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Der Schädelschrank

Der Schädelschrank

Titel: Der Schädelschrank
Autoren: Jason Dark
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nahm einen grünlichen Schein an, und ich konnte mir vorstellen, dass jeden Augenblick wieder der Schädel erschien.
    Das war es doch.
    Ich ging nach vorn, um es zu beenden. Doch es kam anders, als ich es mir vorgestellt hatte. In meinem Kopf entstand ein gewaltiges Brausen. Ein Gewitter aus Stimmen schien sich darin zu vereinigen. Ich verlor die Übersicht und hatte das Gefühl, inmitten einer fremden Dimension zu stehen. Man störte mich. Man wollte mich nicht an die Gestalt lassen.
    Wieder breitete sich die Kälte in meiner Nähe aus, und dann kristallisierten sich aus dem Wirrwarr der Stimmen zwei, drei hervor, die aber wie eine klangen. »Er gehört uns. Er gehört uns...«
    Die Worte waren so exakt gesprochen, dass ich mich zunächst darüber wunderte. Sekunden später nicht mehr, denn jetzt erkannte ich den Grund. Um uns herum hatte sich ein dichter Nebelring aufgebaut. So hatte es zumindest den Anschein.
    Nur war es kein Nebel, denn Nebel kann wohl kaum sprechen. Aus ihm hervor drangen die zahlreichen Stimmen, die für mich wie eine klangen, weil sie einen Chor bildeten. »Wir holen ihn uns... wir rächen uns... er gehört uns...«
    Immer wieder hörte ich diese Sätze. Bevor ich noch richtig über sie nachdenken konnte, passierte etwas anderes.
    Aus dem Nebelkreis lösten sich die kopflosen Geister, beobachtet von den grünen Schädeln, und sie gingen auf die Doppelgestalt zu...
    Die Zeit der Rache war gekommen!
    Es hatte lange gedauert, viele Jahre waren ins Land gegangen. Und erst ich hatte kommen müssen, um diese Rache zu ermöglichen, denn das Vorhandensein meines Kreuzes hatte die Gestalt aus Henker und Inquisitor wehrlos gemacht.
    Ich überlegte, wie ich mich verhalten sollte. War es besser, diesen Höllenfreund selbst zu vernichten oder ihn den rächenden Geistern zu überlassen?
    Sie hatten das größere Recht. Durch das Schwert des Henkers waren sie getötet worden und hatten keine Erlösung finden können. Danach sehnten sie sich.
    Ich versuchte nicht, Kontakt mit den Geistern aufzunehmen, meine Geste reichte aus, um sie zu überzeugen. Die Hand mit dem Kreuz sank nach unten.
    Aber die Doppelgestalt tat nichts. Sie blieb auf der Stelle stehen. Nur das Gesicht erhielt einen dichten grünen Schimmer, und darin malten sich die fremden Züge ab.
    Das musste der Henker sein...
    Obwohl das Gesicht nicht genau zu erkennen war, merkte ich doch, dass von ihm etwas Böses abstrahlte. Da waren die Augen, da gab es die raue Haut, der grausame Blick kam ebenfalls hinzu, aber das alles verging, als eine Stimme anfing zu kreischen. Sie musste wohl dem Inquisitor gehören, der es kaum fassen konnte, was mit ihm geschehen sollte.
    »Rache...« Zuerst waren es nur wenige Stimmen, die das Wort aussprachen, aber es kamen immer mehr hinzu. »Rache... Rache... Rache...«
    So erklang es in einem bestimmten Rhythmus weiter, und die kopflosen Geister schoben sich immer näher und zogen die Schlinge zu. Wenn ihr Feind über einen Fluchtversuch nachdachte, zeigte er es jedenfalls nicht. Er blieb stehen, wobei seine Gestalt ständig wechselte. Es war dem Inquisitor und dem Henker nicht mehr möglich, dass sie sich trennten. Auch das konnte an der Wirkung meines Kreuzes liegen.
    Die Geister waren auch für mich zu spüren. Die Kälte auf meiner Haut nahm zu, aber sie fühlte sich nicht an wie Eis. Ich kannte diese Totenkälte, die mich erfasst hielt.
    Hier kamen zwei Welten zusammen. Einmal die sichtbare, zum anderen die unsichtbare.
    »Rache... Rache... Rache...« Der Singsang ebbte nicht ab.
    Durch mich hindurch huschten die Geister. Es waren zu viele, um sie noch auseinander zu halten. Kein Geist besaß einen Kopf. Da waren nur die wehenden Körper zu sehen und jetzt auch die langen, bleichen Finger, die nach dem unbeweglichen Ziel griffen, das den Mittelpunkt bildete.
    Sie waren bei ihm.
    Sie griffen zu!
    Ich hörte die Schreie.
    Nicht die Rachegestalten stießen sie aus. Es war der Henker. Es war der Inquisitor, über den sie herfielen und sogar in ihn eindrangen. Die schrillen Schreie hallten in meinen Ohren wider. Ich sah das Zucken, das Schlagen, das wilde Aufbäumen. Innerhalb der Geistergestalten tanzten die verschiedenen Gesichter des Henkers und des Inquisitors. Aber keiner von beiden schaffte es noch, sich zu wehren. Die andere Seite, durch mein Kreuz auch gestärkt, konnte sich endlich rächen.
    Was geschah mit der Doppelgestalt, die so lange von der Hölle beschützt worden war?
    Ob sie nach dem Teufel schrie,
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