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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger
Autoren: William Napier
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Hunnenkrieger, einer der acht Auserwählten

 
    Für Iona

Prolog
    Dreißig Jahre waren vergangen, seit der kleine Hunnenknabe, Prinz Attila, in die Verbannung geschickt worden war. Niemand weiß, was ihm während des Exils in den unermesslichen Weiten Skythiens widerfuhr, als nur sein treuer griechischer Sklave Orestes bei ihm war. Doch man kann es sich gut vorstellen. Denn die Schriften warnen uns vor Männern, die geboren werden, wenn die Funken aufwärtsfliegen. Und große Männer bringen auch großes Leid.
    In dieser Chronik werde ich, Priscus von Panium, von Attilas unseliger Rückkehr in die Heimat seines Hunnenvolks berichten. Wie Attila aus der unheimlichen Wildnis zurückkehrte, wie er sich auf blutige Weise selbst zum König krönte und wie er alle Stämme seines eigenen Volks und befreundeter Völker zu einer großen Armee versammelte. Einer Armee, die Angst und Schrecken verbreitete und sein einziges Verlangen stillen sollte: Rache am Römischen Reich zu nehmen, dem verhassten Imperium, das ihm seine Kindheit verleidet und die Jugend genommen hatte. Und das sein Volk während der langen Jahre des Exils erniedrigt hatte. Nun war alles vorbereitet für den akribisch geplanten, apokalyptischen Rachefeldzug.
    Hier beginnt unsere Geschichte.

Erster Teil
Das Wiedererscheinen des Königs

1.
Der schwarze Reiter
    In den Steppen Skythiens, im Herbst Anno Domini 441
    Der alte Hunnenkrieger brachte sein Pferd zum Stehen und blickte angestrengt nach Osten. Noch immer sah er den seltsamen Reiter in der Ferne. Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hatte der Fremde dort in der glühenden Sonne und unter dem eisigen Mond verbracht und sich kaum von der Stelle bewegt. Er schien nicht von dieser Welt.
    Den alten Krieger überlief es kalt.
    Es war der Monat der Stürme, und der Himmel färbte sich dunkel vor Erwartung. Der Wind fegte durch das braune, vertrocknete Federgras der Steppe, das die sechs Monate andauernde unerbittliche Sommerhitze versengt hatte. In den ausgedörrten Flussbetten wurde der Staub in Spiralen aufgewirbelt. Graue Wolken trieben rastlos über den Himmel. Die Pferde wieherten nervös und versuchten auszubrechen, und die Hunde legten die Ohren an und winselten leise unter den abgedeckten Wagen.
    Es war ein Tag des Wartens und der aufgestauten Energie. Und hinter den Vorhängen der Welt erwachten die Geister zum Leben und heckten neue Unbill aus, mit der sie den Menschen – die sie nur bewundern und verehren, niemals aber verstehen konnten – auf ein Neues ihre grenzenlose Macht und Verspieltheit demonstrieren würden.
    Einige behaupteten später, sie hätten urplötzlich einen Blitz über den Himmel zucken sehen, ganz ohne Donner.Andere glaubten, es sei der Schatten eines riesigen Adlers am Grabhügel drüben in der Ebene gewesen.
    Der fremde Reiter saß auf seinem gedrungenen, scheckigen Hengst in der Nähe des länglichen Grabhügels von Mundschuk, der seit mehr als dreißig Jahren tot war. In den Stammesgesängen hieß es, der Bruder König Rugas sei nicht gestorben, vielmehr habe ihn ein riesiger Adler, kein anderer als Astur, der Göttervater, entführt. Mundschuk, im Zenit des Lebens stehend, sei zusammen mit zahlreichen Opfertieren sowie seinen schönsten Frauen und Sklavinnen in den Ewigen Blauen Himmel gebracht worden, wo er nun bis zum Ende aller Tage siegreich kämpfe und Feste feiere. Die Pforten des Todes durchschritt Mundschuk im Gegensatz zu allen Sterblichen dagegen niemals.
    Nach einer Weile war König Ruga es jedoch leid, wenn seine Leute ständig Mundschuks Loblied sangen, und verbot die Erinnerung an seinen Bruder. Und tatsächlich kennen heute nur noch wenige Stammesangehörige seinen Namen. Drei Jahrzehnte waren eine lange Zeit; eine Frau galt schon mit zwanzig Jahren als alt.
    Der Hunnenkrieger blickte erneut hinüber zu dem Grabhügel. Obwohl seine alten, wässrigen Augen, mit denen er gegen den trockenen Steppenwind anblinzelte, den seltsamen Reiter nur undeutlich erkennen konnten, jagte ihm dessen reglose, aber umso kraftvollere Gestalt einen Schauder über den Rücken. Früher einmal hätte er ohne zu zögern seinem Pferd die Sporen gegeben und wäre auf den Eindringling zugaloppiert. Er hätte einen Pfeil aus dem Köcher gezogen und ihn noch im Reiten abgeschossen.
    Wer war dieses einsame Gespenst aus den Steppen, das sein Pferd ausgerechnet auf dem Grabhügel eines Königs zum Stehen brachte, ohne um Erlaubnis zu bitten?
    Chanat zögerte, die kräftige Bogensehne zu
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