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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel
Autoren: Mia James
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hatte und offenbar etwas in einem Aktenschrank suchte. Mit Absicht?, fragte April sich. Aber im Grunde konnte sie ihr keinen Vorwurf daraus machen.
    Auf der anderen Straßenseite stand die Limousine der Osbournes.
    »Tja, das war’s dann wohl«, meinte Davina. »Wünsch mir Glück.«
    »Glück? Wo willst du hin?«
    »Ich werde jetzt das Haus ausräumen und sämtliche Spuren der Osbournes beseitigen. Es wird nicht leicht werden, Barbara aus diesem Haus zu bekommen – womöglich werde ich sogar eine Brechstange brauchen –, aber wir können unmöglich dort bleiben, vor allem nicht nachdem … na ja … nachdem Nicholas nicht mehr da ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Agropharm die Hypothekenzahlungen übernimmt. Ich habe mir sogar überlegt, die Bude abzufackeln, nur um sie ein bisschen zu ärgern.«
    »Aber wo willst du dann wohnen?«
    »Am Pond Square?«
    Davina lachte, als sie Aprils entsetzte Miene sah.
    »Nur die Ruhe, das war nur ein Scherz. Es war nett von dir, mich bei euch aufzunehmen, aber ich fürchte, eine Woche in so einem winzigen und gruseligen Haus, und ich wäre reif für die Klapse.«
    Das klang schon eher nach der alten Davina – unsensibel und gemein. Und gleichzeitig beruhigend.
    »Nein, bestimmt finde ich etwas, das besser zu dem Lebensstil passt, den ich mir vorstelle. Vielleicht der Buckingham Palast.«
    April wollte lieber nicht darauf wetten, dass auch das ein Scherz war. Sie gingen zum Wagen.
    »Wirst du bei Barbara bleiben? Ich meine, sie ist ja eigentlich nicht …« April ließ ihre Stimme verklingen.
    »Nicht meine Mutter, meinst du? Nein, und eine Stimmungskanone ist sie auch nicht gerade. Eine Flasche Gin und eine Dose Haarspray, das ist das, womit sie ihre Tage übersteht. Andererseits ist sie die einzige Familie, die ich habe.«
    »Ich weiß genau, was du meinst.«
    Einen Moment lang standen sie verlegen da, in den Tragödien ihrer beider Leben vereint und zugleich durch sie getrennt. Davina mochte sich am Ende für die richtige Seite entschieden haben, trotzdem hatte sie Intrigen gesponnen, Unschuldige getötet und sich von ihrem Blut ernährt. April konnte sich nicht vorstellen, dass sie jemals wirklich Freundinnen sein konnten, doch ein vorsichtiger Waffenstillstand mit Davina war allemal besser als ein Krieg an sämtlichen Fronten.
    »Tja, ich schätze, ich sollte mich bei dir bedanken«, sagte April. »Du weißt schon … für Chessy und all das.«
    »Das solltest du wohl«, meinte sie lächelnd. »Aber lass gut sein. Sagen wir einfach, wir sind quitt. Ich fühle mich schon mies genug … wegen all der anderen Dinge.«
    »Du fühlst dich mies?«, lachte April.
    Achselzuckend öffnete Davina die Tür.
    »Ist nur so eine Redensart, Süße. Nur so eine Redensart.«

Dreiunddreißigstes Kapitel

    W enn es einen Gott gab, hatte er definitiv die Primrose Hill Bakery erschaffen, fand April. Sie drückte sich die Nase an der Scheibe des Verkaufstresens platt und zeigte auf die Cupcakes mit den sahnig-roten Verzierungen oben drauf, den üppigen Schokoladenkuchen und die köstlichen Macerons, ehe sie grinsend zusah, wie Gabriel ihre Bestellung an die Verkäuferin weitergab. Es fehlte nicht viel und sie hätte in die Hände geklatscht und ein Tänzchen hingelegt.
    »Du hast Zuckerguss an der Nasenspitze«, sagte Gabriel, als sie an den Parktoren vorbei in Richtung des Hügels gingen. April hatte den Kuchen inzwischen verdrückt und machte sich gerade über den Guss des Cupcakes her.
    »Willst du gar nichts davon?«, fragte sie.
    »Du erinnerst dich?«, Gabriel zeigte auf sich. »Vampir. Nicht besonders scharf auf Kuchen.«
    Aprils Lächeln verflog.
    »Hey, tut mir leid«, sagte er und küsste ihr den Cremeguss von der Nasenspitze. »Wir kriegen das schon hin.«
    »Nein, das ist es nicht, es hat mich eher daran erinnert, als wir das letzte Mal hier waren.«
    Sie dachte an Gabriels Gesicht an jenem Morgen, als er den Drachenhauch zu sich genommen hatte und in sein Vampirdasein zurückkatapultiert worden war – dasselbe Gesicht, in das sie vor Kurzem erst in Ravenwood geblickt hatte. Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben.
    »Aber es hat funktioniert, stimmt’s?« Gabriel schlang den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. »Zumindest am Ende. Wir haben gesagt, dass wir wiederkommen, wenn alles vorüber ist.«
    »Ist es das?«, fragte April, während sie den steilen Pfad hinaufgingen. »Ich meine, ist es wirklich vorbei? Glaubst du wirklich, dass meine Mutter es
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