzwischen schon oft erlebt hatte, verwunderte es sie jedes Mal aufs Neue, wie das Wasser ihr zusätzliche Energie spendete ... wie es ihre Kraft mehrte. Ihre leicht mandelförmigen Augen glühten rot. »Und dich nennen sie wirklich das Monster vom Alberthafen?!«
    »Svenya, hör auf mit ihm zu spielen und mach ihn fertig.« Die tiefe männliche Stimme kam aus einem winzigen schwarzen Knopf, den Svenya in dem linken ihrer spitzen Ohren trug. »Ich brauche dich hier. Dringend!«
    »Ich werde ihn nicht töten, Hagen«, widersprach sie dem Elbengeneral. »Ich dachte, wir hätten das ein für alle Mal geklärt. Ich töte nur in Notwehr. Wir werden ihn einsperren.«
    »Denk an all die Mädchen, die er...«
    »Hüterin Ende!«, unterbrach sie ihn und deaktivierte das Ear-Set mit einem Knopfdruck. Sie wusste, dass Hagen ihr deswegen später grollen würde, aber das nahm sie in Kauf. Zu viele Nächte hatte sie hier in einer der heruntergekommensten Gegenden Dresdens den Köder gespielt und das rostige Fahrrad vor sich hergeschoben, um sich jetzt, da ihr der Mannwolf endlich in die Falle getappt war, von ihrem wohlverdienten Kampf ablenken zu lassen; zumal ihr nach Wochen drögen Trainings in den Hallen ihres unterirdischen Palastes in Elbenthal ein echter Kampf gegen einen echten Gegner fehlte. Sie rechnete damit, dass ganz besonders Hagen das verstehen würde ... wenn er erst einmal aufgehört hatte, zu grollen. Der Gedanke, dass er ihr nie wirklich lange böse sein konnte, brachte sie zum Lächeln.
    Werdet Ihr mich brauchen? , fragte Skalliklyfja, ihr Schwert, und Svenya konnte hören, wie in der Frage Hoffnung mitschwang.
    Nein, antwortete Svenya mental. Sie fühlte die Enttäuschung der magischen Klinge und konnte sie zu einem kleinen Teil sogar verstehen. Skalliklyfja war seit dem Kampf gegen Laurin, den Schwarzen Prinzen der Dunkelelben, nicht mehr zum Einsatz gekommen. Aber was Svenya zu Hagen gesagt hatte, galt auch für ihr Schwert: So viel Freude sie mittlerweile bei einem guten Kampf auch empfand, sie würde nur in äußerster Notwehr töten - erst und ausschließlich, wenn es gar keinen anderen Ausweg mehr gab.
    Nichtsdestotrotz hatte Hagen recht: Auch wenn der Mannwolf kein wirklich gefährlicher Gegner für sie war, war er doch ein brutaler und grausamer Killer. Er hatte in den Jahren, die er hier nun schon sein Unwesen trieb, Dutzende unschuldiger Leben auf dem Gewissen ... die Leben obdachloser und verlorener Mädchen ... Mädchen, deren Schicksal Svenya, die ebenfalls jahrelang auf der Straße gelebt hatte, nur allzu gut nachvollziehen konnte ... und die sie zutiefst betrauerte, auch wenn es vielleicht sonst keiner tat. Dafür musste er mit mehr bezahlen als mit lebenslänglichem Kerker. Svenya wollte, dass er sich zuvor wenigstens einmal ebenso hilf- und wehrlos fühlte wie seine früheren Opfer ... dass er den Schmerz erfuhr, den er bereitet hatte ... den Schmerz, aber vor allem die Angst.
    »Nicht weniger, als du verdienst«, zischte sie zwischen ihren Reißzähnen hindurch in das haarige Ohr der Kreatur, die jetzt das flache Dach der Fabrik mit einem Sprung über die Balustrade erreichte.
    Svenya benutzte die Hand in seinem Nacken als Hebel, machte einen Salto vorwärts mit einer halben Drehung und landete sicher
    mit weit gespreizten Füßen vor ihm, während sie ihn mit einem bösartigen Grinsen anschaute.
    Dies war der Moment, in dem der Himmel seinen Zorn entfesselte. Blitze schossen überall um die zwei Albtraumkrieger herum herunter ... wie die Finger eines gierigen Gottes.
    Der Wind traf Svenyas Gesicht mit der Kraft des Atems eines Drachen.
    »Nun zeig, was du drauf hast«, rief Svenya über den Donner hinweg. Sie hoffte so sehr, dass der Mannwolf sich nicht ergeben, sondern angreifen würde ... und er tat es.
    Sein Gebrüll war eine ungeschliffene Mischung aus Zorn und Verzweiflung. Er stürzte sich in einem weiten Bogen auf sie - seine langen Klauen nach ihrem Hals ausgestreckt.
    Aber sogar noch schneller, als er auf sie
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