Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz
Autoren:
Vom Netzwerk:
Keller geklettert. Und meine Mutter hatte schon oft mit mir geschimpft, weil ich mit der Kohle gespielt hatte und ganz schmutzig war.
    Ich sah mich um, und als ich sicher war, dass niemand in der Nähe war, schlüpfte ich durch das offene Fenster.
    Aber der Raum, in dem ich landete, war alles andere als ein Kohlenkeller. Es sah aus wie ein ganz normales Zimmer, nur hingen an den Wänden überall Masken, Perücken, falsche Bärte und Schnurrbärte. Auch Hüte hingen herum. Einer davon gefiel mir sehr. Er hatte eine lange Feder. Der Hut war schwarz und die Feder war rot.
    Diesen Hut muss ich anprobieren, dachte ich.
    Ich nahm einen Handspiegel und sah hinein. Aber ich sah gar nichts im Spiegel, denn der Hut war so groß, dass er mir über die Augen rutschte. Also legte ich den Hut wieder zur Seite. Und dann sah ich etwas, das mich zornig machte, nämlich meine neuen Schuhe. Oje. Der linke Schuh war noch so blank wie vorher, aber der rechte sah gar nicht mehr neu aus. Er hatte über die ganze Hacke, von oben bis unten oder von unten bis oben, einen langen weißen Kratzer. Das konnte nur passiert sein, als ich durch das Fenster geklettert war. Ich war sehr zornig, dass mir das passiert war. Aber ich wurde noch zorniger, als ich daran dachte, wie böse meine Mutter erst sein würde, wenn sie sah, was mit meinen neuen Schuhen passiert war.
    Ich fand einen alten Strumpf und versuchte damit den Kratzer wegzuwischen. Aber es gelang mir nicht. Es war nicht bloß ein Fleck, es war ein echter, böser Kratzer.
    Und dann wurde ich noch zorniger. Nicht, weil sich der Kratzer nicht wegwischen ließ, sondern weil ich wieder das Lachen hörte.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
     

Ein mal eins ist zwei
     
    Ich schaute mich um, konnte aber niemanden entdecken. Es war nicht hell genug. Alles, was ich sehen konnte, waren Hüte, Bärte und Masken.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
    Die Masken hatten ganz unterschiedliche Gesichter: junge und alte Gesichter, böse und komische. Das Lachen hörte nicht auf und für mich stand fest, dass sie mich auslachten.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!« Die Masken lachten weiter.
    Ich wollte nicht wieder aus dem Fenster rausklettern, um mir nicht auch noch den anderen Schuh zu zerkratzen.
    Jedes Zimmer, das ein Fenster hat, hat bestimmt auch eine Tür, dachte ich mir. Und ich hatte Glück, hinter einem Vorhang fand ich eine und verließ schnell das Zimmer mit den lachenden Masken.
    Leider kam ich in ein Zimmer, das noch dunkler war und in dem außer dem Dunkel nichts war. Doch, es war noch etwas dort und dieses Etwas lachte.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
    Was oder wer lachte jetzt? Ich wartete nicht solange, bis ich eine Antwort fand, sondern verließ so schnell wie möglich das Zimmer.
    Dort, wo ich nun war, war kein Zimmer, sondern ein langer Gang. Links und rechts hingen viele Theaterkostüme an der Wand. Sie nahmen fast den ganzen Platz im Gang ein. Es blieb nur ein schmaler Durchgang frei.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
    Ich hörte wieder etwas lachen und begann zu laufen. Ich lief immer schneller und schneller.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
    Ich sah, dass meine Schultasche geöffnet war, und ich war sicher, dass ich ein paar meiner Schulsachen im Gang verloren hatte, aber ich wollte nicht stehen bleiben oder zurücklaufen.
    »Hi, hi, hi, hi, hi, hi!«
    Das Lachen hörte nicht auf. Ich lief weiter, bis ich zu einer Treppe kam.
    Ich lief die Treppe hinunter und erreichte völlig verschwitzt ein anderes Zimmer, das eigentlich gar kein Zimmer mehr war. Es war so riesengroß, dass dort Platz für eine Wiese, einen Baum und eine Stadt war. Vor mir sah ich einen schweren roten Vorhang. Das Gras der Wiese, auf der ich stand, war ein bisschen merkwürdig. Ich bückte mich, um es zu berühren. Da merkte ich, dass es gemalt war. Über das gemalte Gras ging ich auf die Stadt zu. Vielleicht konnte mir dort jemand helfen und mir sagen, wie ich hinauskommen konnte.
    Aber ich konnte dort niemanden finden, dort lebten keine Menschen, denn die Stadt war auf eine große Leinwand gemalt. Auf dem Weg dorthin fiel mir auf, dass der Baum auf eine Holzplatte gemalt war.
    Der Vorhang war wirklich da, aus echtem, schwerem Samt. Weil ich den Ausgang nicht finden konnte, versuchte ich drunter durch zu schlüpfen. Ich steckte den Kopf unter den Vorhang und erblickte auf der anderen Seite einen riesengroßen Raum mit vielen Stühlen. Das musste der Zuschauerraum sein. Damit war mir alles klar. Ich wusste, wo ich mich befand: auf der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher