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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz
Autoren: Netty
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begegnet war. Die erste der Schlaufen wickelte sie um die beiden Handgelenke des Mannwolfes und zog sie eng zu. Mit der zweiten fesselte sie seine Füße. Sie bedachte das Ungeheuer mit keinem weiteren Blick, als sie das Ear-Set wieder aktivierte und kommunizierte: »Das Paket ist verschnürt und zur Abholung bereit.«
    Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, kam aus dem vom Regen aufgewirbelten Nebel ein großer schwarz glänzender Transporter gefahren und hielt neben Svenya an. Die Seitentür wurde aufgeschoben, und heraus sprang Hagens Tochter Yrr, die Kommandantin von Svenyas Leibgarde und Sicherheitschefin ihres Palastes - ihre rechte Hand und Stellvertreterin. Die weißblonde Elbenkriegerin trug wie fast immer ihre volle Rüstung. Von der Seite ihres Gurtes hing die von König Alberich geschmiedete magische Klinge SaPSimlir, die Svenya ihr zum Geschenk gemacht hatte in jener Nacht, in der sie ihr Schicksal als Hüterin Midgards annahm.
    Yrr ging ehrerbietig vor Svenya auf die Knie.
    Svenya verdrehte die Augen. »Wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass du mit dem Quatsch aufhören sollst?« Sie fasste Yrr bei den Schultern und zog sie zurück auf die Füße.
    »Das ist kein Quatsch«, widersprach Yrr. »Das ist Etiquette und Tradition. Euer Status ... äh, ich meine dein Status und meine Position verlangen das.«
    »Dein Status, meine Position«, äffte Svenya sie nach. »Wir sind Freundinnen, und Freundinnen knien nicht voreinander. Muss ich dafür extra noch einen schriftlichen Befehl oder so was verfassen?«
    »Das wäre der korrekte Weg«, erwiderte Yrr.
    »Du hörst dich wirklich manchmal an wie Raik oder wie dein Vater«, seufzte Svenya. Sie vergaß nur zu gerne, dass Yrr einige Hundert Jahre älter war als sie und bestimmte Dinge deshalb ziemlich fest in ihr verankert waren.
    »Apropos Vater«, sagte Yrr. »Er sagt, du sollst dich umgehend in Elbenthal melden. Es ist...«
    »Dringend«, vollendete Svenya ihren Satz. »Ja, das sagte er bereits.«
    »Und er meinte es so«, schnarrte Hagens tiefe Stimme aus dem Ear-Set. Er klang noch ernster als sonst. »Bitte beeil dich.«
    Svenya horchte auf. Wenn er bitte sagte, musste es wirklich sehr eilig sein.
    »Wir haben das hier im Griff«, versicherte Yrr und deutete auf den gefesselten Mannwolf. Auf ihr Zeichen kletterten nun auch Liff und Reyja aus dem Transporter - Yrrs treuste Kriegerinnen. Sie packten den Mannwolf, so als wöge er nicht mehr als ein Federbett, und trugen ihn in den Laderaum des Wagens.
    »Gut«, sagte Svenya und nahm mental Verbindung zu Hurdh auf, ihrem Palastportal, das ihr dank Alberichs Magie ermöglichte, sich innerhalb der Festung, aber auch von der Festung an die Oberfläche und umgekehrt körperlos zu transportieren.
    Einen Wimpernschlag später stand sie im Thronsaal von Elbenthal.
     

3
Aarhain
    Lau’Ley hatte sich hinter einer Säule verborgen und beobachtete wie so oft in letzter Zeit heimlich Laurin, der einsam auf einer der Zinnen der Brüstung seiner unterirdischen Festung stand und düster in die weite Leere der riesigen Höhle starrte, die sich von hier, unter dem Fichtelberg im Erzgebirge, über verschlungene Tunnel und Hallen bis hoch nach Dresden erstreckte. Seit seiner Niederlage gegen die Hüterin Midgards war der Schwarze Prinz noch verschlossener als sonst. Auch ihr gegenüber. Nicht ein Wort des Dankes war über seine heute nur noch selten lächelnden Lippen gekommen dafür, dass Lau’Ley wochenlang, Tag und Nacht, an seinem Lager gewacht und ihn mit ihrer Heilkunst gesund gepflegt hatte. Auch berührt hatte er sie seitdem nicht mehr - geschweige denn mit ihr geschlafen -, und sie fühlte eine reißende Leere in sich. Sie fühlte sich ausgeschlossen und um all die Jahrhunderte betrogen, die sie ihm nun schon treu zur Seite stand ... nun ja, mehr oder weniger treu.
    Lau’Ley wusste, wem sie das alles zu verdanken hatte: Sven’Ya Svartr’Alp, der Hüterin Midgards ... der Mörderin des Leviathans Grynd’Nirr, des letzten ihrer unheiligen Kinder. Die Frau, von der niemand wusste, wer sie war und woher sie kam ... bis auf Laurin. Er schien ihr Geheimnis zu kennen - aber er verriet es nicht. Nicht einmal ihr. Doch Lau’Ley musste es erfahren. Wenn sie sie töten wollte - und das hatte sie geschworen, obwohl Laurin verboten hatte, ihr auch nur ein Haar zu krümmen -, musste sie wissen, mit wem sie es zu tun hatte. Auch wenn das bedeutete, dass sie damit die einzige Chance vernichtete, jemals wieder nach Hause,
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