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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst
Autoren: Eric Walz
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zwar gleich.«
    Der Brief wurde geschrieben, auf Pergament. Sicherlich hätte es de Soto später als seinen alleinigen Verdienst verkauft, dass ein schwerer Ermittlungsfehler aufgedeckt worden war, aber so weit kam es erst gar nicht. Magister Duré ging es um einen einzigen Satz: Das Gift befand sich im Wasserbecher auf dem Lesepult. Kaum dass Luis de Soto diesen Satz geschrieben hatte, hatte er seinen letzten Atemzug getan, denn Duré erschlug ihn mit einem schweren Gegenstand, vielleicht einem Schürhaken. Ein gezielter Nackenschlag - und de Soto sank mit gebrochenem Genick zusammen. Duré band ihm eine Schlinge um den Hals, warf das Seil über den Deckenbalken und brachte es unter Einsatz aller Kraft fertig, dass der Leichnam ein oder zwei Handbreit über dem Zimmerboden schwebte. Dann brauchte er nur noch den Rest des Briefes zu entfernen, eine passende Bibelstelle aufzuschlagen und alles wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.

    Dabei war unwichtig, ob Duré wirklich vorgehabt hatte, einen Selbstmord zu fingieren, um die Untersuchung zum Abschluss zu bringen, oder ob er einfach nur eine weitere falsche und verwirrende Spur legen wollte, so wie mit dem Pflanzenbuch und der Erwähnung des unbekannten Mädchens. Sein Hauptgrund für den Mord dürfte ohnehin ein anderer gewesen sein, denn durch Johannes’ Tod war das Coimbra-Komplott zwar gestört, nicht aber ein für alle Mal verhindert worden. Erst der Tod von Luis würde es zum Einsturz bringen.
    »Ein Komplott hat es nicht gegeben«, sagte Carissimi, der, von Duré kommend, sich zu Forli und Angelo gesellte.
    »Was heißt das?«, fragte Forli. »Wieso hat es kein Komplott gegeben?«
    Carissimi sah ihn und Angelo durchdringend an, und man verstand: Es gab zwar ein Komplott, aber es durfte keines geben, und deswegen gab es auch keines.
    »Aha«, sagte Forli, »also wird Duré ein Geständnis ablegen, aber das Motiv für sich behalten.«
    »Nein, er wird kein Geständnis ablegen. Keines jedenfalls, das jemand als solches verstehen wird, außer uns.«
    »Carissimi, Ihr quatscht schon wieder wie ein Jesuit. Blablabla. Nun redet doch endlich mal wie ein normaler Mensch. Wenn Ihr etwas sagen wollt, dann sagt es .«
    »Er will es nicht sagen, Hauptmann, das ist es ja«, meinte Angelo. »Ich denke, er will uns schützen.«
    Schützen? Wovor? Forli blickte zwischen Carissimi und Angelo hin und her. Da hatten sich ja wirklich zwei gefunden … »Wir können Duré weder die Morde an de Soto noch an Giovanna nachweisen, und wenn Duré kein Geständnis ablegt, wir aber andererseits das Coimbra-Komplott verschweigen, haben wir, auch was den Mord an Johannes angeht, wenig gegen ihn in der Hand. Carissimi, Ihr habt doch nicht etwa vor, einen dreifachen Mörder laufen zu lassen?«

    »Das habe ich in der Tat nicht vor, Hauptmann. Wir sitzen hier noch eine kleine Weile zusammen - und dann gehen wir zu Duré, um ihn abzuführen.«
    Nun kapierte Forli gar nichts mehr, bis Angelo sagte: »Aber es wird nicht dazu kommen. Magister Duré wird einen Weg finden …«
    Forli stand plötzlich auf. Er hatte schon eine Menge in seinem Leben getan, worauf er nicht stolz war, aber einem Mörder hatte er noch nie erlaubt, sich selbst zu richten.
    Er sah Carissimi an. Die meisten Leute, die er kannte, hatten entweder überhaupt keine Standpunkte und Grundsätze, oder ihre Standpunkte und Grundsätze waren festgefügt wie gepflasterte Straßen, auf denen sie tagein und tagaus spazieren gingen. Was er an Sandro Carissimi schätzte - und womit er ihn gleichzeitig aufzog -, war der Mut zur Schwäche, zum Irrtum und zur Suche. Wenn Carissimi einem Mörder erlaubte, sich selbst zu richten, würde er seine guten Gründe haben. Und trotzdem drehte sich Forli der Magen um, wenn er daran dachte, dass Giovannas Mörder nie für seine Tat angeklagt werden würde.
    »Heißt das, offiziell wird de Soto als Täter gelten?«
    Carissimi nickte.
    »Und Duré?«
    Carissimi antwortete nicht.
    »Ein Herzanfall also? Ein natürlicher Tod?«
    Carissimi nickte.
    »Verstehe ich das richtig: Außer uns dreien erfährt keiner, dass Duré der Täter war, und mit de Sotos angeblichem Selbstmord ist der Fall abgeschlossen?«
    Carissimi nickte.
    »Der Gedanke, Ihr rächt Euch an Luis de Soto, indem Ihr ihm posthum den guten Ruf raubt, liegt nicht fern, Carissimi.«
    Carissimi stand auf. »Wenn Ihr das glaubt, Forli …« Er
sprach den Satz nicht zu Ende, und sie standen sich einen Moment schweigend gegenüber.
    Forli sagte:
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