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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman
Autoren: Heyne
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Unglückszahl sein, dachte ich, aber nicht für mich.
    Der Riegel ließ sich mühelos zurückschieben, dann zog ich den Arm vorsichtig zurück, denn ich wollte mich
nicht schneiden. Schließlich stopfte ich den Lappen wieder in das Loch.
    Ich öffnete die Tür. Alles blieb ruhig.
    Wäre das Zimmer noch dunkler gewesen, hätte ich nicht die Hand vor Augen sehen können. Aber das Fenster und die geöffnete Tür ließen etwas Licht hinein. Leider nicht genug, um zu zeigen, ob jemand auf dem Bett lag.
    Ich betete, dass dies nicht der Fall war.
    Ich schlich weiter und tastete vorsichtig das Bett ab.
    Vermutlich hätte ich entsetzt aufgeschrien, hätte ich einen Körper ertastet.
    Aber die Bettdecke war ganz glatt.
    Am anderen Ende des Bettes stand ein Tisch. Direkt daneben ein Stuhl. Neben der Tür gab es noch einen kleinen Tisch.
    Alles in diesem Zimmer stand eng beisammen. Es handelte sich um den kleinsten Raum, den ich je zu Gesicht bekommen hatte, und ich bedauerte die Person, die in so beengten Verhältnissen wohnen musste. Es war kaum genug Platz für das Bett. Es stand in die Ecke gedrückt, und man konnte die Tür nicht öffnen, ohne gegen den Tisch an dessen Fußende zu stoßen.
    Ich fühlte mich wie jemand, der in das Elend eines anderen eindringt.
    Aber wenigstens war ich aus dem Regen. Das Zimmer war zwar auch nicht gerade warm, aber es war noch immer angenehmer als draußen.
    Ich schloss die Tür. Ich wollte gerade den Riegel vorschieben, um sicherzugehen, dass ich nicht überraschend Besuch bekam, als mir bewusst wurde, dass es keinen anderen Ausgang gab. Das gab mir zu denken. Was machte
die Bewohnerin, langte sie jedes Mal durch das zerbrochene Fenster, wenn sie herein wollte?
    Es konnte nur eine Sie sein, da war ich mir ziemlich sicher, ohne eigentlich zu wissen, warum.
    Dann dämmerte es mir. Neben dem Aschengeruch aus dem erloschenen Kamin und Düften wie Schweiß und Bier und anderen Ausdünstungen, die ich nicht genau benennen konnte, roch es hier nach Parfüm, das so süßlich war, dass mir beinahe davon schlecht wurde.
    Es roch genau wie das Parfüm von Sue.
    Ich schob schnell den Riegel vor.
    Und fragte mich, wo ich mich verstecken konnte, falls jemand auftauchte.
    Es blieb nur das Bett.
    Ich ging in die Hocke und sah nach, ob darunter genug Platz für einen Burschen meiner Größe war. Das schien der Fall zu sein, und ich fühlte mich sofort weniger eingesperrt. Also fing ich an, mich in dem Zimmer umzusehen.
    Auf dem Tisch am Kopfende des Bettes standen zwei Flaschen. Ich entkorkte die eine und schnupperte. Der Gestank des süßlichen Parfüms machte mich schwummrig. Dann nahm ich die andere Flasche, die viel größer war. Diese roch nach Rum.
    Nun, Rum konnte einen sinnlos betrunken machen wie Barnes, aber manchmal hatte Mutter mir einen Tropfen davon zu medizinischen Zwecken verabreicht. Da ich vor Kälte und Feuchtigkeit zitterte, brauchte ich dringend eine solche Medizin.
    Schnell trank ich einen Schluck. Die Flüssigkeit verbrannte mir auf dem Weg nach unten die Kehle und entzündete in meinem Bauch ein hübsches Feuer. Sie verjagte
die Kälte so schnell, dass ich noch mehr trank. Und dann noch ein wenig.
    Danach ging es mir besser, und was ich als Nächstes entdeckte, sagte mir fast noch mehr zu als der Rum.
    Auf dem Stuhl lag ein ganzer Haufen Kleider. Ich hob die Stücke nacheinander hoch und hielt sie vor das spärliche Licht, das durchs Fenster drang, um sie besser erkennen zu können. Es waren zwei große, streng riechende Hemden, ein kleineres Hemd, das aussah, als würde es einem Jungen gehören, ein Mantel, ein Damenhut und ein Unterrock.
    Konnte jemand mehr Glück haben als ich?
    Ich legte alles bis auf den Mantel und eines der großen Hemden zurück auf den Stuhl. Und machte beinahe einen Satz, als in unmittelbarer Nähe eine Frau lachte.
    »Du hast es aber eilig!«, stieß sie hervor.
    Mein Herz setzte aus, als ich sah, wie der Lappen aus dem Fensterloch gezogen wurde.
    So schnell ich nur konnte, warf ich Mantel und Hemd auf den Stuhl. Als der Riegel zurückgeschoben wurde, kroch ich bäuchlings unters Bett. Die Tür ging auf und ließ einen kalten Luftzug und den Geruch von Regen hinein. Dann schlug sie zu. Der Riegel wurde vorgeschoben.
    »Ah, Mary, Mary, Mary«, sagte eine Männerstimme.
    »Jetzt lass mich mal einen Moment los«, sagte Mary. »Du willst doch bestimmt, dass ich den Mantel ausziehe.«
    »Du solltest noch viel mehr ausziehen.«
    Sie lachte.
    Ein Kleidungsstück
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