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Der schottische Verfuehrer

Titel: Der schottische Verfuehrer
Autoren: Diana Cosby
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Fackel leuchtete vom Kopf der Treppe herab auf die Moosbüschel, die sich an der rauen Steinwand ausbreiteten; überall hingen dichte Spinnweben.
    Vorsichtig nahm Duncan die letzte Biegung, hinter der ihn der bedrückende Geruch der verwahrlosten Zellen erwartete. Gott im Himmel! So schlimm hatte er es nicht in Erinnerung. Und hier also befand sich Isabel? Duncan war überzeugt, dass Symon von ihm verlangt hätte, Frasyer auf der Stelle zu töten, wenn er auch nur geahnt hätte, unter welchen Verhältnissen sie eingesperrt war.
    Er kam zur ersten Tür und spähte durch das winzige Guckloch.
    Leer.
    Bei der nächsten Zelle hörte er ein gequältes Stöhnen, offensichtlich das eines Mannes. Und Duncan mochte sich noch so oft wiederholen, Isabel wäre ihm egal: Als er diese Laute hörte und dabei an sie dachte, gefror ihm das Blut in den Adern. Bitte, Gott, mach, dass sie nicht solche Qualen erleiden muss!
    In die dritte Zelle drang durch die kleine schmale Fensteröffnung nur das schwache Licht des Mondes, in dem Duncan nicht erkennen konnte, ob sich jemand in der Zelle befand. Angestrengt lauschte er, bis er schließlich überzeugt war, dass sie leer war.
    Entmutigt hastete er weiter. Der Gestank schien immer noch weiter zuzunehmen, wenn das überhaupt möglich war. Es fehlte nicht viel und er hätte sich übergeben. Aye, er und seine Brüder hatten auch Gefangene genommen, wie es in einer Schlacht nur allzu häufig vorkam. Aber sie hatten die Männer stets mit einem Mindestmaß an Anstand behandelt, während man diesen Unrat hier, die verfaulenden Essensreste und schäbigen Zellen, nicht einmal einer Schmeißfliege zumuten konnte.
    Was auch immer Isabel getan hatte, um Frasyer gegen sich aufzubringen: Das hatte sie nicht verdient.
    „Isabel, wo bist du?“ In sein Flüstern mischte sich das Stöhnen des Gefangenen aus der zweiten Zelle. Vielleicht war auch Isabel verletzt. Oder krank. Oder sie lag irgendwo hilflos auf dem Boden, ganz ohne Kraft, sich bemerkbar zu machen.
    Er musste sie bald finden, solange noch ein wenig Licht hereindrang, sonst war es zu spät. Angst überkam Duncan, die er schnell verdrängen musste, um die nächste Zelle in Augenschein zu nehmen.
    Er blickte hinein und sah, wie die schwachen Strahlen des letzten Tageslichts, die durch eine unsagbar kleine Fensterluke hereindrangen, auf eine weibliche Gestalt fielen, mit schlankem Körper und einem sanften Gesicht, dessen Wangen völlig bleich waren. Wilde bernsteinfarbene Locken schimmerten in der Dämmerung.
    Isabel.
    Er sah sie, und sogleich wurde die Vergangenheit wieder lebendig. Er hörte ihr herzliches, warmes Lachen. Stellte sich ihre bebenden Finger vor, die zart und aufgeregt über seine Brust strichen. Und spürte die explodierende Leidenschaft, als ihre Lippen zum ersten Kuss zusammenfanden.
    Fluchend unterdrückte Duncan die Erinnerungen, so wütend machte es ihn, welche Gefühle Isabel noch immer in ihm auslöste, sobald er nur an sie dachte. Er entfernte den Balken, mit dem die Tür verriegelt war, und stieß sie auf.
    Das Fackellicht fiel in den feuchten und kalten Raum.
    Isabel hatte gehört, wie Metall über Holz schabte, und fuhr herum. Aus ihren braunen Augen schaute sie unsicher zu ihm und legte die Stirn fragend in Falten. „Vater?“
    Überrascht blickte Duncan hinter sich, ob dort unbemerkt ein Priester aufgetaucht war, dann besann er sich und nahm die Kapuze ab. „Nay!“
    Isabel erschrak. „Duncan?“
    „Leise!“ Seine Stimme blieb ruhig. „Sonst verrätst du uns noch beide, wenn die Wachen auf ihrer Runde vorbeikommen.“ Er blickte zur Treppe, dann sprang er in die Zelle, wo er auf dem harten Bett aus fauligem Stroh landete. „Still!“
    „Aber ...“
    Duncan umfasste ihren Arm.
    Ein Fehler.
    Er war ihr nah. Zu nah. Das Gefühl war ihm noch immer so vertraut, als habe er sie erst gestern das letzte Mal berührt. Als müsste er nur einmal blinzeln und die letzten drei Jahre würden sich wie ein Albtraum auflösen.
    Ihre vollen Lippen hatten sich überrascht geöffnet. Alles, woran er in der Dunkelheit, die inzwischen herrschte, noch denken konnte, war das Gefühl ihrer Haut und wie sie damals willig seinen Berührungen entgegengekommen war. Jedoch hatte er sie nie gedrängt, nie hatte er verlangt, worauf er doch ein Anrecht hatte - nein, das hatte sie freiwillig seinem Feind geopfert. Noch schlimmer: seinem falschen Freund, denn als solcher hatte sich Frasyer erwiesen, als sie beide noch jung gewesen
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