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Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Titel: Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Autoren: Rebecca Michéle
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du deine Fähigkeiten etwas überschätzt?«
Ich straffte die Schultern und warf den Kopf in den Nacken.
»Ich mag zwar hinken, habe aber keinesfalls vor, den ganzen Weg zu Fuß zu laufen, Mrs. Mellyn.« Ich sah, wie sie bei der Anrede zusammenzuckte, was mir eine diebische Freude bereitete. Ich hatte endgültig genug davon, mich von anderen Leuten herumkommandieren zu lassen. »Vielleicht haben Sie schon gehört, dass es eine Erfindung gibt, die man allgemein als Eisenbahn bezeichnet. Genau diese gedenke ich für meine Reise zu benützen!«
Mrs. Mellyn lief vor Zorn rot an.
»Du undankbares Mädchen! Ich habe dich in meinem Haus aufgenommen, dir Arbeit, Essen und ein Dach über dem Kopf gegeben, obwohl deine Herkunft mehr als zweifelhaft war! Ja, ich habe mich dazu herabgelassen, in meinem eleganten Geschäft einen Krüppel zu beschäftigen, obwohl mir das viele Kunden übel genommen hätten, wenn sie davon erfahren hätten. Und das ist nun der Dank!«
Ich wandte mich um und hinkte zur Tür. Immer, wenn ich aufgeregt war, zog ich mein Bein stärker als sonst nach, was mir in diesem Moment deutlich bewusst wurde. »Ja, trage jetzt nur deine Nase hoch, Lucille!«, rief sie mir nach. »Du fühlst dich wohl als reiche Erbin, siehst dich schon die Goldstücke ausgeben. Doch du wirst nichts weiter als eine verfallene Hütte voll mit Kuhdung und Läusen geerbt haben!«
Ich blieb stehen und wandte mich zu ihr um.
»Ich weiß wirklich nicht, warum Sie jetzt so zu mir sprechen. Stets habe ich meine Arbeit sauber und korrekt gemacht. Warum verstehen Sie nicht, dass ich wissen möchte, woher ich komme? Wo meine Wurzeln sind?«
Eigentlich wusste ich ganz genau, warum Mrs. Mellyn nicht wollte, dass ich nach Schottland reiste. Wer würde dann ihre Kreationen besticken? Wer die Hüte mit Früchten und bunten Blumen benähen? Die Bankiersfrau hatte ihr schließlich einen großen Auftrag beschafft, den sie ohne meine Hilfe niemals würde ausführen können. Wenn ich fort war, würde Mrs. Mellyn wohl oder übel eingestehen müssen, dass sie nicht die Schöpferin der Motive war, für die sie sich gut bezahlen ließ.
Hatte ich bis jetzt noch gezweifelt, so stand mein Entschluss nun endgültig fest.
»Ich bitte Sie, mich noch diese Nacht hier schlafen zu lassen, Mrs. Mellyn. Gleich morgen früh werde ich Mr. Kinnley aufsuchen und mit dem nächsten Zug nach Schottland fahren!«

2. KAPITEL
    Während mich der Zug durch das hügelige Land von Yorkshire trug, hatte ich kaum Muße, die Schönheit der vor dem Fenster vorbeirauschenden Landschaft zu betrachten. Seit dem frühen Morgen, als ich in London den Zug bestiegen hatte, war meine Gefühlswelt in ein hoffnungsloses Durcheinander geraten. Was mir vor wenigen Tagen noch als spannendes Abenteuer erschienen war, erwies sich jetzt als haarsträubende Idee. Madam Mellyn gegenüber hatte ich offenbar meinen Mund zu voll genommen und eine Selbstsicherheit gezeigt, über die ich augenscheinlich nicht verfügte. Mein ganzes Leben war ich gewohnt, dass andere Menschen für mich dachten und handelten. Stets war mein Tagesablauf von festen Normen und Regeln geprägt gewesen. Jetzt war ich zum ersten Mal ganz allein auf mich selbst gestellt und reiste in eine ungewisse Zukunft, dazu noch in ein Land, das in den Augen vieler Engländer noch immer rückständig und barbarisch war. Doch mit jeder Meile, die sich die ratternden Räder mit ihrem monotonen Geräusch nach Norden bewegten, wurde mir bewusster, dass es für eine Umkehr zu spät war.
»Wenn sich das Haus als unbewohnbare Ruine entpuppt, dann kehre ich einfach nach London zurück.« Wohl schon ein Dutzend Mal hatte ich mir diesen Satz seit dem Morgen gesagt. Ein schwacher Versuch, mir Mut zuzusprechen, wusste ich doch, dass das Geld, das mir Mr. Kinnley für die Reise ausgehändigt hatte, kaum für eine Rückfahrt reichen würde. Außerdem – was wollte ich in London beginnen, selbst wenn ich zurückkehrte? Madam Mellyn hatte mir unmissverständlich klar gemacht, ich solle es ja nicht wagen, je wieder einen Fuß in ihr Haus zu setzen.
»So viel Undankbarkeit ist mir in meinem ganzen Leben noch nie begegnet«, waren ihre letzten Worte gewesen. »Du meinst wohl, eine reiche Erbin zu sein, wie? Na, du wirst dich schon noch wundern, was dich in Schottland erwartet!«
Der chronische Geldmangel war auch der Grund, warum ich in Edinburgh den Nachtzug nach Inverness nahm. Zwar hätte ich gerne einige Tage in der alten Stadt mit der auf einem Bergkamm
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