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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Marc Raabe
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weißen Zeigefinger am Abzug. Sah den Schlagbolzen, der sich hob. Fjodors Augen glühten kalt und übernatürlich groß. Die Zeit raste. Tausend Gedanken und Empfindungen im Bruchteil einer Sekunde.
    Jans Innerstes schrie. Wollte nicht glauben, was er sah. Eine zitternde kreisrunde schwarze Öffnung vor seinem Augapfel. Er hieb mit aller Kraft gegen Fjodors Arm, aber es war zu spät. Fjodor drückte den Abzug bis zum Anschlag durch. Dann schnellte der Bolzen vor.
    Ein metallisches Klicken ertönte.
    Keine Explosion. Kein Schuss.
    Jan riss Fjodors Arm mit der Waffe nieder, doch Fjodor gelang es, seinen Arm zu befreien, und schlug mit der Waffe auf Jans Hinterkopf. Jan sah Sterne. Wunderte sich, dass er nicht sofort bewusstlos wurde. Aber das lag wohl daran, dass Fjodor kaum mehr Kraft hatte. Dafür schlug er ein zweites Mal zu. Und ein drittes Mal.
    Hätte er nur ein Messer oder wenigstens einen Stein! Plötzlich fiel ihm die Schere aus dem Verbandskasten ein. Er bekam eine Hand nach hinten, schob sie in die Hosentasche. Da war sie.
    Dann traf ihn der nächste Schlag.
    Alle Lichter schienen zu flackern.
    Er zog die Schere heraus. Die ovalen Griffe drückten sich hart in seine Hand. Mit der abgerundeten stumpfen Spitze voraus stieß er die Schere in Fjodors Brust und drang zwischen den Rippen hindurch ins Fleisch.
    Der Revolver fiel polternd zu Boden. Von einem Moment auf den anderen verlor Fjodors Körper jede Spannung, zuckte und sank in sich zusammen.
    Jan ließ die Schere los.
    Keuchend wälzte er sich von Fjodor herunter. Starrte ihn an.
    Zitterte.
    Wartete.
    Atmete.
    »Jan?«
    »Ja«, antwortete er heiser.
    Hinter der Badewanne ertönte ein Schluchzen.
    »Ich komme.« Jan wollte aufstehen, doch die Schmerzen im Unterschenkel und in der Seite hinderten ihn daran. Aus beiden Schusswunden sickerte Blut.
    Er biss die Zähne zusammen, sah zu Fjodor. Neben ihm lag ein Schweizer Taschenmesser, das ihm offenbar aus der Hosentasche gerutscht war.
    Jan nahm es, dann kroch er auf allen vieren los, an Ava Bjely vorbei, die mit toten Augen an die Decke starrte, um die Wanne herum, auf die hintere Seite, die Fjodor nicht hatte einsehen können – dahin, wo Laura lag.
    Als er bei ihr war, nahm er ihr Gesicht in die Hände. »Alles okay?«
    Ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig. »Ist er …?«
    »Ja.«
    Sie sagte nichts. Schüttelte nur den Kopf.
    Jan klappte das Messer auf und durchtrennte ihre Fesseln. »Bist du verletzt?«
    Sie schüttelte den Kopf. Jan spürte ihren Atem auf seinem Gesicht, sah ihr in die Augen. Ihre Lippen bebten.
    Wieder nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände. Streichelte ihre Wangen. Er versuchte zu lächeln, doch die Schmerzen waren zu stark.
    »Was ist mit meiner Mutter?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie schloss kurz die Augen. Schluckte. »Lass mich nicht wieder los, ja?«
    Ein heiseres Flüstern kam plötzlich von der anderen Seite der Wanne. »Hey … Weichei.«
    Jan erstarrte. Er griff nach dem Messer, und seine Finger schlossen sich fest um das rote Plastik. »Warte«, flüsterte er Laura zu.
    Er richtete sich auf und schleppte sich zurück bis zum Waschbecken. Fjodor Bjelys Lider flatterten vor Anstrengung. »Komm näher«, flüsterte er mit dünner Stimme.
    Jan zögerte.
    »Sieh mich an. Hast du noch Angst?«
    Fjodors Stimme war so leise, dass Jan sich unwillkürlich vorbeugte, um ihn besser zu verstehen.
    »Jan?« Das war Lauras Stimme hinter der Wanne.
    »Ich bin hier. Alles okay.«
    Fjodors Blick war nach innen gerichtet, dennoch leuchteten seine Augen kurz auf. »Sie ist meine Tochter. Trotz allem. Verstehst du, was ich meine?«
    »Nein, ist sie nicht. Sie haben sie nicht gewollt.«
    Ein spöttisches Lächeln lag auf Fjodors schwarz verschmierten Lippen. »Mein Blut, meine Tochter. Du wirst dir niemals sicher sein. Denk ans Herrenhaus. Denk an Nordholm.«
    Das Herrenhaus. Nordholm. Jans Nackenhaare sträubten sich.
    »Du kennst sie nicht …«
    »Ich kenne sie. Ich weiß, wer sie ist.«
    »Aber trotzdem willst du wissen, was passiert ist, oder? Solltest du auch … Komm näher … ich hab nicht mehr viel Kraft …«
    Jan hob warnend das Messer, setzte es Fjodor an den Hals und brachte sein Ohr ganz nah an dessen Lippen. Die Worte rasselten leise aus Fjodors Mund und brannten sich Buchstabe für Buchstabe in Jans Gedächtnis ein. Mitten im Satz spürte er eine Bewegung hinter sich. Schlanke kräftige Finger legten sich um seine Faust mit dem Messer, stießen die Klinge in
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