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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst
Autoren: Eric Walz
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geben, wenn dieser niemandem etwas davon erzähle, und Johannes hatte keinen Grund, deswegen argwöhnisch zu werden. Er schluckte die vermeintliche Medizin. Doch er war nicht der Mensch, der eine Bevorzugung für sich behielt - immerhin prahlte er ja auch mit seiner Seelenverwandtschaft zu Luis de Soto, wie Bruder Birnbaum berichtet hatte. Als während der Messe der Durchfall wieder einsetzte und er die Kapelle eilig verließ und auf die Latrine des Collegiums rannte, musste er die Küche durchqueren, wo zu diesem Zeitpunkt Giovanna kochte. Auf dem Rückweg von der Latrine, als er es nicht mehr so eilig hatte, hatte sich zwischen den beiden vermutlich eine kurze Unterhaltung entwickelt. Vielleicht mokierte Giovanna sich über seinen Durchfall,
machte eine Bemerkung, empfahl ein Gegenmittel … Und bei dieser Gelegenheit erwähnte Johannes Durés Medizin, die ihm jedoch nicht geholfen hatte.
    »Nicht geholfen«, sagte Sandro, und zum ersten Mal während des Gesprächs klang seine Stimme anklagend, und sein Blick brandmarkte den Täter. »Das waren Giovannas letzte Worte gewesen. Hauptmann Forli, Angelo und ich überlegten, was sie damit gemeint haben könnte, aber erst jetzt, wo alles Übrige ein Bild ergibt, lässt sich dieses fehlende Teil ergänzen. Der armen Giovanna muss irgendwann in der dem Mord an Johannes folgenden Nacht ein Verdacht gekommen sein, den sie mir unbedingt mitteilen wollte. Aus einem albernen, formalen Grund wurde sie von Königsteiner daran gehindert, und diesem Streit, der im ganzen Haus zu hören gewesen war, habt Ihr es zu verdanken, dass Ihr gewarnt wurdet. Auch Euch war am Vortag nicht entgangen, dass Johannes urplötzlich aus der Kapelle gelaufen war, dass sein Durchfall sich nicht besserte und er, um auf die Latrine zu gelangen, an Giovanna vorbeigekommen war … Und dann wollte sie mir dringend etwas mitteilen. War es Angst, Vorsicht oder eine Ahnung, die Euch handeln ließ? Ihr seid bei nächster Gelegenheit in die Küche geschlichen und habt dort die Gelegenheit ergriffen, Giovanna auf unsagbar grausame Weise zu töten.«
    Sandro hatte genug von diesem Gespräch, ihm kam die Galle hoch, wenn er Duré nur ansah …
    »Ob Ihr mit dieser Kette von Indizien vor einem Richter durchkommt, ist zweifelhaft«, stellte Duré fest.
    »Wenn es sein muss, werde ich es darauf ankommen lassen«, sagte Sandro. »Aber dann, das macht Euch bitte klar, wird auch der Ehrwürdige mit dem konfrontiert, was ich herausgefunden habe. Mit allem .«
    Duré wirkte betroffen. »Nein, das … das dürft Ihr nicht. So ein Prozess wäre … fatal. Der Ehrwürdige … er ist …«

    »Ich weiß«, sagte Sandro erstaunlich freundlich, »dass Ihr das, was Ihr getan habt, für Loyola tatet. Ich habe selbst gesehen, wie Ihr um sein Leben gekämpft habt, und ich weiß, wie sehr Ihr ihn verehrt, und sehe, wie Ihr ihn betrachtet … Ihr liebt diesen Mann wie einen Vater.«
    Duré brach in Tränen aus, sein Gesicht verzerrte sich, sein Kopf sank auf den Tisch.
    »Er ist ein Heiliger, ein Heiliger …« Er wiederholte es wieder und wieder und weinte. Dann sah er Sandro mit tränenfeuchten Augen an. »Man wollte sein Lebenswerk zerstören, den Orden zerschlagen. Das hätte ihn umgebracht. Wenn der Ehrwürdige eines Tages stirbt, dann soll er es in dem Bewusstsein tun, der Welt etwas Wertvolles hinterlassen zu haben.« Er schluckte, seine Lider schlossen sich. »Eigentlich habe ich es nicht tun wollen - den Jungen vergiften - der Gedanke war mir gekommen - ich habe ihn verworfen, mich getadelt - dann ging ich spazieren - das war am Tag davor - südlich der Stadtmauer - am Tiber spazieren - da sah ich diese Pflanze, die dort eigentlich nicht hingehört, die feuchte Auwälder bevorzugt - Poleiminze - ich erkannte sie sofort - und es kam mir vor wie ein Zeichen - ein Befehl - da habe ich dann - Carissimi, wenn der Ehrwürdige davon erfährt - schrecklich. Dann wäre alles umsonst gewesen.«
    »Ich sehe keinen Weg, ihm die Wahrheit zu ersparen. Die Wahrheit, die ihn umbringt. Denn ein Mörder gehört bestraft.«
    Sandro kippte langsam den Wein aus dem Becher in den Krug zurück. Duré runzelte die Stirn. Sein Blick ging zu Sandro, zum Weinkrug, zu Sandro, wieder zum Weinkrug …
    »Und wenn ich …«, begann Duré seine Frage.
    Sandro unterbrach ihn. »Ich werde jetzt gehen, Magister Duré. Ihr dürft in Ruhe Eure Sachen packen. Ich komme erst in einer Stunde wieder.«
    »In einer Stunde?«

    »Ist das Zeit genug?«
    Duré nickte.
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