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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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sie … Wendy.«
    »Wendy? Weshalb sollte sie dir etwas antun?«
    Die Augen der Erscheinung funkelten finster im Dunkeln, als sie sagte: »Wendy … Wanda … Zwillinge. Meine Schwester.«
    »Du heißt Wanda?«
    »Sie tot, mein Zwilling, fünf Jahre.«
    Der Lieferwagen schwankte sanft und rhythmisch, als setzten sie mit einem Boot über den Styx. Ein Mann begann gequält zu stöhnen.
    Die Frau sagte: »Tot, fünf Jahre, jetzt.«
    Deucalion dachte an die Replikanten in New Orleans. Beim Anblick eines Replikanten könnte ein eineiiger Zwilling durchaus glauben, die tote Zwillingsschwester sei zurückgekehrt.
    67.
    In dem rostenden Schuppen, in dem sie den schwachen Geruch von etwas Totem und Vertrocknetem einatmeten, wurde dem Jungen der Anblick des Häuschens auf der anderen Straßenseite unerträglich, da nur das Licht auf der Veranda brannte und die Fenster unheilvoll schwarz blieben.
    »Gehen wir«, sagte Travis.
    Seine Worte erklangen in der Tonlage eines Kindes, doch auf irgendeine Weise, die nicht leicht zu definieren war, hatte er nicht mehr die Stimme eines Kindes.
    »Es eilt nicht«, beteuerte ihm Bryce Walker.
    »Sie frieren.«
    »So sehr nun auch wieder nicht. Und ich friere auch nicht zum ersten Mal.«
    »Es ist ohnehin zwecklos zu warten.«
    »Das können wir nicht mit Sicherheit sagen.«
    »Wir wissen es.«
    »Nein, mein Sohn, wir wissen es nicht.«
    »Ich weiß es.«
    »Es hat ein paar Vorteile, ein so alter Knacker wie ich zu sein«, sagte Bryce. »Einer dieser Vorteile ist die Erfahrung. Ich habe vielleicht tausendmal so viele Erfahrungen gemacht wie du. Ich meine es nicht böse. Und eines, was mich die Erfahrung gelehrt hat, ist, dass einem das Leben schwere Schläge versetzen kann, wenn gerade alles ganz prima zu sein scheint, aber das Leben kann einem auch die erstaunlichsten Momente der Gnade bescheren, wenn man gerade noch dachte, es würde einem nie mehr etwas Gutes widerfahren.«
    »Gehen wir«, unterbrach ihn der Junge.
    »Gleich. Du musst es irgendwie hinkriegen, dankbar für das Gute zu sein, das du erlebt hast, und für das Gute, das trotz der schlechten Zeiten noch kommen wird, weil du mit der Zeit lernst, dass man das eine nicht ohne das andere haben kann. Ich behaupte nicht, es sei immer einfach, dankbar zu sein, wenn der Lauf der Dinge so oft keinen Sinn ergibt. Aber wenn du erst mal in meinem Alter bist, ist dir klar, dass alles Sinn ergibt, auch wenn man nicht genau sagen könnte, wieso.«
    »Können wir jetzt endlich gehen?«
    »Das könnten wir schon tun«, sagte Bryce. »Aber nicht, ehe du mir sagst, was ich gerade zu dir gesagt habe.«
    Travis scharrte unruhig mit den Füßen. »Gib niemals auf.«
    »Das ist ein Teil davon. Was noch?«
    Ein alter Chevrolet fuhr auf der Straße vorbei und wirbelte Herbstlaub auf.
    »Nichts ist vorbei, bevor es vorbei ist«, sagte Travis.
    »Das auch. Was noch?«
    Auf einem Dach anderswo in den Lowers rief eine Eule, und aus weiterer Ferne antwortete eine Eule auf ihren Ruf.
    Travis sagte: »Vielleicht sterben wir nie wirklich.«
    Bryce hätte den Jungen gern in seine Arme gezogen und ihn ganz eng an sich gedrückt, aber er wusste, dass ein solcher Ausdruck von Mitgefühl noch nicht erwünscht war. Travis hatte nämlich trotz allem, was er eben gesagt hatte, noch nicht jede Hoffnung aufgegeben. Solange noch Hoffnung bestand, war kein Trost vonnöten.
    »In Ordnung«, sagte Bryce. »Lass uns gehen. Ich habe mir den Hintern schon halb abgefroren.«
    68.
    Ein hoher Zaun trennte die beiden Gärten voneinander. Aber für Carson hatte es Zäune schon seit ihrer Kindheit nur aus einem einzigen Grund gegeben: um rüberzuklettern. Sie war dankbar dafür, dass sie noch ihre Rockport-Schuhe und keine Skistiefel trug, als sie das obere Ende des Zauns packte, hinaufstieg und hinüberkletterte.
    Michael ließ sich dicht neben ihr in den Garten der Benedettos fallen und zog die Pistole aus seinem Schulterhalfter.
    »Ist das nicht etwas verfrüht?«, flüsterte Carson.
    »Mir ist nur gerade wieder eingefallen, dass der gute alte Larry rücksichtsvoll und witzig war und Stil hatte, ja, das schon, aber er hatte auch eine finstere Seite.«
    »Du glaubst, sie hat gelogen und er arbeitet heute Abend gar nicht?«
    »Sie ist ein Replikant. Ihr ganzes Dasein ist eine Lüge.«
    »Ich bin froh, dass du nicht länger leugnest.«
    Carson zog ihre Pistole.
    »Ist das nicht etwas verfrüht?«, fragte Michael.
    »In dem Haus ist ein Baby.«
    »Das ist ein gutes Argument.«
    Sie

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