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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod
Autoren: Pat N. Elrod
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mich in den Schatten einer kleinen Obstplantage, sprang über einen Zaun und lief über eine Schafweide. Während ich dort entlangtrabte, lachte ich laut bei dem Gedanken, was Jericho über den Missbrauch meiner Reitstiefel zu sagen haben würde.
    Ich lachte immer noch, als ich die Kuppe einer Anhöhe erreichte und anhielt, um zurückzublicken und mich zu vergewissern, wo meine Verfolger sich befanden. Das zu tun war wahrhaft töricht, denn ich hatte ihre Geschwindigkeit unterschätzt und meine eigene überschätzt. In diesem Augenblick zwischen meinem Innehalten und meinem Umdrehen fand einer ihrer scharfäugigen Schützen Zeit, um sein Gewehr zu erheben und zu benutzen.
    Es war ein gekonnter Schuss – das, oder er hatte ungewöhnliches Glück gehabt. Ich spürte den verheerenden Einschlag, und wie es an jenem Morgen am Kessel gewesen war, verlangsamte sich die Zeit, und der gesamte Lauf der Welt war unterbrochen in meiner Illusion, dass alles zum Stillstand käme.
    Über mir strömten die strahlenden Sterne und trudelten wie Wasser in einem hellen Strahl, wirbelten in funkelnden Wasserstrudeln und spritzten in selbst gemachte Quellen aus Licht. Unter mir drehte sich das Land und tauschte den Platz mit ihnen, und an dieser Bewegung konnte ich erkennen, dass ich hinfiel, hilflos zur anderen Seite der Anhöhe taumelnd.
    Mein Rücken brannte wie Feuer ... nein, meine Brust... mein ganzer Körper. Die Musketenkugel... o lieber Gott, nicht schon wieder.
    Als ich aufschrie, erstarb meine Stimme, ich fand keine Luft zum Atmen, sie war durch das abscheuliche Gewicht des Schmerzes aus mir herausgepresst worden. Er umschloss mich, schwerer und schrecklicher als das Grab.
    Und dann wurden die Geräusche der Nacht, die Soldaten, das Brausen des Meeres, und der unaussprechliche Schmerz selber ganz plötzlich schwächer, als lösche man das Licht einer Lampe. In einer Sekunde war ich noch in der Lage, alles zu sehen, in der nächsten war alles verschwunden, untergegangen in dickem, grauem Nebel.
    Die Veränderung war so umwälzend und ging so schnell vor sich, dass ich mir zuerst nicht darüber im Klaren war, was hier passierte. Ich befand mich lange Zeit jenseits jeden Gedankens. Ich schien wie eine Feder im Wind zu schweben. Nein, keine Feder. Die feinste Daune war immer noch zu schwer für mich. Ich war wie Rauch, der aufstieg und unbekümmert über das Land trieb, zu schwach, um auch nur über einen Schatten zu verfügen, der meinen Flug anzeigte.
    Ich schwebte, ich fiel. Ich wurde wieder von jener Macht erfasst, die mich ergriffen und dafür gesorgt hatte, dass ich aus meinem Sarg emporsteigen konnte. Instinkt und Erinnerung teilten mir dies mit . Mein Verstand schlief tief und fest. Hiermit verglichen, war der Verstand selbst eine Absurdität. Der Instinkt sagte mir, dass ich ruhig bleiben und das, was passierte, nicht bekämpfen solle, und ich hörte auf ihn. Ich befand mich jenseits von Erklärungen, jenseits von Furcht. Ich fühlte mich sicher, wie ein ermüdeter Schwimmer, der schließlich aufhört, das Wasser zu bekämpfen, und sich seiner Umarmung ergibt, nur um seinen eigenen Auftrieb zu entdecken.
    Nachdem vermutlich eine lange Zeit vergangen war, begann mein Verstand wieder zu arbeiten, stellte Fragen und suchte nach Antworten. Ich sah nichts außer Nebel, aber fühlte keinen Beweis für seine feuchte Präsenz. Wenn ich überhaupt irgend etwas fühlte, waren dies in jedem Falle Empfindungen, die von außerhalb meines Körpers herrührten: der Sog des Windes, der raue KUSS des Grases unter mir. Von meinem eigenen Körper spürte ich nichts. Ich wusste, dass ich noch einen besaß, aber ich hatte die Erinnerung an seine Form vergessen, wenn nicht sogar das Wissen um ihn. Keine Arme oder Beine, kein Kopf, der meine Gedanken enthielt, kein Mund, um ihnen Ausdruck zu verleihen. Ich konnte Geräusche hören, aber nur ganz vage, als seien meine Ohren – falls ich welche hatte – in eine weiche Decke eingehüllt.
    Vielleicht hatte die Musketenkugel mich erledigt, und der Nebel, in dem ich trieb, gehörte zu dem Vorgang des Sterbens. Vielleicht...
    Dann kam mir der Gedanke, wie völlig und zutiefst lächerlich dies alles war. Natürlich starb ich nicht. Ich hatte wieder einen dieser verdammten Träume, oder etwas, das ihnen sehr ähnelte.
    Ich schüttelte mich innerlich selbst, halb in meinem Geist und halb in dem Körper, von dem ich wusste, dass er existieren musste.
    Und dann saß ich auf dem nackten Boden, als sei ich
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