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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer
Autoren: Dean Koontz
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seiner Jugend, als er außerhalb des Gesetzes gelebt hatte, einen bedrohlichen Aspekt verliehen hatten. Aber sechzehn Jahre im Kloster, Jahre der Reue und der Zerknirschung, hatten seinen einst kalten grauen Augen einen Ausdruck von Güte verliehen und sein vormals bestialisches Lächeln in ein glückseliges verwandelt.
    In dem Kloster war er Deucalions engster Freund.
    Seine großen Hände, die einen Rosenkranz hielten, schienen nur aus Knöcheln zu bestehen, und das hatte ihm in seinem früheren Leben seinen Spitznamen eingetragen. Hier in der Abtei wurde er liebevoll Bruder Knuckles genannt.
    »Wer war das noch mal, dem sie nachgesagt haben, er habe den Schlaf ermordet?«, fragte Knuckles.
    »Macbeth.«
    »Ich dachte mir, dass du das weißt.«
    Vielleicht fehlte Deucalion, weil er aus Leichenteilen erschaffen worden war, das tägliche Schlafbedürfnis, das all jene charakterisierte, die von den Lebenden abstammten. In den seltenen Nächten, in denen er schlief, träumte er immer.
    Bruder Knuckles kannte die Wahrheit über Deucalion: seine Ursprünge in einem Laboratorium, seine Belebung durch Blitze, seine frühen Verbrechen und sein Streben nach Erlösung. Der Mönch wusste auch, dass sich Deucalion in seinen schlaflosen Nächten im Allgemeinen mit Büchern beschäftigte. Im Laufe von zwei Jahrhunderten hatte er mehr Bücher gelesen, als in den größten Bibliotheken der Welt zu finden waren, viele davon mehrfach.
    »Bei mir ist es nicht Macbeth. Es ist die Erinnerung«, sagte der Mönch. »Die Erinnerung ist pures Koffein.«
    »Du hast die Absolution für deine Vergangenheit empfangen.«
    »Das bedeutet nicht, dass sich die Vergangenheit nie abgespielt hat.«
    »Erinnerungen sind keine alten Kleidungsstücke, die sauber werden, wenn man sie nur oft genug auswringt.«
    »Vermutlich werde ich den Rest meines Lebens damit verbringen, sie trotzdem auszuwringen. Was führt dich hierher?«
    Deucalion hob eine Hand, um die Konturen der zerstörten Hälfte seines einst attraktiven Gesichts nachzuzeichnen, und murmelte: »Er ist auferstanden.«
    Der Mönch sah das Kruzifix an und sagte: »Das würde ich nicht gerade als eine Neuigkeit bezeichnen, mein Freund.«
    »Ich spreche von meinem Schöpfer, nicht von deinem.«
    »Victor Frankenstein?«
    Der Name schien im Deckengewölbe zu hallen wie keine anderen Worte je zuvor.
    »Victor Helios , wie er sich zuletzt genannt hat. Ich habe ihn sterben sehen. Aber er lebt wieder. Irgendwie … lebt er.«
    »Woher weißt du das?«
    »Woher weißt du das Wichtigste, was du weißt?«, erwiderte Deucalion.
    Der Mönch warf wieder einen Blick auf das Kruzifix und sagte: »Durch das Licht der Offenbarung.«
    »Meine Offenbarung ist frei von Licht. Es ist eine finstere Strömung in meinem Blut, dunkel, kalt, zäh und beharrlich, die mir sagt: Er ist am Leben. «
    2.
    Erskine Potter, der zukünftige Bürgermeister von Rainbow Falls, Montana, lief langsam durch die dunkle Küche, geleitet von der grünen Leuchtanzeige der Digitaluhren an den beiden Öfen.
    Die Uhr am oberen Ofen zeigte 2:14 an, die Uhr am unteren 2:11, als flösse die Zeit in Bodennähe träger als unter der Decke.
    Da er ein Perfektionist war, wollte Potter beide Uhren auf 2:16 umstellen, denn das war die korrekte Uhrzeit. Der Zeit musste man Respekt entgegenbringen. Die Zeit war das Schmiermittel, das es den Mechanismen des Universums gestattete, reibungslos zu funktionieren.
    Von nun an würde er die Uhren zweimal täglich überprüfen, um festzustellen, ob sie Zeit verloren. Wenn das Problem nicht auf menschlichem Versagen beruhte, würde Potter die Uhren auseinandernehmen und sie wieder zusammenbauen.
    Während er in der Küche umherlief, ließ er seine Hand über die kühlen Granitarbeitsflächen gleiten – und blickte finster, als sie auf ein paar knusprige Krümel traf. Sie blieben an seiner Handfläche kleben.
    Er hielt sich die Handfläche unter die Nase und roch an den Krümeln. Weizenmehl, Sojaöl, Palmöl, Käse aus entrahmter Milch, Salz, Paprika, Hefe, Sojalezithin.
    Als er die schmackhaften Krümel von seiner Handfläche leckte, wurde seine Analyse bestätigt: Die Krümel stammten von Cheez-Its.
    Er mochte Cracker, und Cheez-Its mochte er ganz besonders gern. Aber er mochte es nicht, wenn Krümel auf den Arbeitsflächen in der Küche zurückblieben. Das war vollkommen indiskutabel.
    Am Gasherd hob er den Rost über einem der Brenner hoch, legte ihn zur Seite, zögerte und fuhr dann mit den Fingerspitzen
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