Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Würfel

Der rote Würfel

Titel: Der rote Würfel
Autoren: Christopher Pike
Vom Netzwerk:
ein Problem. Den Willen eines anderen zu manipulieren – so etwas klappt entweder gut oder gar nicht. Seine Kollegen beobachten ihn und trauen sich nicht recht, mir in die Augen zu sehen. Der jüngste erhebt sich halb von der Bank. Ihn hat plötzlich der Schrecken gepackt, und er bedroht mich mit der Waffe.
»Halt dein verdammtes Maul!« brüllt er mich an.
Ich lasse mich zurücksinken und kichere. Währenddessen fasse ich ihn ins Visier. Seine Furcht hat ihn verletzlich gemacht; er ist leichte Beute. »Wovor haben Sie denn Angst?« frage ich. »Daß Ihr Vorgesetzter mich freiläßt? Oder daß Sie sich ihm zuwenden und ihn erschießen?« Ich bohre ihm meinen Blick förmlich in den Kopf hinein. »Tja, Sie könnten ihn erschießen. Ja, ja, das wäre schon ziemlich spaßig.«
»Alisa!« mahnt mich Joel leise, dem mein Spielchen nicht besonders zusagt.
Der junge Mann und der Kommandant tauschen besorgte Blicke. Der dritte Kerl hat sich aufgerichtet und atmet schwer; er kriegt gar nicht so recht mit, was hier geschieht. Aus den Augenwinkeln heraus sehe ich, wie Joel den Kopf schüttelt. Er soll mich ruhig auch mal von meiner schlechten Seite kennenlernen, finde ich. Ist die beste Art, unsere neue Beziehung zu beginnen: ohne Illusionen. Mein Blick rast vom Kommandanten zum Jungen. Die Temperatur in ihrem Gehirn steigt an. Langsam, langsam richten sich die Waffen auf die Brust des jeweils anderen. Ich muß aber noch ein gutes Stück arbeiten, wenn sie mich freilassen oder sich gegenseitig umbringen sollen. Dabei ist das gar nicht notwendig. Ich kann es auch auf meine Art machen. Echt: Ich will sie bloß ein bißchen durcheinanderbringen…
Bevor ich sie auseinandernehme.
Weil sie ihre Waffen nicht mehr auf mich richten, sind sie angreifbar geworden. Urplötzlich ziehe ich die Beine hoch und zerbreche die Fußketten. Der dritte Mann, der, den ich in Ruhe gelassen habe, reagiert schnell. Schnell nach menschlichen Maßstäben. Im Vergleich zu einem fünftausend Jahre alten Vampir reagiert er wie in Zeitlupe. Als er nach dem Abzug seiner Waffe greift, schlage ich mit dem rechten Fuß aus und zerquetsche ihm die schußsichere Weste, das Brustbein und das Herz, das darunter geschlagen hat. Jetzt schlägt es nicht mehr. Der Mann krümmt sich qualvoll und bricht tot zusammen.
»Hätte mir doch lieber ein Zigarettchen geben sollen«, sage ich zum Kommandanten, während ich meine Handschellen zersprenge und seinen Kopf packe. Er verdreht die Augen, bewegt die Lippen. Er will mir irgend etwas sagen, sich vielleicht sogar entschuldigen. Ich bin aber gerade nicht in Stimmung dafür. Ich habe ihm den Schädel gebrochen, bevor er noch recht weiß, wie ihm geschieht.
Dann schaue ich zu dem jüngeren hinüber.
Jetzt hat er noch mehr Angst als vorhin.
Ich starre ihn einfach an. Seine Waffe hat er vergessen.
»Stirb!« flüstere ich bestimmt. Wenn ich schon einmal durchdrehe, dann ist mein Wille wie Gift, und jetzt, mit Yakshas Blut in den Adern, ist das Gift noch tödlicher als das einer Kobra. Der junge Mann fällt zu Boden.
Sein Atem erstirbt.
Joel sieht aus, als müsse er sich gleich übergeben.
»Töte mich!« beschwört er. »Das hier halte ich nicht aus.«
»Ich bin, was ich bin.« Ich breche seine Ketten auf. »Du wirst werden, was ich bin.«
Verbittert gibt er zurück: »Niemals.«
Ich nicke. »Das gleiche habe ich Yaksha auch einmal gesagt.«
Meine Stimme wird weicher, und ich nehme ihn in den Arm. »Ich kann nicht zulassen, daß sie dich oder mich hinter Gitter bringen. Vielleicht laufen hier dann bald tausend Eddies herum.«
»Sie wollen doch bloß mit uns reden«, meint er.
Ich schüttele den Kopf und schaue zu den Männern vorn im Wagen. Bis jetzt haben sie noch nicht bemerkt, was mit ihren Kameraden geschehen ist. »Sie wissen, daß wir keine normalen Menschen sind«, flüstere ich.
»Ohne mich kannst du viel leichter entkommen«, bittet mich Joel. »Dann müssen nicht so viele Menschen sterben. Laß mich zurück. Laß sie mich töten. Es macht mir nichts aus.«
»Du bist ein tapferer Mann, Joel Drake.«
Er verzieht das Gesicht, als er sich anschaut, was ich mit den anderen angestellt habe. »Ich habe mein Leben damit verbracht, anderen zu helfen. Nicht, sie zu vernichten.«
Sanft blicke ich ihm in die Augen. »Ich kann dich nicht einfach sterben lassen. Du weißt ja nicht, was ich geopfert habe, um dich am Leben zu lassen.«
Er hält inne. »Was hast du denn geopfert?«
Ich seufze. »Die Liebe Gottes.« Ich wende mich den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher