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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewusst, wo ich bin?«, flüsterte sie.
    »Schon von dem Moment an, in dem die Fischer dich aus dem Meer gezogen haben«, gestand Harun.
    Wieso schwieg Salim noch immer?, dachte sie. Wieso sagte er nichts?
    »Aber du…«
    »Nicht einmal ich kann zaubern oder die Zeit zurückdrehen«, unterbrach Harun sie. »Masyaf ist weit von Hama entfernt. Ich bin sofort aufgebrochen, als ich erfahren habe, was geschehen ist, aber Omar Khalid war schneller.« Er hob die Schultern. »Vielleicht ist es gut so, wie es gekommen ist. Allahs Wege sind verschlungen.«
    »Aber… aber du…»
    »Aber nun«, sagte wiederum Harun, »ist es, glaube ich, an der Zeit, meiner eigenen Ermahnung zu folgen und euch allein zu lassen. Vielleicht findest du ja deine Sprache wieder und kannst mehr sagen als aber du, wenn ihr allein seid.« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde dich jetzt jenem Tunichtgut von einem Sohn überlassen, der dich aus rätselhaften Gründen das Kämpfen gelehrt hat wie einen Mann. Kein Wunder, dass ich als dein Tanzlehrer bei dem Versuch, aus dir wieder eine Dame zu machen, nur versagen konnte. Soll er doch sehen, wie er mit einem solchen Mannweib zurecht kommt, nachdem er seit Wochen Heiden wie Moslems im ganzen Land aufgescheucht hat, nur um es wiederzusehen.«
    Er wartete noch einen Moment lang vergebens auf eine Antwort, dann zuckte er mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck die Schultern und ging. Robin nahm es kaum wahr. Erst als die Tür mit einem dumpfen Laut ins Schloss fiel, erwachte sie ganz allmählich aus ihrer Erstarrung. Und plötzlich geschah etwas Seltsames. Mit einem Mal war ihr klar, wo sie war. Wer sie war. Zum allerersten Mal im Leben stand sie Salim ganz augenscheinlich als Frau gegenüber, eingehüllt in die prachtvollsten Kleider, die sie sich nur vorstellen konnte. Doch plötzlich war ihr die Situation, der Moment, den sie wie nichts anderes herbeigesehnt und für den sie ihr Leben gegeben hätte, fast peinlich.
    Auch Salim wirkte irgendwie beklommen, beinahe schüchtern. Er starrte sie an wie eine Fremde.
    »Du hättest mir ein Zeichen schicken können«, sagte sie.
    Salim schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe es versucht«, antwortete er.
    Allein der Klang seiner Stimme, so vertraut und doch so unendlich lang vermisst, ließ sie erschauern. Sie standen sich zwei Schritte gegenüber und doch hatte weder sie noch er die Kraft, diese Distanz zu überwinden. Vielleicht, weil sie Robin plötzlich wie etwas Heiliges vorkam, etwas unendlich Kostbares, genau wie der ganze Augenblick, der nie wiederkommen würde.
    »Ich habe überall an der Küste nach dir gesucht«, sagte er. »Aber alles, was ich gefunden habe, war ein verlassenes und offenbar ausgeraubtes Dorf, in dem der zerrissene Waffenrock eines Templers lag.«
    »Aber Harun…«
    »Hat mich zu sich bringen lassen«, unterbrach sie Salim. Er sprach leise, flüsterte fast, und im Tonfall einer Verteidigung. Wieder schüttelte er bedauernd den Kopf und plötzlich schien er nicht mehr die Kraft zu haben, Robins Blick Stand zu halten.
    »Er wusste offensichtlich, wer du warst und wo du warst«, fuhr er nach einer Weile leise fort. »Glaub mir, ich wäre sofort nach Hama geeilt, um dich zu befreien, aber mein Vater hat es nicht zugelassen.« Als Robin auch darauf nicht antwortete, hob er die Schultern. »Er hatte wohl Angst vor einer Falle, da er nicht wollte, dass die Verbindung zwischen den Templern und den Assassinen bekannt wird. Deshalb hat er seine alte Verkleidung als Tanzlehrer wieder angenommen, um dir in Omar Khalids Haus nahe zu sein. Den Rest der Geschichte kennst du ja. Aber er hat die Wahrheit gesagt: Du warst keinen Moment in Gefahr. Seit du Omars Haus betreten hast, standest du unter dem Schutz meines Vaters und aller seiner Krieger.«
    »Davon habe ich aber nicht viel bemerkt«, bekannte Robin ärgerlich. »Schließlich hätte ich spätestens bei meiner Flucht und diesem Sklavenaufstand ein bisschen Hilfe gebrauchen können.«
    »Aber die hattest du doch«, sagte Salim verwundert. »Oder meinst du etwa, du wärst mit all den Sklaven sonst auch nur unbemerkt auf den Hof hinausgelangt? Fast wäre dabei sogar die Tarnung deines treusten Leibwächters aufgeflogen.«
    »Mein treuster Leibwächter?«, fragte Robin verwundert. »Meinst du etwa deinen Vater?«
    Salim schüttelte halb bejahend und halb verneinend den Kopf.
    »Den auch. Aber in diesem speziellen Fall meine ich den Mann, der mit einem Wurfstern den Bluthund tötete, der dich
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