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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: A. J. Kazinski
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springe ich auch.«
    Dann sagte sie etwas, ein einzelnes Wort, das in den Schreien unten vom Bahnsteig unterging. Aber das Wort schien ihr Frieden zu geben, und Hoffnung. Als glaubte sie für einen Moment wieder an das Leben. Dann ließ sie sich nach hinten über die Kante kippen. Niels stürzte vor. Einen Augenblick lang war er drauf und dran, sein Versprechen zu halten und ihr hinterherzuspringen und mit ihr durch die Luft zu schweben, doch stattdessen versuchte seine Hand, sie festzuhalten. Seine Fingerspitzen glitten aber nur noch über die feine Haut ihres Rückens. Wenn du springst, springe ich auch . Er sah nach unten. Registrierte mechanisch das unnatürliche Zucken ihres Körpers, als Rücken und Nacken auf den rostbraunen Schienen aufschlugen. Mehr sah er nicht, denn er lag jetzt am Rand des Turms, und sein Bein rutschte über den Rand. Als er wieder nach unten sah, breitete sich unter ihrem zerschmetterten Hinterkopf das Blut aus. Ihre Beine waren gespreizt, ein Arm lag über ihrem Kopf, der andere seitlich am Körper. Dann hörte er die Schreie, sie kamen vom Bahnsteig und oben von der Brücke. Er hing mit beiden Händen am Rand des Turms. Er sollte loslassen, ihr hinterherspringen. Das hatte er versprochen. »Du musst einfach nur loslassen, Niels«, flüsterte er. Die Bewegung der Bewegungen: Loslassen. Tu es endlich, dachte er, als sich eine kräftige Hand um sein Handgelenk legte.

6.
    Bahnhof Dybbølsbrücke, 23.57 Uhr
    Für einen Augenblick hatte er alle Hoffnung aufgegeben, als der Polizist oben bei ihr stand. Und dann geschah das Wunder: Sie sprang. Er sah sie. Sah sie fallen. Die alte Frau, die neben ihm auf dem Bahnsteig stand, nahm vor Entsetzen seine Hand. Als fiele sie selbst. In der anderen hielt sie ihre schwarze Tasche. Während die Menschen schrien, kam ihm seine Ausrüstung in den Sinn. Seine Sachen in ihrer Wohnung. Aber erst wollte er sie sehen und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Viele weinten, und er versuchte, wie sie auszusehen. Aufgewühlt, schockiert, bestürzt. Sein Körper aber zitterte vor Erleichterung.
    Jetzt war er so dicht bei ihr wie nur eben möglich. Ihre Augen waren offen, sie sahen ihn direkt an, bis ein Arzt vor sie trat. Alle schienen mit einem Mal Zeit zu haben, sogar die Ärzte und Sanitäter. Sie war tot. Ihr Genick war gebrochen, und das Blut versickerte im Schotter unter ihrem Kopf. Trotzdem ging er noch einen Schritt näher, als sich die Gelegenheit bot. Sollte er ein schlechtes Gewissen haben? Er untersuchte seine Gefühle. Schließ lich war sie jetzt an einem besseren Ort, dachte er. Das hatte sie ihm selbst erzählt.
    »Achtung bitte!«
    Polizeibeamte schoben die Schaulustigen zurück. Der Mann, der oben auf dem Turm gewesen war und versuchte hatte, sie vom Springen abzuhalten, lief jetzt zwischen den anderen herum. Er schien sie zu mustern. Einen Augenblick lang sah er dem Mann in die Augen, dann senkte er seinen Blick und ging weg.
    Die Müdigkeit kam mit der Erleichterung. Aber er musste noch ein wenig durchhalten und einen klaren Kopf behalten. Er musste seine Sachen holen, bevor die Polizei herausfand, wer sie war, und in ihre Wohnung kam. Ritalin. Sein Körper schrie danach. Bei ihm wirkte der Stoff am besten intravenös, aber er hatte keine Chance, sich zu spritzen. Stattdessen schluckte er ein paar Pillen. Wie lange hatte er nicht geschlafen? Zwei Tage? Mindestens. Trotzdem spürte er die Müdigkeit nur in seinen Augen. Das Ritalin und möglicherweise auch das Modafilin, das er am frühen Abend genommen hatte, hielten ihn auf den Beinen. Eigentlich setzte man diese Medikamente ein, um Menschen mit Narkolepsie davor zu bewahren, plötzlich einzuschlafen. Und er nahm sie, weil er ganz einfach keine Zeit zum Schlafen hatte. In den letzten Tagen hatte er nur einzelne kurze Nickerchen gemacht, im Auto oder zu Hause auf dem Sofa. Er musste sich beeilen, musste weitermachen, bis er die Antwort kannte. Nur das war von Bedeutung. Die Antwort .

7.
    Bahnhof Dybbølsbrücke, 23.58 Uhr
    Niels war die letzten vier Stufen der Treppe nach unten gesprungen. Jetzt stand er auf dem Bahnsteig. Zuerst beobachtete er diejenigen, die sich vom Ort des Geschehens entfernten. Er nahm an, dass derjenige, der sie in den Tod getrieben hatte, sich beeilen würde. Aber nur Frauen stürmten über die Treppe nach oben – weg vom Bahnhof. Und es konnte keine Frau sein. Das Opfer war splitterfasernackt gewesen. So etwas würde nur ein Mann tun. Ein atemloser Leon nahm Niels’
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