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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz
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wir dem echten gelben Stein aufsagten, passierte etwas Unerwartetes. Der gelbe Stein wurde immer größer und größer oder wir wurden immer kleiner und kleiner, das weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall öffnete sich der Stein. Bald war das Loch im Stein so groß, dass wir wirklich hineinspringen konnten.
    Kurz vor dem Sprung hielt ich mir die Nase zu. Sicher ist sicher, dachte ich, denn ich machte das auch immer, wenn ich ins Wasser sprang. Warum also nicht beim Sprung in einen Stein. Ich war so beschäftigt mit dem Nase zuhalten, dass ich in der letzten Zeile des Gedichtes statt »wir springen jetzt bequem« etwas Falsches sagte. Und zwar »bequem in den Stein springen wir bequem.«
    Ich dachte, das würde niemand merken.
    Der Sprung dauerte nicht lange. Bald landeten wir auf einer gelben Wiese. Alles um uns herum war gelb. Als ich das sah, begann ich zu lachen.
    Der Prinz sagte: »Hör auf zu lachen. Wir haben Probleme.«
    »Probleme? Welche Probleme?«
    »Wir haben das Schattenreich gar nicht erreicht.«
    »Wo sind wir dann gelandet?«
    »Im Stein. Statt durch den Stein hindurchzuspringen, sind wir im Stein geblieben.Und du bist schuld daran.«
    »Was habe ich getan?«
    »Du hast die letzte Zeile falsch aufgesagt. Und das war der Fehler. Der Stein hat sich nicht ganz geöffnet. Und jetzt sitze ich mit einem Dummkopf in einem Stein fest. Alles ist deine Schuld.«
    »Anstatt zu streiten, wäre es vielleicht klüger, das Zaubergedicht noch einmal aufzusagen, diesmal richtig, und dann springen wir raus aus dem Stein.«
    »So einfach, wie du denkst, ist das nicht. Das Zaubergedicht hilft nur durch den Stein durchzuspringen, aber nicht aus dem Stein herauszuspringen.«
    »Dann suchen wir eben eine andere Lösung.«
    »Leider ist das nicht unser einziges Problem. Wer lange in einem Stein bleibt, wird selbst zu Stein.«
    »Dann aber schnell«, sagte ich und begann zu laufen, denn ich hatte am Ende der gelben Wiese eine Straße entdeckt. Der Prinz folgte mir.
    Die Straße war gelb und breit. Ich wollte nach links gehen. Der Prinz dachte, es wäre richtig, die Straße nach rechts zu gehen.
    Und weil ich dachte, dass es richtig wäre, nach links zu gehen, ging ich nach links. Und der Prinz ging nach rechts.
    Nach einer Weile musste ich langsamer laufen, denn ich spürte, dass meine Beine schon anfingen zu Stein zu werden.
    Ich weiß nicht, wie lange ich schon durch dieses Gelb gelaufen war, als ich eine Kreuzung erblickte. Aber das war noch nicht alles. Ich sah, dass von der anderen Seite der Kreuzung jemand in meine Richtung kam.
    Sehr gut, dachte ich. Den kann ich fragen, wie man aus dem Stein raus kommt.
    Ich begann ihm entgegenzulaufen. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, begann der andere in meine Richtung zu laufen.
    Der Unbekannte und ich trafen gleichzeitig an der Kreuzung ein. Aber es war gar kein Unbekannter. Ich war sehr überrascht, als ich sah, dass ich dem Prinzen gegenüberstand, Er auch. Wir standen uns eine kleine Weile gegenüber, ehe wir uns lachend in die Arme fielen. Und wir lachten, lachten, lachten, lachten ...
    Wir hörten erst auf, als wir andere Stimmen hörten.
     

Die Verrückten
     
    Ich wusste nicht, woher die Stimmen kamen, aber ich konnte sie gut hören.
     
    »Steine weinen nicht. Stein weint, Stein weint.
    Nicht durch das Fenster.
    Nicht durch die Tür.
    Ha, ha, ha, ha.
    Vor dem Tor, vor dem Tor, du stehst davor.
    Sei bereit. Sei bereit.
    Durch das Nichts und die Dunkelheit.
    Ha, ha, ha, ha.
    Die große Macht,
    hat so gedacht, hat so gedacht,
    und sich dies alles ausgedacht.«
     
    Einen Teil des Liedes sagte eine kräftige Stimme, den anderen Teil eine dünnere Stimme.
    Ich schaute mich um und entdeckte auf einem gelben Felsen einen gelben Mann aus Stein. Auf seiner Schulter hockte ein ganz kleiner Mann aus Stein.
    Der Mann aus Stein sah mich mit seinen Steinaugen an. Alles, was er bewegen konnte, waren seine Lippen. Er wiederholte, was er vorhin gesagt hatte:
     
    »Steine weinen nicht. Stein weint, Stein weint.
    Ha, ha, ha, ha ...«
     
    Als er fertig war, öffnete der Zwerg aus Stein seinen Mund und wiederholte:
     
    Die große Macht,
    hat so gedacht, hat so gedacht,
    und sich dies alles ausgedacht.«
     
    »Guten Tag, guten Tag«, sagte ich zu den beiden, »Könnt ihr uns helfen den Weg ins Schattenreich zu finden?«
    Aber sie wiederholten nur ihre für mich unverständliche Rede. Ich fragte sie noch zwei- oder dreimal. Jedes Mal bekam ich die gleiche Antwort.
    »Die zwei sind
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