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Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom
Autoren: Christopher Pike
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er mir irgendwie etwas hätte anhaben können. Ich hätte ihm im unterirdischen Raum entgegentreten können und hätte ihn besiegt. Aber so ein Duell hätte keiner von euch überlebt.«
    »Warum hast du dann nicht wenigstens den Priester gerettet?« fragte Carl.
    »Warum sollte ich denn?« erwiderte Cessy unschuldig.
    »Hast du wirklich Mark Sanders umgebracht?« fragte Tracie empört und scheute sich nicht, diese Empörung auch zu zeigen.
    »Ich habe Tausende umgebracht«, sagte Cessy. »Ihre Namen haben mir nie etwas bedeutet.« Sie schaute zum Schrein, und man merkte ihrer Stimme den leisen Wunsch nach Verständnis an. »Ich brauche Opfer, um hierzubleiben. Wo ich herkomme – es ist nicht gerade das, was ihr einen angenehmen Ort nennen würdet.«
    »Wieso die Farce mit der Schnitzeljagd?« wollte Carl wissen.
    »Das war Daveys Idee«, erwiderte Cessy. »Er meinte, sie würde euch nach und nach das Fürchten lehren und so seinen Bedarf an Spannung decken. Mittlerweile begreife ich allerdings, daß er die Schnitzeljagd benutzt hat, um Extraopfer nach Valta zu bringen, mehr als er brauchte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Er hatte Spaß an Quälereien. Das war ein Hobby von ihm.«
    Tracie zog eine Handvoll Zeitungsausschnitte aus ihrer Gesäßtasche. »Ist das auch das, worum es bei all diesen Morden ging?«
    »Ja«, antwortete Cessy. »Wenn wir für einen Zweck opfern, geschieht das immer in Valta und nur einmal im Jahr.«
    »Aber trotz all dieser Opferungen«, warf Carl ein, »geht euch doch wohl schlußendlich die Zeit aus.«
    »Das stimmt«, gab Cessy zu.
    »Was hast du denn für Hobbys?« wollte Tracie wissen.
    Wieder lächelte Cessy. »Da hat es viele und unterschiedliche gegeben. Ich bin in eurer Geschichte auch unter einer ganzen Reihe von Namen bekannt.«
    »In der jüngeren Geschichte?« fragte Carl.
    Cessys Lächeln verschwand. »Nein.«
    »Warum hast du uns geholfen, Cessy?« fragte Carl.
    »Das frage ich mich auch«, gab sie zurück. Sie drehte sich um und hob eine der kleinen, roten Schalen auf, auf der eine Kerze brannte. Nach allem, was sie mit angesehen hatten, hätten sie vermuten können, daß die Flamme eine besondere Bedrohung für sie darstellte.
    Diese Vermutung hatte genau bis zu dem Moment Bestand, in dem Cessy die Kerze mit bloßen Fingern ausdrückte.
    »Ich sagte schon einmal, daß sich nichts ändert«, fuhr sie fort. »Und das gilt auch für mich. Ich bin schon tausendmal in eure Welt hinein. Ich habe jedes körperliche Vergnügen genossen, das ihr euch vorstellen könnt und viele, die ihr euch nicht vorstellen könnt. Aber in letzter Zeit kamen sie mir alle gleich vor. Wahrscheinlich langweile ich mich. Ich langweile mich schnell. Unsere Rasse war aus eurer Sicht zwar alt als sie sich zerstörte. Sie war aber auch sehr jung. Wir waren wie Kinder. Verwöhnt. Ungeduldig. Schnell wütend. Deswegen haben Davey und ich uns auch bei euch in der High-School eingelebt. In eure Erwachsenenwelt hätten wir nicht hineingepaßt.«
    Wieder drehte sie sich ab. Vielleicht lag es am trüben Licht, doch schien es, als legten sich Falten der Trauer auf ihr Gesicht. »Aber als dieses Jahrhundert begann, wollte ich mehr. Ich wollte die subtilen Vergnügen erfahren, die ihr Menschen euch bereiten könnt.« Sie hielt inne, und ihre leuchtenden, schwarzen Augen richteten sich auf Tracie. »Liebst du Carl?«
    Tracie lief rot an. »Warum willst du das wissen?«
    »Ich habe dich beobachtet«, erwiderte Cessy. »In deinen Gedanken habe ich Dinge gespürt, deren Wesen mir fremd ist, die süß und zugleich schmerzhaft sind. Sie brechen jedesmal über dich herein, wenn du an Carl denkst. Diese Süße hätte ich gerne, wenn ich könnte, und sogar den Schmerz, den sie mit sich bringt. Kannst du mir etwas davon erzählen?«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, murmelte Tracie mit gesenktem Kopf.
    »Bitte?« sagte Cessy.
    Tracie schaute Carl an.
    Er schämte sich vor ihr, war aber auch stolz. Er fragte sich, wie er so blind für ihre Gefühle hatte sein können. Mit einemmal spürte er die Wärme in ihr so deutlich, wie er die Kälte jenseits des Toreingangs gespürt hatte. Diese Liebe galt ihm, und obwohl erst ein Monster ihm die Augen hatte öffnen müssen, wußte er nun endlich, zu wem er gehörte.
    Auch Tracie schien seine Gedanken lesen zu können.
    »Meine Liebe zu Carl ist die größte Kraft im ganzen Universum«, sagte sie und war nun überhaupt nicht mehr verlegen. »Es ist ein Segen Gottes.«
    »Er
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