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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor
Autoren: Michael Moorcock
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Raum war es still, bis Josephine Ryan fragte:
    »Was ist los?«
    Onkel Sidney starrte weiter wortlos auf die Straße.
    Isabel Ryan holte tief Atem, dann ging sie festen Schrittes zum Fenster. Ryan sah ihr nach.
    Sie gab sich einen Ruck, warf einen Blick auf die Straße und trat sofort wieder zurück. »Es ist zu schrecklich, das ist wirklich zu schrecklich.«
    Onkel Sidneys Gesicht war hart. Er schaute weiter zu.
    Die Menge hatte einen jungen Mann von etwa zwanzig Jahren gefangen. Jemand aus dem Nachbarhaus. Sie hatten ihn an eine alte Holztür gebunden, die Tür an einen Stahlmast gelehnt und den Mann und die Tür mit Benzin übergossen und angezündet. Der junge Mann wand sich und brüllte, als die Flammen ihn erreichten. Die Menge drängte sich um das Schauspiel, und die Hintenstehenden drückten die Nächststehenden zeitweilig bis fast ins Feuer. Die flackernden Fackeln und das Feuer, in dem der Mann verbrannte, zeigten, daß es sich hauptsächlich um Männer zwischen dreißig und vierzig Jahren handelte. Die wenigen Frauen waren jünger. Alle trugen sie Schwarz und lange Kleider.
    Eine junge Frau mit gewelltem langen Haar schrie: »Brenn, Fremder, brenn!« Die Männer um sie herum nahmen den Ruf auf. »Brenn, brenn, brenn, brenn!« Der junge Mann in den Flammen bäumte sich ein letztes Mal verzweifelt auf und war dann still. Als er aufhörte zu schreien, wurde die Menge ruhig. Offensichtlich waren alle erschöpft. Sie saßen oder standen herum, atmeten heftig und wischten sich den Schweiß von der Stirn.
     
    Onkel Sidney betätigte den Schalter für die Rolläden. Die Läden fuhren herab und schlossen die Fackeln, das Feuer und die Men ge aus. Er ließ sich in seinen Sessel fallen. Im Zimmer konnte man noch das Prasseln des Feuers hören.
    Isabel Ryan nahm die Hand von ihren Augen, ging in die Küche zum Spülbecken. Man hörte das Wasser laufen, hörte sie trinken.
    Onkel Sidney saß in seinem Stuhl und starrte auf den Boden. »Warum hast du bloß die Rolläden geöffnet?« fragte James Henry.
    Onkel Sidney zuckte mit den Schultern und starrte weiter auf den Boden.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«
    »Was macht das schon für einen Unterschied?« sagte Onkel Sidney.
    »Du hattest kein Recht, uns dem auszusetzen, vor allem die Frauen«, sagte James Henry.
    Onkel Sidney schaute mit Tränen in den Augen auf. Seine Stim me war heiser. »Es ist halt passiert.«
    »Wir wollen nichts damit zu tun haben. Das ist noch nicht ein mal deine Wohnung. Es waren Josephines Fenster, deren Läden offen standen, als das da unten passierte. Sie wird zur Rechenschaft gezogen.«
    Onkel Sidney sagte nach einer kurzen Pause: »Alles, was ich weiß, ist, daß es passiert ist und daß es hier passiert ist.«
    »Ein entsetzlicher Anblick, ohne Zweifel«, sagte Henry. »Aber trotzdem haben die Patrioten einige richtige Ideen, selbst wenn sie sie nicht immer auf die rechte Art verwirklichen. Übrigens, es soll Leute geben, denen es Spaß macht, sich solche Sachen anzusehen. Sie weiden sich geradezu daran.«
    Onkel Sidneys Augen verrieten blankes Erstaunen. »Sie tun was?«
    »Warum hast du es dir denn angeschaut?«
    »Ich wollte es gar nicht sehen …«
    »Das sagst du …«
    Masterson erschien in der Tür und sagte: »Tracy schläft endlich, was war los?«
    »Die Patrioten, nicht wahr?«
    Ryan nickte. »Sie haben gerade unten auf der Straße einen Mann verbrannt.«
    Masterson runzelte die Stirn. »Verdammte Idioten. Wenn sie damit aufräumen wollen, gibt es genug legale Wege dafür.«
    »Richtig«, sagte Henry, »dazu brauchen sie nicht das Gesetz in ihre eigenen Hände zu nehmen. Was mich stört ist die seltsame Furcht vor dem Weltraum.«
    »Ja«, sagte Masterson, »und dabei hat man ihnen tausendmal versichert, daß es keine fremden Wesen im All gibt. Man hat ihnen die verschiedensten Beweise erbracht, und sie glauben immer noch an einen Angriff aus dem Weltraum.«
    »Etwas Wahres könnte doch daran sein«, sagte schüchtern Janet. »Kein Rauch ohne Feuer.«
    Die drei Männer schauten sie an. »Möglich«, gab Masterson zu, »aber ziemlich unwahrscheinlich.«
    Frau Ryan kam mit dem Teewagen. Und sie begannen, Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. »Trinkt ihn, solange er heiß ist.« Frau Ryans Stimme klang spitz. Isabel Ryan zuckte zusammen und sagte: »Nein danke, Josephine, für mich bitte nichts. Ich mag jetzt nichts.«
    Josephines Mundwinkel senkten sich.
    »Isabel ist es nicht ganz gut«, sagte ihr Mann John wie zur
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