Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
Lebens zerstört — mein Leben als Poet in der Tradition des großen Barden. Doch nun, da ihr mein Werk beschmutzt habt, wendet sich der Barde in Abscheu ab, erschüttert ob der Entweihung der Muse.« Er sank auf die Knie und weinte gar bitterlich. Alex und ich nickten uns zu und klatschten Beifall.
    Ich sagte: »Bravo, Mr. Gladman. Und die >Oden an Belle    Alex sagte: »Ach, übrigens, wo waren Sie letzten Montag zwischen zehn und Mitternacht?«
    Mit tränenüberströmten Gesicht ließ sich Gladman vollends auf den Fußboden sinken. Er sagte: »Ich, eh, muß wohl mehr betroffen sein von Marthas Tod, als ich dachte. Bitte lassen Sie mich jetzt allein. Ich kann keine weiteren Fragen beantworten.«
    Alex sagte zu mir: »Sag’ ihm, daß Martha nicht tot ist.«
    Ich sagte: »Martha ist nicht tot.« Gladman blickte vom Boden auf, ohne Brille. Er sagte: »Martha lebt? Das kann nicht sein.« Sobald die Worte raus waren, versuchte er sie ganz schnell wieder zu verschlucken.
    Ich sagte: »Mein Gott, Gladman. Ich bin enttäuscht von Ihnen. Sie sind gerade auf den ältesten Trick der Welt reingefallen.« Ich konnte es kaum fassen, daß es tatsächlich funktioniert hatte. Er sagte: »Wie könnt ihr es wagen, mich so zu täuschen! Gewürm! Abschaum!«
    Ich sagte: »Beichte, Sünder. Wenn du schön artig bist und brav gestehst, brauche ich dich nicht zu erschießen.«
    Gladman reagierte schnell. Er langte unter seinen Schreibtisch, und als die Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine .38er Police Special. Er stand auf und fing an zu ballern.
    Ich zog blitzartig Mama aus der Handtasche und rollte mich unter den Schreibtisch. Alex schien es erwischt zu haben, aber ich wußte nicht, wo. Ich sah bloß das Blut auf die Lehne des Stuhls spritzen. Gladmans Geballere hörte schlagartig auf, und es wurde still.
    Meine .22er war nichts, verglichen mit seiner Kanone. Er konnte mich mit einem Schuß erledigen, während ich mindestens drei brauchen würde, wenn nicht mehr. Also schoß ich nicht auf seine Füße, als ich ihn um den Schreibtisch herumkommen sah. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, daß alles so schnell ging, daß ich keine Zeit zum Nachdenken hatte. Ich hatte. Und in diesen drei Sekunden dachte ich an vieles. An Belle und die Finger, die sich um ihren Hals legten. An Martha. Daran, wie er versucht hatte, mich um einen Tag zu bescheißen, nur um sich selbst zu schützen. Ich wandte sogar meine Wut auf Cosmos gegen ihn.
    Ich konnte ihn jetzt sehen, wie er bei Alex stand, der bewußtlos in seinem Stuhl hing. Gladman schien sich wieder voll unter Kontrolle zu haben. Er schielte zu mir rüber. Ich lag flach unter dem Schreibtisch, die Mündung meiner Waffe auf seinen Kopf richtend. Er hielt seine an Alex’ Schläfe gepreßt.
    Er sagte: »Ich habe keine Lust, allein zu sterben, Ms. Mallory.«
    »Niemand braucht zu sterben.«
    »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.«
    »Alex ist vielleicht schon tot«, sagte ich. »Warum noch eine Kugel an ihn verschwenden?« Ich kriegte einen riesigen Klumpen im Hals. Erst in dem Moment, als ich es sagte, wurde mir bewußt, daß es tatsächlich so sein konnte. »Ich bin beeindruckt von Ihrem Großmut, Ms. Mallory.«
    »Bevor wir anfangen zu ballern, sagen Sie mir, warum Sie es getan haben.«
    »Warum, fragen Sie?« sagte er. »Warum bläst ein Mann wie ich das kurze Lebenslicht einer Frau wie Belle aus? Lassen Sie mich Ihnen etwas erklären, junges Fräulein. Ich hatte einen Ruf. Ich hatte Freunde. Ich hatte einen Job. Irgendwann hatte ich plötzlich eine Frau. Diese Frau verwandelte sich mit den Jahren in das Monstrum, das sie heute ist. Sie tötete mit der Zeit jeden Funken von Inspiration völlig in mir ab. Zerstörte in mir jegliches Gefühl für sie selbst oder für jede andere Frau.
    Aber das zählt jetzt nicht. Ich habe Belle nicht getötet, weil ich etwa gedacht hätte, sie sei meine Frau, oder weil ich Frauen überhaupt hassen würde, oder weil ich sie gehaßt hätte. Das, womit ich nicht mehr leben konnte, war der Haß auf mich selbst — wegen ihr. Und Martha.«
    Gladman preßte den Lauf fester gegen Alex’ Schläfe und sagte: »Sie sehen also, Ms. Mallory, Töten hat manchmal sehr wohl etwas mit Liebe zu tun.«
    Ich sagte: »Das sehen Sie ganz richtig«, und jagte ihm in schneller Folge fünf Kugeln in den Schädel. Er sah es nicht mal kommen. Er hätte seine Brille auflassen sollen.
    Ich sah auf meine Armbanduhr, als ich die 911
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher