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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Marc Raabe
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Boden spritzte.
    Und zugleich fürchtete er den Moment.
    Sein Finger gab kaum merklich nach.
    Als hätte Fjodor Jans Zögern gespürt, warf er sich zur Seite.
    Instinktiv drückte Jan ab.
    Es krachte ohrenbetäubend zwischen den Fliesen. Der Rückstoß des Revolvers riss die Waffe empor. Die Erschütterung ließ Jans Arme und Schultern für einen Sekundenbruchteil vibrieren bis ins Mark. Weiße Keramiksplitter spritzten durch die Luft wie Nadeln.

Kapitel 53
    Berlin, 22. Oktober, 03:36 Uhr
    Laura schrie irgendetwas.
    Im nächsten Augenblick stürzte sich Fjodor auf Jan und riss ihm die Hand mit der Waffe hoch. Die Wucht des Angriffs warf Jan rücklings gegen die Kante des Türrahmens. Fjodor tauchte unter seinem Arm hindurch und verdrehte ihn mit Gewalt.
    Seine Schulter wollte aus dem Gelenk springen, seine Hand brannte, als stecke ein Stromkabel darin. Er verlor die Kontrolle, lockerte den Griff, und Fjodor entwand ihm den Revolver. Verzweifelt schlug Jan mit der Linken nach der Waffe. Fjodors Finger hielten den Griff jedoch fest umschlossen, sein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug, der Lauf der Waffe schwenkte drohend auf Jans Brustkorb. Jan hielt dagegen, drückte den Revolver von sich weg. Seine Muskeln zitterten, als würden sie gleich zerreißen. Fjodors Gesicht war direkt vor seinem. Schwitzend. Keuchend. Wutverzerrt. Instinktiv holte Jan mit dem Kopf aus und hieb seine Stirn gegen Fjodors Schläfe. Fjodor taumelte, und Jan bekam seine zweite Hand frei, packte den Lauf der Waffe und riss daran.
    Mitten im Gerangel explodierte ein Schuss. Laura schrie auf. Jan ließ die Waffe los wie ein glühendes Eisen.
    Der Moment erschien ihm unwirklich lang.
    Er wartete auf den Schmerz, fragte sich, wo die Kugel ihn getroffen hatte.
    Wie im Rausch nahm er alles gleichzeitig wahr. Den Nachhall des Schusses. Seine leeren Hände. Fjodor, der rückwärts taumelte, an die Wand neben dem Waschbecken stieß, wo er langsam, mit dem Rücken an die Fliesen gelehnt, zu Boden sank. Fjodors Stöhnen. Fjodors Hand, die sich um den Revolver klammerte, und der kurze silberne Lauf, den Fjodor auf Jan richtete.
    »Bleib, wo du bist«, presste Fjodor zwischen den Zähnen hervor.
    Jan rührte sich nicht, starrte abwechselnd auf die Smith&Wesson und den roten Fleck auf Fjodors weißem Hemd. Der Fleck war in Bauchhöhe und wuchs schnell. Fjodors Zeigefinger an dem Abzug war weiß wie Schnee.
    Das war’s. Diesmal würde er die Waffe nicht wegschieben können. Fjodor war zu weit weg. Nichts stand mehr zwischen Jan und der Kugel. Fjodor hob die Waffe, so dass Jan direkt in das schwarze Mündungsloch sah. »Ich hätte dich schon in Frankreich erledigen müssen«, knurrte er.
    »Nein!«, schrie Laura.
    Fjodors Blick flog zu ihr hinüber. Er senkte die Waffe eine Handbreit und verzog das Gesicht. Die schwarzen Ornamente waren grotesk verschmiert. Fjodor schien sich aufzulösen. »Nein?« In seinem Blick spiegelten sich Zorn und Schmerzen. »Wenn er die Waffe hat, flüsterst du ›schieß‹ , und wenn ich sie habe, sagst du ›nein‹ ?«
    Laura wollte etwas erwidern, überlegte es sich aber anders.
    »Ich sollte sein beschissenes Hirn auf der Wand verteilen.« Fjodor versuchte, sich ein wenig aufzurichten, sank aber stöhnend wieder zurück. »Aber so wie es aussieht«, er blickte auf die Wunde in seinem Bauch, »muss er vorher noch etwas für mich tun.« Fjodors Blick bohrte sich in Jans. »Bring es zu Ende.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung der Kanister.
    Laura erstarrte.
    Jan sah ihn mit offenem Mund an, schüttelte den Kopf.
    »Ich will kein beschissenes Nein mehr hören«, brüllte Fjodor. »Niemand stellt sich mir in den Weg. Niemand!« Er richtete den Lauf der Waffe auf Laura. Seine hellen Augen glühten fiebrig.
    Jan stockte der Atem.
    »Glaubst du etwa, du kannst dich weigern? Glaubst du, das lasse ich zu?«
    Jan starrte Fjodor hasserfüllt an. Laura mit Harz zu übergießen war das Letzte, was er tun würde.
    »Am Ende werdet ihr so oder so nicht überleben … das denkst du doch gerade, richtig? Hast du dich wirklich schon damit abgefunden? Falls ja: Herzlichen Glückwunsch, dann bist du frei. Dann kannst du es dir ja leisten, dich ach so moralisch zu verhalten.« Fjodor senkte die Stimme. »Aber wo war ihre Moral, als es um dein scheiß Leben ging? Hast du’s schon vergessen? Hast du’s nicht in ihren Augen gesehen? Ihre verlogene Entschuldigung gehört?«
    Jan presste die Lippen aufeinander.
    »Jan, bitte!«, flehte Laura.
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