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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)
Autoren: Susan Squires
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Schmerz zusammenzuckte. Er war in der Hay Hill Street überfallen worden, aber seine Angreifer hatten ihm die Wunde in der Schulter nicht beigebracht, sondern sie hatte sich während des Kampfes wieder geöffnet, vermutete sie. Und Straßenräuber? Nicht sehr wahrscheinlich. Ah, vielleicht war es dem verruchtesten Mann Londons peinlich, von einfachen Straßenräubern angegriffen worden zu sein, und er wollte, dass seine Zuhörer andere Geschichten ersannen, die seinem Ruf gerechter wurden. Was für eine verschlagene Art, das zu erreichen! Wenn er sie schockieren wollte, warum erzählte er ihnen dann nicht von der blutenden Wunde an seiner Schulter und durch welches Abenteuer es dazu gekommen war? Beatrix’ Sinne waren durch den Geruch geschärft. Herrgott, aber unter diesen Umständen würde sie heute Abend schon wieder ihren Hunger sättigen müssen!
    Fast ohne dass sie es wollte, erhob sie sich und nahm Symington die Flasche Brandy ab. Der Kreis der jungen Männer teilte sich vor ihr, unbewusst, wie die Menschen es immer taten. Dann stand sie vor Langley. Er schaute zu ihr hoch. Die grünen Augen wirkten erschöpft. Für einen Mann seines Alters hatten sie viel gesehen und waren davon angewidert. Wie alt war er? Noch keine vierzig, schätzte sie. Sie bedeutete ihm mit der Flasche, ihr sein Glas zu reichen, und er hielt es ihr hin. Sie schenkte ihm nach, aber ihr Blick kehrte zu seinem Gesicht zurück. Er besaß Entschlossenheit. Er glaubte, unerbittlich zu sein. Dummer Mann! Unerbittlich war das Voranschreiten der Zeit, die Einsamkeit, die endlose Wiederholung von kleinen und großen Versäumnissen der Menschen, in der Welt, bei ihr selbst. John Staunton, Earl of Langley, war nicht unerbittlich.
    Er war … Ja, was war er?
    Alles, was Beatrix wusste, war, dass Langley nicht das war, was er zu sein schien.
    John schaute zu Gräfin Lente hoch, als sie ihm einen weiteren Brandy einschenkte. Sie war auf eine Art verwirrend, die absolut unenglisch war. Ihre Haut war fast transparent, wie die Blütenblätter einer Blume, die nur bei Nacht blühte. Ihr Haar war üppig und von einem dunklen Kastanienbraun. Es erinnerte ihn an Felder, die des Nachts brannten. Ihre Gesichtszüge schienen von vergangenen Epochen zu erzählen. Ihre Nase war gerade und nur eine Winzigkeit davon entfernt, markant genannt werden zu müssen. Ihr Mund wirkte großzügig. Die hohen Wangenknochen gaben ihrem Gesicht eine innere Kraft. Er wäre nicht überrascht gewesen, sie in einer römischen Toga oder in einem Kettenhemd zu sehen. Aber vor allem waren es ihre Augen, die ihn fesselten. Er hatte immer eine Schwäche für kornblumenblaue Augen gehabt. Sowohl Cecily als auch Angela hatten blaue Augen gehabt. Braune Augen hatten immer etwas Langweiliges für ihn gehabt, bis jetzt. Lady Lentes Augen waren so dunkel, dass man sie auf die Entfernung für schwarz halten konnte, doch aus der Nähe waren sie bodenlose Seen voller Ausdruck. Ihre Augen sagten, dass diese Frau Geheimnisse kannte, für die Männer töten würden, damit sie sie ihnen verriet.
    Einige dieser Männer umstanden ihn. Sie traten zurück, als sie näher kam, wie Eisenspäne, die von der falschen Seite des Magneten abgestoßen wurden. In der Minute, in der er in dieses Zimmer gekommen war, hatte er ein Summen von Leben gespürt. Jetzt schien es ihm, als gehe es von ihr aus. Man würde immer wissen, wo sie war, einfach weil ihre Präsenz so machtvoll war. Ein unglaublich exquisiter Duft bedrohte seine Sinne – würzig-süß.
    Ihr gewagtes Kleid aus erdbeerroter Seide enthüllte eine üppige Figur. Zurzeit waren Pastelltöne in Mode, aber Mode schien unwichtig für eine Frau wie die Gräfin. Gräfin von was?, fragte er sich, während er den Brandy hinunterstürzte. Man erzählte sich, sie komme aus Amsterdam, aber sie sah nicht holländisch aus. Ihr Akzent schien von mehreren Sprachen überdeckt zu sein. Und wo war der Graf? Tot? Hatte es überhaupt jemals einen Grafen gegeben? Eine Frau wie diese konnte ihn ebenso gut ersonnen haben, um sich den Anschein von Respektabilität zu geben und sich die Möglichkeit zu schaffen, sich unabhängig in der Welt zu bewegen.
    Die Gerüchte besagten, sie sei die faszinierendste Frau Europas. Das allerdings glaubte er nicht unbedingt. Doch er sah in ihren Augen mehr als die habgierige, selbstsüchtige Kurtisane. Er sah, dass sie fast die Hoffnung verloren hatte. Da gab es keine … Erwartungen mehr in ihr. Es war ein seltsames Gefühl, in Augen wie
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