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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beifällig.
    »Bravo! Sie fahren hervorragend, Herr Sha.«
    »Danke, Sir.«
    Sie erreichten die Straße, die hinaus nach Shi Lin, dem Steinwald, führte, kamen in der Vorstadt von Kunming an einigen Lokalen vorbei, aber Sha hielt nicht an, sondern brauste daran vorbei. Evans legte Kewei die Hand auf die Schulter.
    »Denken Sie an das Frühstück?«
    »Wir haben umdisponiert. Wir werden im Hotel am Eingang zum Steinwald essen.«
    Evans seufzte. »Bis dahin bin ich tot!« sagte er mit gespielter Verzweiflung.
    »Bis dahin nicht. Mit dem Sterben dauert es noch ein Weilchen.« Kewei Tuo drehte sich wieder zu Evans um. »Eines kann ich Ihnen, solange Sie leben, garantieren: Verhungern werden Sie nicht.«
    Auch diesen Doppelsinn erkannte Evans nicht. Er dachte nur: Das ist eine eigenwillige Gastfreundschaft. Ein staatliches Reisebüro wie die CITS sollte sich bemühen, einem Gast jegliche Annehmlichkeiten zu bieten, zu denen auch ein gutes Frühstück gehört. Und außerdem bin ich vom 3. Maschinenbau-Ministerium eingeladen, das alles bezahlt! Sollte ich etwas energischer werden?
    Nein! Du bist in einem fremden Land! Du hast mit Menschen zu tun, die eine andere Mentalität haben als du. Sie denken anders, sie handeln anders, sie sind immer für Überraschungen gut … also halt den Mund, Timothy! Im Restaurant des Hotels kannst du dann deinen Ärger hinunterspülen. Aber am Abend, beim Abschied, bekommen die beiden keinen Yuan Trinkgeld!
    Sha war wirklich ein guter Fahrer; schon nach zweieinhalb Stunden erreichten sie den Eingang zum Steinwald, vorbei an einem See, der von bizarren Felssäulen umgeben war. Kewei Tuo und Evans stiegen aus. Auf der Straße vor der Einfahrt in den Naturpark standen in einer langen Reihe überdachte Verkaufsstände, in denen von aus Holz geschnitzten Schildkröten – als Symbol langen Lebens – bis zu handgewebten, prachtvollen Wandbehängen, vom bunt bedruckten T-Shirt bis zu herrlichen Jadefiguren oder kleinen Kunstwerken aus Marmor alles angeboten wurde, was Touristen als Andenken mitnehmen. Evans nahm die Kamera und fotografierte das bunte Treiben.
    Kewei Tuo machte Sha Zhenxing ein heimliches Zeichen. Sha, der noch im Wagen saß, fuhr an und stellte den Santana in den Schatten einer Mauer. Hier saßen die Händler, die sich keinen eigenen Stand leisten konnten, meist alte Frauen oder junge Mütter, neben sich die in bunte Tücher gewickelten Säuglinge. Und auch hier scharten sich die Touristen um sie.
    Kewei Tuo konnte nicht verhindern, daß Evans auch ihn fotografierte, und er hielt ihn auch nicht davon ab. Evans wußte ja nicht, daß es von Kewei Tuo bisher kein Foto gab – und es würde auch keines geben … der Film, den Evans jetzt verknipste, würde nie entwickelt werden.
    »Jetzt aber ran an das Frühstück.« Evans blickte fröhlich auf seine Uhr. Halb elf. So spät hatte er noch nie gefrühstückt.
    Sie betraten die Straße zum Hotel, aber Kewei schwenkte nicht ab, sondern kaufte die Eintrittskarten für den Steinwald. Evans blieb abrupt stehen. Er ärgerte sich. Nein! Nicht mit mir! Jetzt will ich erst frühstücken, und dann wird ein kühles Bier gezischt. Bier! Gott, laß Bier regnen! Meine Kehle brennt. Mich werden keine zehn Pferde daran hindern, mich jetzt an einen gedeckten Tisch zu setzen …
    Aber Kewei war plötzlich von einer seltsamen Ungeduld. Vor dem Hotel stand eine große Reisegruppe aus Österreich und hörte den Erklärungen ihres Reiseleiters zu, eine Gruppe Amerikaner wartete auf ihren Dolmetscher, der an der Eintrittskasse einen Streit angefangen hatte. Kewei jedenfalls schob sich an den Streitenden vorbei zur Kasse und löste die Karten.
    »Gehen wir!« sagte er, als er zu Evans zurückkam.
    »Erst ins Hotel!«
    In die Auffahrt bogen zwei große Busse ein. Das alltägliche Leben im Steinwald … Menschen, Reisegruppen, ein kleines Heer von Touristen. Zuviel für Kewei – er konnte sie jetzt nicht brauchen.
    »Im Steinwald haben wir ein sehr gutes Restaurant«, sagte er überzeugend. Es gab aber nur ein paar Erfrischungsstände mit bunt geschmückten Reiteseln, die man für einen kurzen Rundritt auf dem Platz mieten konnte. Auch einige Kamele standen dort und – eine Attraktion – vier Zebras. Es waren keine echten Zebras, sondern kleine Pferdchen, die von findigen Bauern weiß und mit schwarzen Streifen bemalt waren. Auf den Fotos – viele Touristen ließen sich auf den ›Zebras‹ fotografieren – sah man das nicht. Und niemand fragte danach,
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