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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel
Autoren: Mia James
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zurückgelassen. Wir sollten nicht um ihn trauern, denn wir alle werden ihn irgendwann wiedersehen.«
    Am Ende waren Aprils Wangen zwar tränenüberströmt, doch zugleich fühlte sie sich leichter, als hätten die Worte des Pfarrers eine schwere Last von ihren Schultern genommen. Schließlich kehrten sie dem Grab den Rücken und gingen den Hügel wieder hinunter. Auf halber Höhe drehte April sich zu Silvia um – ihre Mutter hatte niemals schöner ausgesehen. Und niemals trauriger.
    »Das hätte ihm gefallen«, sagte April.
    »Ja, das glaube ich auch.«
    »Wo wird Grandpa begraben? Doch nicht im Familiengrab, oder?«
    »Nein, Schatz.« Silvia lächelte. »Das wäre nicht angemessen. Nein, ich glaube, ich lasse ihn in die alte Heimat überführen. Seine Familie kann entscheiden, wie sie ihn in Erinnerung behalten will. Falls überhaupt.«
    April nickte. Nicht dass sie ihren Frieden mit ihrem Großvater geschlossen hätte – sie bezweifelte, dass sie ihm jemals vergeben würde –, aber es erschien ihr richtig, dass Thomas Hamilton, besser gesagt, Tomas Vladescu, seine letzte Ruhestätte in dem düsteren Land fand, das ihm so sehr am Herzen gelegen hatte. Vielleicht könnte sie sich ja eines Tages überwinden, ihn dort zu besuchen und mit ihm zu reden, so wie sie es mit ihrem Vater getan hatte. Aber bis dahin würden wohl noch viele Jahre vergehen.
    »Also … was ist mit diesem Geheimplan?«, fragte April.
    »Ach das. Ich wollte ein Treffen sämtlicher Vampirclans arrangieren und ihnen sagen, dass es vorbei ist.«
    »Vorbei?«
    »Ja. Die Kämpfe, die Rivalitäten, die Rangeleien. Ich will, dass das aufhört. Das ist zumindest die Idee dahinter. Luke will mir helfen. Ich hoffe, die Vampirnation hat genügend Todesfälle erlebt. Ich werde ihnen eine gute Alternative anbieten: eine Blutquelle und ein angenehmes, friedliches Leben.«
    »Und wie willst du sie davon abhalten, dass sie das Blut anderer Menschen trinken?«, fragte April.
    »Dazu hat Gabriel mir ein paar gute Ideen geliefert. Er ist der Meinung, mithilfe seiner medizinischen Kenntnisse können wir eine Art Spendenorganisation gründen, ähnlich wie die offizielle. Das ist zumindest besser, als irgendwelche zwielichtige Gestalten in Nachtclubs aufzugabeln. Und als Gegenleistung verpflichten sich die Vampire, sich an die vorgegebenen Regeln zu halten und keine unschuldigen Menschen mehr zu verwandeln. Schluss mit neuen Vampiren. Keine Versprechen mehr nach ewigem Leben.«
    »Und bist du sicher, dass sie sich auch daran halten?«
    »Vampire sind sehr stolz und machomäßig, wie du vielleicht schon gemerkt hast«, erklärte Silvia mit einem vielsagenden Blick in Gabriels Richtung.
    April kicherte. »Ja, das habe ich bemerkt.«
    »Nun ja, es gibt etwas über Vampire, von dem sie nicht wollen, dass es weiterverbreitet wird: nämlich, dass Vampire wie Spinnen sind – die weiblichen Tiere sind gefährlicher als die männlichen. Schneller, stärker, klüger, einfach geborene Jäger. Und ich als Vampirkönigin bin die Mächtigste von allen. Ich hoffe, das genügt als Drohung.«
    Sie sah April in die Augen, ohne den Gedanken weiter auszuführen. Das war auch gar nicht nötig, denn er erklärte, weshalb sie an jenem Abend in der Aula von Ravenwood fähig gewesen war, den König der Vampire zu töten. Und auch die Gnadenlosigkeit, die sie dabei an den Tag gelegt hatte. April nickte traurig.
    »Und die Furie als Tochter zu haben, ist wahrscheinlich auch kein Nachteil, nehme ich an?«
    Silvia stieß ein Schnauben aus.
    »Na ja, Vampire sind außerdem schrecklich abergläubisch. Jungen Vampiren werden Horrorgeschichten über die Furie erzählt, so wie Bluter Märchen vom großen bösen Wolf aufgetischt bekommen. Insofern wird es bestimmt als Abschreckung reichen.«
    Es gab noch etwas anderes, das April nicht aus dem Sinn gehen wollte.
    »Und wer ist die dritte Furie?«
    »Die dritte?«
    »So besagt es doch die Legende, oder nicht? Dass es in jeder Generation drei Furien gibt. Isabelle, dann ich, aber wo steckt die dritte?«
    Silvia schüttelte langsam den Kopf.
    »In Wales? Schottland? Direkt nebenan? Womöglich werden wir es nie erfahren. Ehrlich gesagt, hoffe ich das sogar. Schließlich erfährt man nur, dass man eine Furie ist, wenn man mit einem Vampir in Berührung kommt. Und je mehr sie im Verborgenen bleiben und ich sie damit unter Kontrolle habe, umso geringer die Chance, dass es jemals soweit kommt.«
    April nickte. »Danke, Mum.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass du
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