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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Marc Raabe
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»Vorgewärmt«, stellte er fest und lächelte. »Gehen wir ein Stück?«
    Laura nickte. Sie war blass. Unter den Augen hatte sie dunkle Schatten.
    Sie wandten sich nach links und gingen die Alt-Moabit hinunter.
    »Wie geht’s dir?«, fragte Laura und sah auf sein Bein, das er immer noch nicht voll belastete.
    »Das Bein und die Seite sind ganz in Ordnung. Ich hab Glück gehabt«, sagte er. »Und ansonsten bin ich froh, dass ich draußen bin. Und du?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Die Tage sind ganz in Ordnung.«
    Er verzog das Gesicht. Die Nächte waren es nicht. Wie auch?
    Sie bogen nach links in die Rathenower Straße und gingen Richtung Fritz-Schloss-Park.
    »Wie genau ist sie gestorben?«, fragte Laura.
    Ohne Umschweife zum Thema. Ein wenig Small Talk zum Einstieg wäre ihm lieber gewesen. »Deine Mutter?«
    Laura nickte.
    Er räusperte sich, stopfte die kalten Hände in die Manteltaschen. »Sie hat sich regelrecht vor mich geworfen. Ohne sie hätte die Kugel mich erwischt.«
    Laura schwieg.
    »Eigentlich ging es ihr um dich. Sie wollte dich retten.«
    »Dabei hat sie mich so gehasst«, murmelte Laura.
    Ja und nein, dachte Jan.
    »Er hat gesagt, dass sie mich umbringen wollte. Weißt du warum?«
    Das war eine der Fragen, die er fürchtete.
    Ein Laster fuhr dröhnend an ihnen vorbei, verwirbelte den fallenden Schnee und gab Jan einen Moment Zeit. Stockend begann er, ihr zu erzählen, was er wusste. Laura nickte nur. Ihre Miene war undurchdringlich, eine Mauer aus Selbstschutz.
    »Wenn sie mich wirklich schützen wollte«, sagte sie schließlich, »ich meine … wenn sie wusste, was für ein Mensch er war, warum hat sie dann geschwiegen?«
    Jan zuckte mit den Achseln. »Vielleicht hatte er sie in der Hand. Irgendwie waren die beiden wie aneinandergekettet. Vielleicht hat sie sich auch mitschuldig gemacht, bei irgendetwas.«
    »Glaubst du, sie wusste von den Frauen?«
    Jan schüttelte den Kopf. »Sicher nicht. Er hat die Immobilien verwaltet, und deine Mutter ist kaum aus dem Haus gekommen. Die Klinik im Herrenhaus war sein Reich. Das perfekte Versteck. Hat die Polizei dort eigentlich noch irgendetwas Verwertbares finden können nach dem Brand?«
    »Vor allem Knochenreste. Die Polizei ist immer noch mit der Analyse beschäftigt. Im Keller gibt es mehrere wannenähnliche Becken, einen alten OP-Tisch und einen motorbetriebenen Gabelstapler. Mit dem hat er vermutlich die fertigen Harzblöcke transportiert.«
    Jan lief es bei der Vorstellung kalt den Rücken hinab.
    »Trotzdem verstehe ich nicht, warum meine Mutter damals nicht die Polizei gerufen hat. Er hatte sie fast umgebracht. Wie konnte sie so lange mit ihm unter einem Dach leben?«
    Jan schwieg einen Moment. »Ich bin mir sicher, es gibt einen Grund. Jedenfalls war sie nicht der Typ Mensch, der etwas ohne Grund tut – oder lässt.«
    Laura nickte stumm und ließ es dabei bewenden.
    Rechts von ihnen lag der Fritz-Schloss-Park, und sie bogen auf den verschneiten Weg ab.
    »Wie geht es Katy?«, fragte Jan.
    »Hm?«
    »Wie es Katy geht. Kriegt sie das mit Greg einigermaßen verpackt?«
    »Geht so. Sie wohnt wieder zu Hause.«
    »Wirklich?« Beim Gedanken an Katys Mann überkamen ihn mehr als ambivalente Gefühle.
    »Aber sie hat Sören rausgeschmissen.«
    »Oh. Verstehe.«
    »Sie hat gefragt, ob wir nachher vorbeikommen.«
    Jan blieb stehen und sah auf den schneebedeckten Weg, der weiter in den Park führte. »Mir ist ohnehin zu kalt. Ich brauchte nur mal das Gefühl, wirklich draußen zu sein.«
    »Nehmen wir die S-Bahn?«
    Jan nickte. Er musste plötzlich an seinen Vater denken, an ihre letzte Begegnung, wie er da unter dem Vordach des Seniorenheims gestanden hatte. Er spürte den alten Knoten wieder in seinem Magen und schwor sich, ihn anzurufen.
    Laura stand neben ihm und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. »Was machen wir jetzt eigentlich?«
    »Zu Katy fahren, dachte ich.«
    »Nein, ich meine, wir beide … mit uns …«
    »Ist das eine ernstgemeinte Frage?«
    Sie sagte nichts. Ihre Augen sahen grau aus, der Himmel spiegelte sich in ihnen. Sie wirkte auf einmal verloren.
    »Verzeih.« Er nahm sie fest in die Arme. »Ich bin hier.«
    Sie drückte sich an ihn. Ihr Mund war an seinem Ohr. Er bekam eine Gänsehaut und ertappte sich bei dem Gedanken an ungezügelten Sex. »Sag mal«, flüsterte sie, »was hat mein Vater eigentlich gesagt, bevor er …«
    Für einen Moment ließ das Ziehen in seinen Lenden nach.
    Die Gänsehaut blieb.
    »Nichts«, sagte
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